Porsche-Produktion in Leipzig Letzter Feinschliff am neuen Panamera

In dieser Woche liefert Porsche die zweite Generation des Modells Panamera an seine Händler aus. In der Fabrik in Leipzig wird die Produktion immer weiter hochgefahren. Ein Werksbesuch.

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Die ersten Panamera-Modelle der zweiten Generation haben das Werk in Leipzig verlassen. Quelle: Photo: Porsche AG / Marco Prosch

Leipzig Stephan Wacker tritt noch einmal kräftig auf das Gaspedal. Blitzschnell beschleunigt das Gefährt auf mehr als 100 Stundenkilometer. Auf der Teststrecke am Stadtrand von Leipzig prüft Wacker das Kurvenverhalten des Autos: Spricht die Lenkung sofort an? Zeigt der Wagen irgendwelche Auffälligkeiten? Zum Glück ist alles in Ordnung. Auch zuvor auf der Rüttelstrecke hat nichts geklappert, das Auto kann an den Kunden ausgeliefert werden.

Wacker ist Testfahrer im Leipziger Porsche-Werk. Dort, wo jetzt das neue Modell der Sportlimousine Panamera produziert wird. Ein Porsche soll mehr bieten als jedes andere Auto, auch in Sachen Qualität. Deshalb geht in Leipzig jeder Panamera auf die eigene Porsche-Teststrecke, bevor das Auto das Werk verlässt. „Vier bis fünf Minuten dauert eine solche Testfahrt“, erzählt Wacker, „je Schicht prüft jeder Testfahrer etwa 100 Autos.“ Wenn doch einmal etwas klappert, geht der Wagen zurück ins Werk – und muss nachgearbeitet werden.

In der Leipziger Porsche-Fabrik herrscht im Moment so etwas wie eine gespannte Unruhe. Die Produktion des neuen Panamera ist zwar schon vor Wochen angelaufen, doch die täglichen Stückzahlen gehen erst langsam nach oben.

In dieser Woche steht der große Test beim Kunden an: Dann jetzt wird die neue Generation des Panamera an die Händler ausgeliefert. Wenn das Auto also überall in Deutschland und in Europa in den Schauräumen steht, werden die Porsche-Kunden darüber ihr Urteil abgeben.

Allzu große Sorgen um die Kundenreaktionen muss sich Porsche allerdings nicht machen. Der neue Panamera dürfte – wie jedes andere Porsche-Modell auch – positiv aufgenommen werden. Entsprechend sieht die Produktionsplanung in Leipzig aus.

„Wir sind im Moment noch im Anlauf“, sagt Christoph Beerhalter, der im sächsischen Porsche-Werk den Karosseriebau leitet. Von aktuell etwa 60 Stück soll die Tagesproduktion auf 250 Autos hochgefahren werden. Zum Jahresende dürfte die Volkswagen-Tochter dieses Ziel erreicht haben.

Für den neuen Panamera musste Porsche in Leipzig kräftig investieren. Rund 500 Millionen Euro hat der Stuttgarter Sportwagenhersteller in den Ausbau der Produktion gesteckt, 600 neue Arbeitsplätze sind entstanden.

Die Erklärung: Die Vorgängergeneration des Panamera ist nur teilweise in Leipzig produziert worden. Die lackierten Rohkarossen waren im VW-Werk in Hannover gefertigt und zur Endmontage nach Sachsen transportiert worden. Der Panamera der zweiten Generation wird jetzt komplett in Leipzig gebaut. Der nach Stuttgart zweite große Produktionsstandort von Porsche hat dafür einen Karosseriebau eigens für den Panamera bekommt.


Leipzig wird immer größer

Seit 2002 hat Porsche den Produktionsstandort in Leipzig nach und nach ausgebaut, insgesamt 1,3 Milliarden Euro haben die Stuttgarter dort bislang investiert. Anfangs ist dort nur der SUV (Geländewagen) Cayenne montiert worden, später kamen der erste Panamera und der zweite, etwas kleinere SUV Macan dazu. In Leipzig hat Porsche aktuell etwa 4000 Mitarbeiter. Ein weiterer Ausbau des Werkes gilt als ziemlich sicher: Leipzig dürfte etwa auch für die Konzernschwester Bentley Autos produzieren.

In der Diskussion ist ein eigenes Presswerk für die Leipziger Fabrik, wo dann Blechteile für den Karosseriebau gefertigt werden könnten. Bislang muss Porsche die Blechteile von Lieferanten beziehen. Am Stadtrand von Leipzig hat der Sportwagenhersteller noch weitere Geländeflächen in Reserve. Die Jahreskapazität des Werkes liegt bei etwa 150.000 Fahrzeugen.

Als Luxusmarke setzt Porsche beim Panamera auf besondere Materialien. So besteht die Außenhaut des Autos komplett aus Aluminium. „Insgesamt hat die Karosse einen Aluminiumanteil von 45 Prozent. Das erfordert eine sehr hohe Kompetenz im Werkzeugbau und in der Oberflächenbearbeitung“, erläutert Christoph Beerhalter.

Das hat in der Fertigung ganz praktische Konsequenzen: Im Karosseriebau bei Porsche in Leipzig gibt es das sogenannte „Finish-Band“. Bevor die fertigen Karossen in die Lackiererei gehen, bekommen sie einen letzten Schliff. Mehrere Dutzend Porsche-Mitarbeiter bessern am „Finish-Band“ Unregelmäßigkeiten in der Oberfläche mit der Hand nach. Kleinere Kratzer oder Unebenheiten werden mit Schmirgelpapier und Schleifmaschine beseitigt. Alles erinnert an einen Handwerksbetrieb: Manchmal rückt ein Porsche-Mitarbeiter einer Delle auch mit einem kleinen Spengler-Hammer zu Leibe.

Porsche will mit so viel handwerklichem Einsatz die Luxus-Erwartungen seiner Kunden erfüllen. In der Oberfläche der Karosserie darf es keine Unregelmäßigkeiten geben, das ist ein ungeschriebenes Gesetz beim Stuttgarter Sportwagenhersteller. So etwas erklärt aber auch den Preis von Porsche-Fahrzeugen: Diese Handarbeit muss extra bezahlt werden.


Hohes Ertragsniveau

Vom Panamera geht Anfang November zunächst nur ein Grundmodell in den Verkauf. Später sind noch weitere Varianten geplant, dazu gehören etwa eine Langversion und ein Sport Coupé. Möglicherweise könnte es auch eine verkürzte zweisitzige Variante geben. Von der ersten Panamera-Generation hat Porsche jährlich knapp 30.000 Stück verkauft. Mit dem neuen Modell will die Stuttgarter VW-Tochter diese Marke deutlich überschreiten.

Auch mit dem neuen Panamera dürfte Porsche sein hohes Ertragsniveau halten. Innerhalb des VW-Konzerns stellt der Sportwagenhersteller die profitabelste Marke. Der Sportwagenhersteller aus Stuttgart hat nach einem Renditesprung im dritten Quartal die Jahresprognose für das operative Ergebnis am Freitag angehoben und erwartet nun eine leichte Steigerung.

Nach den ersten neun Monaten hat Porsche das operative Ergebnis um zwölf Prozent auf 2,9 Milliarden Euro gesteigert. Die operative Umsatzrendite erreichte 17,4 Prozent, im Vorjahr lag sie noch bei 15,5 Prozent. Die Auslieferungen legten gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um drei Prozent auf rund 178.000 Fahrzeuge zu.

Der Umsatz liegt mit 16,5 Milliarden Euro auf dem Vorjahresniveau. „Mit unserer Umsatzrendite zählen wir weiterhin zu den profitabelsten Automobilherstellern der Welt. Dadurch können wir die wichtigen Zukunftsinvestitionen stemmen“, kommentierte Finanzvorstand Lutz Meschke das Ergebnis.

Porsche verdient also ordentlich. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass in einigen Jahren auch die dritte Panamera-Generation in Leipzig von den Bändern läuft. Allerdings ist es sehr gut möglich, dass Testfahrer Stephan Wacker dann mit einem batteriegetriebenen Auto zur vierminütigen Probefahrt hinaus auf die Teststrecke startet.

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