Praxair-Fusion Linde biegt auf die Zielgerade ein

Linde geht gestärkt in die Fusion mit dem US-Konkurrenten Praxair. Die Münchener verzeichnen solides Wachstum und bestätigen ihre Jahresprognose. In wenigen Wochen könnte die Umtauschofferte öffentlich werden.

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Kaum eine Großfusion in Deutschland ist so umstritten wie der 60-Milliarden-Euro-Zusammenschluss des Dax-Konzerns mit Praxair. Quelle: dpa

München Der Industriegasekonzern Linde hat nach Umsatz- und Gewinnzuwächsen im ersten Halbjahr seine Prognose bestätigt. Demnach soll der Umsatz ohne Wechselkurseinflüsse mehr oder weniger stagnieren und das Betriebsergebnis um bis zu sieben Prozent wachsen. Der Umsatz legte von Januar bis Juni um 4,7 Prozent auf 8,7 Milliarden Euro zu, wie das Unternehmen am Freitag mitteilte. Das operative Konzernergebnis im fortgeführten Geschäft stieg um 4,3 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro.

Der Münchner Industriegase-Hersteller arbeitet weiter an dem Zusammenschluss mit Praxair. Auch das US-Unternehmen legte gestern solide Zahlen vor. Praxair steigerte den Umsatz im zweiten Quartal gegenüber dem gleichen Zeitraum 2016 um sechs Prozent auf 2,83 Milliarden Dollar. Der Nettogewinn stieg fast genau so stark auf 421 Millionen Dollar. Das Unternehmen aus Danbury, Connecticut hat vor allem in Nordamerika, Europa und Asien zulegen könne, während es in Südamerika weniger gut lief.

Die Angebotsunterlagen für Praxair sollen in diesen Tagen der Börsenaufsicht Bafin übergeben werden, das US-Pendant SEC prüft sie bereits. Die Umtauschofferte an die Linde-Aktionäre könnte dann Mitte August veröffentlicht werden.

Obwohl beide Unternehmen gut dastehen ist kaum eine Großfusion in Deutschland so umstritten wie der 60-Milliarden-Euro-Zusammenschluss von Linde und Praxair. Die Arbeitnehmer vor allem in Deutschland liefen Sturm gegen das Projekt. Doch seit der Abstimmung im Linde-Aufsichtsrat hat sich die Situation deutlich befriedet. Anfang Juni gab das Kontrollgremium grünes Licht. Der Dresdner Betriebsratschef Frank Sonntag enthielt sich – sein Standort wäre sonst von einer Schließung bedroht gewesen. So blieb es Linde-Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle erspart, sein Doppelstimmrecht einzusetzen, um die Fusion durchzudrücken.

Dennoch gibt es weiter Skeptiker im Unternehmen. „Die nächsten Monate werden zeigen, ob sich die Befürchtungen bewahrheiten“, sagt einer von ihnen. Die Gegner des Projekts fürchten, dass die Amerikaner durchregieren. Praxair-Chef Steve Angel soll den neuen Konzern aus den USA heraus führen. Auch deswegen gibt es Befürchtungen, dass die von den Verantwortlichen beschworenen Synergien von gut einer Milliarde Euro vor allem in Europa Arbeitsplätze kosten.

Manche Skeptiker aber haben inzwischen den Konzern verlassen. Sie nutzen die Abfindungen im Rahmen des Sparprogramms Lift. Die Effizienzverbesserungen zeigen langsam auch in den Linde-Zahlen Wirkung. Allerdings drücken im Gegenzug erste Kosten im Zusammenhang mit der Fusion das Ergebnis im zweiten Quartal.

Wenn das Angebot voraussichtlich Mitte August veröffentlicht ist, haben die Linde-Aktionäre zehn Wochen Zeit, zu entscheiden, ob sie ihre Anteilsscheine in Aktien der neuen Holding tauschen. Die Fusion kommt nur zustande, wenn 75 Prozent der Aktien getauscht werden. „Das wird kein Sonntagsspaziergang“, sagt ein Insider. Doch gebe es wenig Zweifel, dass gerade die institutionellen Investoren tauschen.

Private Kleinanleger neigen manchmal zur Passivität, daher ist bei ihnen die Umtauschwilligkeit nur schwer abzuschätzen. Wer das Angebot nicht annimmt, behält die Aktien der weiterhin börsennotierten Linde AG.

Diese wird künftig aber nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Entscheidend wird die neue Holding sein. Die Hülle in Dublin, die dafür vorgehalten wurde, wurde laut Industriekreisen gerade per Handelsregistereintragung in Linde plc umbenannt. Denn die deutsche Seite wird zwar an Einfluss verlieren. Der neue Großkonzern wird aber den Traditionsnamen Linde tragen.

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