Probleme bei A350 und A380 Die fatale Macht der arabischen Airlines

Sie meckern und motzen, bestellen ab und um. Die Abhängigkeit von den drei großen arabischen Fluglinien Etihad, Qatar und Emirates wird für Airbus und Boeing zum Problem.

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Die Einladungen zur Zeremonie gingen noch mindestens bis Dienstag raus. Am Samstag sollte der erste A350 feierlich und mit großem Tamtam von Hersteller Airbus an die arabische Fluglinie Qatar Airways übergeben werden. Es ist ein milliardenschweres Prestigeprojekt mit hoher Bedeutung für beide Seiten. Jetzt wurde die Auslieferung in letzter Sekunde abgesagt.

Bei der Frage nach Gründen geben sich Airbus und Qatar wortkarg. An größeren Problemen oder an der Technik liegt es offenbar nicht. Der neue Langstreckenjet hat umfangreiche Sicherheitstests absolviert und die entscheidenden Zulassungen erhalten.

Die Problemzonen der Airbus Group


„Der A350 ist bereit für die Auslieferung“, versichert Airbus-Chef Thomas Enders – und hält an einem Auslieferungstermin bis Jahresende fest. Qatar Airways spricht derweil von einer Verschiebung auf „unbestimmte Zeit“.

Arabische Sonderwünsche

Dass die Auslieferung trotz langer Planung auch kurzfristig an einer vermeintlichen Petitesse scheitern könnte, überrascht beim Blick auf den Kunden nicht. Akbar Al Baker, Chef von Qatar Airways, ist für sein Temperament bekannt. Sein Hang dazu, Deals in letzter Sekunde platzen zu lassen, hat ihm in der Branche den Namen U-Turn-Al (Kehrtwende-Al) eingebracht. Airbus selbst hat die Launen des 1962 geborenen Katari bereits mehrfach am eigenen Leib erfahren müssen.

Zuletzt hatte sich Al Baker monatelang geweigert, die erste A380-Großraummaschine anzunehmen. Er war unzufrieden mit der Inneneinrichtung, heißt es in Branchenkreisen. Genauer: Dem Qatar-Chef gefielen offenbar die Fußböden und die Fugen der Wandverkleidung nicht.

Später erklärte Al Baker freimütig, dass die Verzögerungen nicht durch Airbus, sondern durch Qatar Airways verursacht wurden, „weil wir extrem hohe Ansprüche haben.“ Andere Linien hätten Flieger nicht aus solchen Gründen abgelehnt, sagte Al Baker weiter und setzte noch einen drauf: Qatar Airlines müsse „hart zu den Partnern sein“, um zu einem Ergebnis zu kommen, auf das man stolz sein könne.

„Hart“ ist für Al Baker, was andere unverschämt nennen. Als bei der Auslieferung des Boeing 787-Dreamliners Verspätungen drohten, giftete er, dass der Konzern wohl habe verlernt habe, wie man Flugzeuge baue, wenn der die versprochene Lieferung bis Ende 2011 nicht einhalten könne. „Wenn man ein Unternehmen Buchhaltern überlasse, komme nur Müll heraus, weil sie nur rechnen, wie sie Geld sparen können“, warf er dem Flugzeug-Riesen vor.

Dass sich die Flugzeugbauer überhaupt einen derartigen Ton gefallen lassen, hat einen einfachen Grund: Sie sind von den Aufträgen den arabischen Airlines Qatar, Etihad und Emirates stark abhängig.

Milliardenaufträge aus den arabischen Staaten


Gefördert von reichen Ölscheichs oder gleich ganzen Staaten kaufen die drei großen arabischen Airlines die meisten Flugzeuge und bauen die größten Flughäfen weltweit. Die brauchen sie, um ihre enormen Wachstumspläne erfüllen zu können. Bislang mit Erfolg: Mit gutem Service und einem dichteren Streckennetz bringen sie selbst Riesen wie die Lufthansa in Bedrängnis.

Wie sehr sich diese Entwicklung auf die Flugzeughersteller auswirkt, zeigt ein Blick in die Auftragsbücher von Airbus. Von den drei größten Kunden des A350 sind zwei arabisch: Von den insgesamt 778 bislang bestellten Fliegern gehen 80 an Qatar Airways, 62 an Etihad und 70 an die asiatische Singapore Airlines. Emirates hatte ihre Order von 70 Maschinen im Juni vollständig storniert.

Deutlicher fällt der Einfluss der arabischen Linien noch beim Blick auf das Problemprojekt A380 und die jüngsten Hiobsbotschaften aus: Weil zu wenige Neubestellungen für den Riesenflieger eingehen, denkt Airbus derzeit laut über dessen Ende nach. Das mögliche Aus des weltgrößten Passagierjets schockte zwar offenbar viele Anleger, dass der Erfolg weit hinter den Erwartungen des Herstellers bleibt, war aber bekannt.

Problemfall A380

Airbus hatte bei der Entwicklung des A380 den asiatischen Absatzmarkt im Blick. Doch in Japan und China floppte der Jumbo-Flieger. Besonders ab 2018 sieht es bei den Bestellungen düster aus. Insgesamt liegen gerade einmal 318 von ihnen vor.

Der Konzern ist deshalb vor allem von einem Großauftrag der arabischen Emirates Airline abhängig. Die Gesellschaft hat mit 140 Jets (59 davon sind bereits geliefert) mehr als 40 Prozent aller A380 bestellt – und fordert jetzt Modernisierungen.

Unter anderem ist Emirates an einer Version mit neuen, spritsparenden Triebwerken von Rolls-Royce interessiert. Zusätzlich zu den mehr als 20 Milliarden Euro an Investitionen in die Entwicklung des A380 kämen dann aber erneut Kosten in Höhe von zwei Milliarden Euro auf Airbus zu, schätzt der Luftfahrtanalyst Yan Derocles.

Laut der Nachrichtenagentur Reuters stellt Emirates-Chef Tim Clark sogar weitere Käufe des Riesenjets A380 in Aussicht, um Airbus zu locken. Man sei bereit, viel Geld zu investieren, verspricht er. Doch aus den Arabern zeigt bislang keine andere der Linie der Welt Interesse an dem A380.

Auch deshalb scheint bei Airbus derweil die Erkenntnis zu reifen, dass sich die Fokussierung auf die Wünsche und Bedürfnisse weniger Kunden nicht auszahlen muss. So stellte Thomas Enders am Mittwochabend vor Investoren klar, dass sich eine Modernisierung der A380 für Airbus rechnen müsse. Der Vorstand werde „nicht zulassen, dass das unseren Gewinn belastet“.

Insgesamt bleibt die Frage, wie lange sich die Flugzeugbauer noch durch das Versprechen von neuen Milliardenaufträgen von den Problemen mit den arabischen Kunden ablenken lassen. Denn jeder Sonderwunsch und jede Verzögerung kostet nicht nur Geld und verlangsamt die Produktion. Das macht auch die Anleger nervös.

Unmittelbar nach Bekanntwerden der Schwierigkeiten bei A350 und A380 verlor die Airbus-Aktie am Mittwoch rund zehn Prozent. Am Donnerstag setzte sie ihre Talfahrt fort.

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