Die Einladungen zur Zeremonie gingen noch mindestens bis Dienstag raus. Am Samstag sollte der erste A350 feierlich und mit großem Tamtam von Hersteller Airbus an die arabische Fluglinie Qatar Airways übergeben werden. Es ist ein milliardenschweres Prestigeprojekt mit hoher Bedeutung für beide Seiten. Jetzt wurde die Auslieferung in letzter Sekunde abgesagt.
Bei der Frage nach Gründen geben sich Airbus und Qatar wortkarg. An größeren Problemen oder an der Technik liegt es offenbar nicht. Der neue Langstreckenjet hat umfangreiche Sicherheitstests absolviert und die entscheidenden Zulassungen erhalten.
Die Problemzonen der Airbus Group
Im Kerngeschäft Ziviljets lebt Airbus fast nur von den A320-Mittelstreckenfliegern. Auf der Langstrecke bringt nur das älteste Modell A330 Geld. Der neue A350 wird netto erst nach 2020 Gewinn abwerfen, der Superjumbo A380 wohl nie.
Kampfjets und Raketen bringen viel Profit. Doch ab 2018 fehlen neue Aufträge. Für die Drohne Talarion fand Airbus keine Kunden, und das Geschäft mit Grenzsicherung wirft weniger ab als erwartet.
Die Airbus Group wurde 2000 als EADS gegründet. Dabei wurden völlig unterschiedliche Unternehmen zusammengeworfen, die schon in ihren vier europäischen Heimatländern kaum kooperierten. Trotz mehrerer Umstrukturierungen werkeln Firmenteile weiter vor sich hin, gibt es Doppelarbeiten und kaum Synergien.
Seit der Airbus-Gründung kämpfen Frankreich und Deutschland darum, mehr High-Tech-Jobs als der andere zu bekommen. Dazu vergeben sie Aufträge und Anlauffinanzierungen. Paris versuchte auch schon, die Mehrheit am Konzern zu erlangen.
Eine Fusion mit dem britischen Rüstungskonzern BAE schien ideal: Sie rettete Airbus das Waffengeschäft und half bei der Globalisierung. Doch Enders hatte unterschätzt, wie viel politisches Porzellan er mit seiner schroffen Art in Berlin zerschlagen hatte. Berlin legte sein Veto ein.
2008 wollte Enders Airbus-Werke an Zulieferer verkaufen. Der Deal platzte, weil er den Käufern auch einen Teil des Wechselkursrisikos aufbrummen wollte.
„Der A350 ist bereit für die Auslieferung“, versichert Airbus-Chef Thomas Enders – und hält an einem Auslieferungstermin bis Jahresende fest. Qatar Airways spricht derweil von einer Verschiebung auf „unbestimmte Zeit“.
Arabische Sonderwünsche
Dass die Auslieferung trotz langer Planung auch kurzfristig an einer vermeintlichen Petitesse scheitern könnte, überrascht beim Blick auf den Kunden nicht. Akbar Al Baker, Chef von Qatar Airways, ist für sein Temperament bekannt. Sein Hang dazu, Deals in letzter Sekunde platzen zu lassen, hat ihm in der Branche den Namen U-Turn-Al (Kehrtwende-Al) eingebracht. Airbus selbst hat die Launen des 1962 geborenen Katari bereits mehrfach am eigenen Leib erfahren müssen.
Zuletzt hatte sich Al Baker monatelang geweigert, die erste A380-Großraummaschine anzunehmen. Er war unzufrieden mit der Inneneinrichtung, heißt es in Branchenkreisen. Genauer: Dem Qatar-Chef gefielen offenbar die Fußböden und die Fugen der Wandverkleidung nicht.
Später erklärte Al Baker freimütig, dass die Verzögerungen nicht durch Airbus, sondern durch Qatar Airways verursacht wurden, „weil wir extrem hohe Ansprüche haben.“ Andere Linien hätten Flieger nicht aus solchen Gründen abgelehnt, sagte Al Baker weiter und setzte noch einen drauf: Qatar Airlines müsse „hart zu den Partnern sein“, um zu einem Ergebnis zu kommen, auf das man stolz sein könne.
„Hart“ ist für Al Baker, was andere unverschämt nennen. Als bei der Auslieferung des Boeing 787-Dreamliners Verspätungen drohten, giftete er, dass der Konzern wohl habe verlernt habe, wie man Flugzeuge baue, wenn der die versprochene Lieferung bis Ende 2011 nicht einhalten könne. „Wenn man ein Unternehmen Buchhaltern überlasse, komme nur Müll heraus, weil sie nur rechnen, wie sie Geld sparen können“, warf er dem Flugzeug-Riesen vor.
Dass sich die Flugzeugbauer überhaupt einen derartigen Ton gefallen lassen, hat einen einfachen Grund: Sie sind von den Aufträgen den arabischen Airlines Qatar, Etihad und Emirates stark abhängig.