Problemsparten Windräder stehen Siemens im Weg

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Unübersichtliche Strukturen

Vor Nokia Siemens Networks steht die Ampel auf rot Quelle: REUTERS

Bei NSN erscheinen viele Probleme ebenfalls hausgemacht, vor allem in der Unternehmensstruktur liegt einiges im Argen. Suri hat etwa den 13-köpfigen Vorstand entmachtet und dessen Arbeit auf die Langzeitstrategieentwicklung beschränkt. Im Tagesgeschäft entscheidet nun ein dreiköpfiger Vorstand. NSN soll so handlungsfähiger werden. Zusätzliche Komitees sollen zudem Fehler der Vergangenheit vermeiden helfen: Das Restrukturierungskomitee wacht über den Fortschritt der Sanierungsmaßnahmen, ein Preiskomitee soll darauf achten, dass die Aufträge künftig so kalkuliert werden, dass Profitabilität gewährleistet ist. Dass es dazu ein eigenes Komitee braucht, ist schon schlimm genug. Dass Siemens in seinem Quartalsbericht die Steigerung der Profitabilität von NSN als unsicher bezeichnet und in den nächsten Quartalen weiter mit starken Schwankungen – was auch Verluste bedeuten kann - in diesem Bereich rechnet, ist allerdings ein Trauerspiel.

Berichte, nach denen das Joint-Venture noch in diesem Jahr schwarze Zahlen schreiben will, bestätigte NSN bislang nicht. "Wir haben keine neuen Ziele veröffentlicht", hieß es bei NSN. In einem Brief an die Mitarbeiter appellierte NSN-Chef Suri, den Ernst der Lage zu erkennen. "Wir haben begonnen, uns die schlechte Leistung einzugestehen, die Notwendigkeit von Wandel begriffen und kommen voran."

Aber vielleicht nicht schnell genug. Bei Siemens verliert der Vorstand angesichts der hohen Verluste allmählich die Geduld mit der schwierigen Tochter. Siemens-Finanzchef Joe Kaeser hatte Suri bereits öffentlich klar bemacht, dass der Spielraum für Fehler sei sehr klein geworden sei. Der Betriebsrat fordert längst Suris Rauswurf.

Aktie dennoch auf Kurs

Die insgesamt wenig erfreuliche Entwicklung in den Problemfeldern des Konzerns, die sinkenden Auftragseingänge und die Gewinnwarnung ließen die Börse indessen kalt: Siemens-Aktien legten bis zum frühen Nachmittag um mehr als ein Prozent zu. Die schlechten Nachrichten waren also erwartet worden, zumal die Aktie bereits in den Wochen zuvor rund zehn Prozent ihres Wertes eingebüßt hatte und zu den schwächeren Dax-Titeln des Jahres zählt. Anleger können auf Nachholbedarf in der Börsenbewertung hoffen.

Für einige Analysten ist die Gewinnwarnung daher die Gelegenheit, die Aktie zum Kauf zu empfehlen. Denn abgesehen von den großen Problemfeldern entwickeln sich die Geschäfte von Siemens gut, der Konzern ist solide kapitalisiert und nicht überschuldet. Im abgelaufenen Quartal stieg auch der freie Cash-flow, also der freie Mittelzufluss aus den Geschäftsbereichen, um 26 Prozent auf 446 Millionen Euro. Genug, um auch mal ein gescheitertes Experiment zu bezahlen.

Das Fernziel von Konzernchef Löscher, den Konzernumsatz von rund 75 auf 100 Milliarden Euro zu steigern, ist also noch nicht vom Tisch. Allerdings darf weiter bezweifelt werden, dass Siemens dies ohne spektakuläre Übernahmen oder Beteiligungen schafft. Also darf weiter spekuliert werden, ob und mit wem sich Siemens künftig zusammentut. ThyssenKrupp, die nach Fehlinvestitionen und aufgrund des schwierigen Stahlgeschäfts nicht so gut aufgestellt sind wie Siemens, aber gute Schnittstellen in den Geschäftsbereichen bieten, ist da nach wie vor ein spekulativer, aber heißer Kandidat.

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