Produktion wird zu teuer Bye, Bye China

Seite 3/6

Was für Einkäufer zählt

So sauber sind unsere Modelabels
Eine Frau mit einer Zara-Tasche Quelle: REUTERS
Ein Laden von Tommy Hilfiger Quelle: AP
Platz 12: PrimarkEs ist gar nicht einfach, den H&M-Herausforderer aus Irland zu kontaktieren. Primark hat weder in Deutschland noch im Rest der Welt eine Pressestelle, an die Journalisten ihre Anfragen richten können. Erst nach einer knappen Woche melde sich eine externe PR-Agentur und beantwortet einige Fragen zu Recherchen der WirtschaftsWoche: Dass eine Primark-Bestellung bei einem Zulieferer landete, der westlichen Standards nicht entspricht, sei ein Einzelfall gewesen. Ein lizenzierter Lieferant habe die Order ohne Kenntnis und Einverständnis der Iren an diese Fabrik ausgelagert. Was eigentlich gar nicht passieren darf, denn über seine Homepage verpflichtet nagelt sich der irische Discounter auf „ethischen Handel“ und höchste Sozialstandards bei Lieferanten fest. Dies wird allerdings nicht nur durch die Recherchen der WirtschaftsWoche konterkariert – zumal der Hersteller insgesamt bei Details merkwürdig mauert: Primark will weder die Zahl der Lieferanten oder die der internen Auditoren kommunizieren, noch die wichtigsten Lieferländer und den Anteil der Direktimporte nennen.Transparenz -Kontrolle -Verantwortung - Quelle: Screenshot
Ein New Yorker-Store in Braunschweig Quelle: Screenshot
Menschen vor einer Ernsting's Filiale Quelle: Presse
Das Logo der Modekette Tom Tailor Quelle: dapd
Eine Verkäuferin reicht in einem Esprit-Store in Düsseldorf eine gepackte Einkaufstasche über die Kasse Quelle: dpa

„Es gibt keine einzelnen Länder, die China als Beschaffungsmarkt in puncto Qualität und Quantität ersetzen können“, urteilt Einkaufsexperte Thorsten Makowski von der Beratung Valueneer in Berlin. Zusammen mit der Kellogg School of Management im US-Staat Illinois hat er untersucht, nach welchen Kriterien Einkäufer neue Märkte auswählen. Die Ergebnisse liegen der WirtschaftsWoche exklusiv vor.

Entscheidend sind danach Kosten und Qualität, weniger wichtig sind Steuern, Umweltschutz und Innovationskraft. Die befragten Einkäufer aus aller Welt planen, ihre Aktivitäten in den kommenden drei Jahren vor allem in Russland, Indien, Malaysia und Indonesien auszubauen.

Produktionsbedingungen in der Textilfabrik
Das brennende Gebäude Quelle: dapd
Bangladeschs Hauptstadt Dhaka Quelle: Probal Rashid für WirtschaftsWoche
Slum von Bangladeschs Hauptstadt Dhaka Quelle: Probal Rashid für WirtschaftsWoche
Frauen in Bangladesch Quelle: Probal Rashid für WirtschaftsWoche
Männer verladen Altpapier Quelle: Probal Rashid für WirtschaftsWoche
Näherinnen in einer Fabrik Quelle: Probal Rashid für WirtschaftsWoche
Frauen in einer Fabrik mit vergitterten Fenstern Quelle: Probal Rashid für WirtschaftsWoche

Bangladesch, Vietnam, Indien

In der besonders preisempfindlichen Textilbranche wollen laut einer druckfrischen Studie der Beratung McKinsey 72 Prozent der befragten Chefeinkäufer aus Europa und den USA ihre Beschaffung in den kommenden fünf Jahren von China in andere Länder verlagern, vor allem nach Bangladesch, aber auch nach Vietnam und Indien. China bleibt zwar vorerst der wichtigste Bekleidungsmarkt, drei Viertel der Einkäufer erwarten aber Preiserhöhungen (siehe Grafik).

„Für die Fertigung einfacher Artikel wie T-Shirts ist China schlicht zu teuer“, sagt Markus Bergauer, Gründer der Kölner Einkaufsberatung Inverto. Neben Bangladesch nennt er Vietnam und Kambodscha als Ausweichkandidaten, auch Myanmar könnte sich als Textilstandort etablieren.

Steigende Beschaffungskosten für Textilien

Noch keine reibungslose Produktion

In Vietnam hat zum Beispiel der Kölner Rucksackhersteller Ergobag den passenden Lieferanten für seine rückenschonenden Rucksäcke gefunden. Die sollen nicht nur Kinderrücken schonen, sondern auch die Natur entlasten: Das Material stammt aus recycelten PET-Flaschen. Allerdings läuft die Produktion nicht reibungslos. So waren vor ein paar Wochen bei mehreren Tausend Rucksäcken die Zipper am Reißverschluss blau statt grün – ein kleiner, aber ärgerlicher Mangel. Darum haben die Kölner Nhan Nguyen angeheuert. Der in Deutschland aufgewachsene Vietnamese berät in Ho-Chi-Minh-Stadt deutsche Unternehmen dabei, den Beschaffungsmarkt Vietnam zu erobern.

Am Werkstor des Ergobag-Lieferanten ASG verkauft eine alte Frau Kokosnüsse, im Wind weht die Flagge der sozialistischen Republik. ASG-Vertriebschef Brian Lee führt Nhan Nguyen durch die aufgeräumte Fabrik. Es ist hell und angenehm kühl. Auch für andere Marken wird hier gefertigt, aber einen Großteil der Kapazität hat Ergobag mittlerweile für sich gebucht. Vor drei Jahren lieferte Vietnam 4200 Rucksäcke nach Köln, 2012 waren es mehr als 100.000 Stück, in diesem Jahr sollen es noch einmal doppelt so viele werden.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%