Pyeonghwa Motors Nordkoreas geplatzter Auto-Traum

Das Projekt war ehrgeizig: Nordkorea wollte einen eigenen Autoriesen aufbauen. Inzwischen stehen die Maschinen in den Werkshallen wohl still – die Fahrzeuge mit dem Friedenstauben-Logo werden aus China importiert.

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Der Autobauer ist der einzige in Nordkorea, der Personenwagen herstellt. Quelle: AP

Pjöngjang In der Luft liegt der unverwechselbare Neuwagengeruch, Verkäufer warten neben Hochglanzbroschüren auf Kundschaft. Rund ein Dutzend Autos, Limousinen und Geländewagen, bietet Pyeonghwa Motors in der Hauptstadt Pjöngjang an – alle mit dem markanten Logo mit den zwei Friedenstauben. Der Autobauer ist der einzige im Land, der Personenwagen herstellt. Allerdings kommt die Produktion derzeit über den Leerlauf nicht hinaus.

Im einzigen Werk von Pyeonghwa südlich von Pjöngjang könnten bis zu 10.000 Autos pro Jahr vom Band laufen. Experten gehen allerdings davon aus, dass derzeit dort überhaupt nicht gearbeitet wird und die angebotenen Fahrzeuge direkt aus China kommen. „Ich fürchte, dass dort seit November 2012 kein einziges Pyeonghwa-Fahrzeug produziert wurde“, sagt Erik van Ingen Schenau, ein Experte für den chinesischen Automarkt und Autor eines Buches über nordkoreanische Kraftfahrzeuge. „Die neueren Modelle mit den Pyeonghwa-Abzeichen wurden alle in China hergestellt.“

Wenn in Nordkorea überhaupt an den Fahrzeugen gearbeitet wird, dann handelt es sich eher um kleinere Aufgaben, wie das Aufziehen der Reifen oder das Einsetzen der Batterien, da ist sich der Experte sicher. Satellitenbilder von Google Earth zeigten, dass auf den Parkplätzen um das Werk keine Autos stehen. Der Pkw-Markt in Nordkorea ist im besten Fall als ausbaufähig zu bezeichnen. Lange konzentrierte sich die Produktion auf Militärfahrzeuge und Lastwagen und nicht auf Fahrzeuge für Privatpersonen, die außerhalb von Pjöngjang immer noch selten auf den Straßen zu sehen sind.

Nur die Eliten können überhaupt an die Anschaffung eines solchen Luxusguts denken. Hinzu kommen die UN-Sanktionen, die im vergangenen März gegen Nordkorea verhängt wurden. Seitdem ist es für das Land noch schwerer geworden, die notwendigen Teile von den Zulieferern zu bekommen. Die Geschichte Pyeonghwas geht zurück in eine weniger angespannte Zeit.

Damals wollte Südkorea mit Investitionen die Beziehungen zum Nachbarn im Norden verbessern. Ein Ergebnis war die Gründung eines Joint Ventures mit dem Gründer der Vereinigungskirche, San Myung Moon. Das Unternehmen durfte als erstes und wahrscheinlich einziges auf Plakatwänden in Pjöngjang Werbung für sich machen. „Pyeonghwa wird die Führung übernehmen beim Bau einer Brücke zwischen dem Süden und dem Norden“, versprach der frühere Vorstandsvorsitzende Park Sang-kwon auf der Website des Unternehmens. Die Seite wurde seit 2012 nicht mehr aktualisiert.


Fiat als Vorbild

Doch die Beziehungen zwischen den Nachbarländern verschlechterten sich seit der Norden sich darum bemühte, in den Kreis der Atommächte aufzusteigen. Schon 2002 begann die Produktion der nordkoreanischen Version des Fiat Siena. 137 Fahrzeuge wurden aus Bausätzen gefertigt, die aus dem Ausland angeliefert wurden. Den höchsten Stand erreichte die Produktion 2011 mit 1820 Fahrzeugen. Dann brachen die Zahlen ein, weil Südkorea sich aus dem Joint Venture zurückzog.

Bei der internationalen Handelsmesse in Pjöngjang 2013 zeigte der Autobauer dennoch 36 Autos, Lastwagen und Pickups. Van Ingen Schenau erklärt, schon damals stammten alle Fahrzeuge aus China. „Die meisten wurden von FAW in Changchun hergestellt oder waren FAW-Volkswagen“, sagt er. FAW, First Auto Works, ist einer der vier großen staatlichen Autobauer in China. Er ist aber bei weitem nicht der einzige Mitbewerber auf dem nordkoreanischen Markt.

Der private Autokonzern Hawtai Motor Group fällt in Pjöngjang am meisten auf, stammen von ihm doch hunderte Wagen der burgund- und goldfarbenen Taxiflotte KKG, die seit 2014 in der nordkoreanischen Hauptstadt ihre Dienste anbietet. Eine weitere chinesische Marke, BYD, ist seit 2013 mit grüngelben Taxis aktiv. Die im Inland hergestellten Lastwagen von Sungri und Taepaksan werden immer häufiger durch gebrauchte chinesische Dongfeng, Lkw von FAW und Yuejin ersetzt.

Die Straßen von Pjöngjang geben einen Hinweis auf den Zustand der nordkoreanischen Wirtschaft: Häufig zu sehen sind die schwarzen Mercedes-Limousinen der Oberschicht und blaue Volvos, von denen Nordkorea 1974 rund 1000 Stück kaufte, aber nie bezahlte. Auch Busse mit Platz für bis zu 170 Passagiere sind unterwegs, außerdem ergänzen Straßenbahnen den öffentlichen Nahverkehr.

Busse, Kastenwagen und kleinere Fahrzeuge nehmen gegen Entgelt Fahrgäste mit. Das wird von den Behörden geduldet und ist für viele zu einem lukrativen Nebengeschäft geworden. Wenn der Druck auf Peking wächst, den Handel mit Nordkorea einzudämmen, würde das den Straßenverkehr dort wieder verringern. Sollten die Sanktionen und politischen Unwägbarkeiten aber eines Tages überwunden sein, dann könnten chinesische Investoren dort ansetzen, wo das Experiment Pyeonghwa einst aufhörte.

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