„Er kam in Feuer um, das er gelegt hat“, hat das Wirtschaftsmagazin „Forbes“ am Samstag als eines von wenigen Medien in den USA den spektakulären Rücktritt des VW-Aufsichtsratschefs kommentiert. Es sei nie geklärt worden, warum Ferdinand Piëch Martin Winterkoren eigentlich loswerden wollte, konstatiert das Magazin, spekuliert aber, dass es die schleppende Entwicklung im wichtigen US-Markt gewesen sein könnte, die Piëch ungeduldig werden ließ.
Piëch und seine Figuren
Auf dem Weg des Ferdinand Piëch vom Audi-Manager auf den Aufsichtsratschefsessel des größten Autokonzerns Europas, blieb so mancher Top-Manager auf der Strecke. Die wichtigsten Stationen zusammengefasst.
Nach fünf Jahren als Vize übernimmt Piëch bei Audi den Chefsessel von Wolfgang Habbel und baut die Marke mit den vier Ringen zur Premiummarke um. In die Ära des Vollblutingenieurs fällt die Entwicklung des Super-Diesels TDI sowie des Allradantriebs Quattro.
Als neuer VW-Chef wirbt Piëch den Einkaufschef José Ignacio López vom Konkurrenten General Motors (GM) ab, der die Preise der Zulieferer drücken soll. Wegen des Verdachts, GM-Betriebsgeheimnisse an VW verraten zu haben, muss Piëch 1996 López fallen lassen.
Piëch heuert das IG-Metall- und SPD-Mitglied Peter Hartz als VW-Personalchef an. Der führt die Vier-Tage-Woche ein und spart so 500 Millionen Euro Lohnkosten. Nachdem auffliegt, dass VW unter ihm Luxusreisen und Bordellbesuche für Betriebsräte finanzierte, muss Hartz gehen.
Als Piëch 2002 VW-Aufsichtsratschef wird, installiert er Ex-BMW-Chef Bernd Pischetsrieder als VW-Lenker. Der agiert eigenständig, macht Piëch-Ideen rückgängig. Fünf Jahre später schweigt Piëch demonstrativ, als er gefragt wird, ob Pischetsrieder im Amt bleibt. Kurz darauf holt er Winterkorn.
Jahrelang versuchte Porsche-Chef Wendelin Wiedeking unter der Aufsicht von Piëch VW zu übernehmen. Als dies scheitert, sagt Piëch auf die Frage von Journalisten, ob Wiedeking sein Vertrauen genieße: „Zurzeit noch. Das ,Noch‘ können Sie streichen.“ Wiedeking muss gehen.
Amerika ist im Wochenende und Wolfsburg weit weg. Sender wie „Bloomberg TV“ spielen alte Konserven ab, die Wall Street ist geschlossen. Dem Nachrichtensender „CNN“ ist der Vorgang nur eine kurze Meldung auf der Webseite wert. Auch „Businessinsider.com“ reicht eine Agenturmeldung von AP, ebenso den „Detroit News“ aus Amerikas Autostadt Nummer eins. Das dominierende Thema ist, wie auch bei vielen anderen Webseiten, die Erdbeben-Tragödie in Nepal.
Bei der „Chattanooga Free Times Press“ schafft es der Showdown bei Volkswagen wie auch beim „Wall Street Journal“ auf Seite eins. In Chattanooga ist das VW-Werk beheimatet. Viele Familien haben jemanden, der dort arbeitet. In der Stadt führt ein „Ferdinand Piëch Way“ zu den Werkstoren.
Volkswagen plant Milliardeninvestitionen in den kommenden Jahren und will tausende Arbeitsplätze schaffen. Ab 2016 ist die Produktion eines SUV geplant. Bereits Anfang April zeigte Volkswagen neue Modelle des VW Beetle und einen Golf Alltrack für Outdoor-Freunde. Neue Modelle sollen dieses Jahr die langersehnte Wende in einem Markt bringen, in dem die Wolfsburger den generellen Aufschwung verpasst haben. 2014 verkaufte VW 366.970 Autos in den USA und damit kaum mehr als 2011. Ziel für 2018 ist, rund eine Million Fahrzeuge aller VW-Marken abzusetzen. Branchenanalysten halten das mittlerweile für sehr ambitioniert. Aber Martin Winterkorn hat schon andere Probleme gemeistert.