So wie im Fall der Apobank in Düsseldorf. Die fordert 66 Millionen Euro von Ex-Vorständen: Mehrere Top-Manager hatten Finanzgeschäfte zugelassen, die zu Millionenschäden während der Subprime-Krise geführt hatten. Die verklagten Manager verweisen für den Fall, dass ihnen Fehler nachgewiesen werden, auf den Aufsichtsrat: Der habe alles gewusst. Kein Wunder, dass es inzwischen auch D&O-Policen für Aufsichtsräte gibt.
„Auch immer mehr mittelständische Unternehmen verklagen ihre Führungskräfte“, beobachtet Versicherungsmakler Hendricks. So sollten die ehemaligen Geschäftsführer der deutschen Tochtergesellschaften eines italienischen Möbelherstellers jeweils 2,5 bis 15 Millionen Euro Schadensersatz zahlen – bei früheren Jahresgehältern von 100 000 bis 200 000 Euro.
Der Grund: Von ihrer Konzernmutter hatten die Manager die Anweisung bekommen, eilig hohe Beträge nach Italien zu schicken, und das auch gemacht. Die Überweisungen hätten aber angesichts der Insolvenzgefahr zu dem Zeitpunkt wohl nicht mehr erfolgen dürfen. Nach vier Jahren Rechtsstreit einigte sich der Anwalt der Ex-Geschäftsführer mit Insolvenzverwalter, Banken und D&O-Versicherern. Die Manager kamen bei dem Millionenvergleich mit Selbstbeteiligungen zwischen 5000 und 20 000 Euro davon.
Von den 300 bis 400 Millionen Euro, die D&O-Versicherer in Deutschland pro Jahr derzeit auszahlen, fließt ein großer Teil an die am Verfahren beteiligten Dienstleister. Experte Hendricks schätzt, „dass 50 bis 70 Prozent der Auszahlungen der D&O-Versicherer in den vergangenen 15 Jahren nicht auf die Regulierung der Schäden selbst entfallen, sondern Abwehrkosten der Verteidigung der Manager für Anwälte, Wirtschaftsprüfer, Gutachter und Gerichte sind“. Die Stundenhonorare bei Compliance-Anwälten liegen für Partner zwischen 320 und 400 Euro – je nach Disziplin. Kartellrechtler sind teurer als Arbeitsrechtler. Renommierte Compliance-Experten kassieren sogar 600 Euro pro Stunde.
Am Fall Siemens etwa verdiente die Wirtschaftsprüfung Deloitte rund 235 Millionen Euro und der US-Anwaltsriese Debevoise & Plimpton mindestens 95 Millionen Euro. Insgesamt soll die Aufklärung der Korruptionsaffäre Siemens 474 Millionen Euro gekostet haben plus 239 Millionen Euro Strafen in Deutschland und 520 Millionen Euro Steuernachzahlungen. 100 Millionen erhielt Siemens von einem D&O-Konsortium unter Allianz-Führung als Schadensersatz zurück. Gefordert hatte der Konzern 250 Millionen Euro. Prozessual abgeschlossen ist die Affäre sieben Jahre nach ihrem Beginn aber noch nicht. Der frühere Finanzvorstand Heinz-Joachim Neubürger bestreitet die gegen ihn erhobenen Vorwürfe und prozessiert weiter mit Siemens. Neubürger ist eine Ausnahme. „90 Prozent der Managerhaftungsfälle enden mit einem Vergleich“, schätzt Heisse-Kursawe-Anwalt Maaß.
Denn Gegenwehr ist schwierig. Einer der vier ehemaligen IVG-Manager, gegen den das Unternehmen nun vier Jahre nach seinem Abschied vorgeht, ist ratlos: „Ich habe keine Akten und bin komplett von den alten Informationen abgeschnitten.“ Auch ein Ex-Siemensianer klagt, er habe „nicht die Möglichkeit gehabt, sich zu verteidigen, weil man nicht an die Beweise herankommt, die einen entlasten“.