Rheinbrücke bei Leverkusen Der Schein-Skandal um Baustahl aus China

Für die neue Rheinbrücke bei Leverkusen wird Stahl aus China importiert – im Stahlland NRW ist die Empörung daher groß. Doch hinter vorgehaltener Hand wundern sich selbst deutsche Brancheninsider über den Streit.

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Beim Neubau der Brücke soll Baustahl aus China zum Einsatz kommen – im Stahlland NRW ist die Empörung daher groß. Quelle: dpa

Düsseldorf NRW baut eine neue Rheinbrücke für die A1 bei Leverkusen und lässt dafür Stahl aus China importieren – obwohl Thyssen-Krupp im 50 Kilometer entfernten Duisburg ebenfalls Baustahl produziert. Branchenvertreter sehen darin eine Schwächung des Stahl-Standortes Deutschland – und kritisieren nun auch die Vergabe des Auftrags an den österreichischen Baukonzern Porr.

„Die Firma Porr hat nicht benannt, woher sie ihren Stahl bezieht“, sagte Bernhard Klauke, Chef des Verbandes Bauforumstahl, dem Handelsblatt. „Daher war nicht klar, dass das Material zum Teil aus China kommt.“ Deutsche Unternehmen würden Stahl in hoher Qualität produzieren. China könne nur günstiger sein, wenn man auf diese Qualitätsanforderungen verzichte.

„Um eine Wettbewerbsgleichheit zu garantieren, müssen aber alle Firmen Material von gleicher Qualität liefern.“ Insbesondere die Ausschreibung der  vorherigen Landesregierung sei nicht zulässig. „Unserer Meinung nach müsste sie komplett neu erstellt und verhandelt werden“, sagte Klauke.

Das Thema ist in der Tat symbolträchtig – vor allem im Stahlland NRW. Doch es lohnt sich, einen Blick auf die Zahlen zu werfen: So hat die deutsche Stahlindustrie im vergangenen Jahr rund 400 000 Tonnen Walzstahl nach China geliefert – ein Vielfaches dessen, was jetzt aus dem Reich der Mitte zum Bau geliefert werden soll.

Insgesamt haben die deutschen Hütten zuletzt gut 42 Millionen Tonnen Stahl produziert. Die meisten von ihnen sind wegen der guten Nachfrage aus der Auto- und Bauindustrie sowie dem Maschinenbau weitgehend ausgelastet. Auch werden in der deutschen Stahlindustrie wieder gute Gewinne erwirtschaftet. Allein Branchenprimus Thyssen-Krupp schaffte einen operativen Gewinn von über einer halben Milliarde Euro.   

Kein Wunder also, dass sich die Empörung beim Essener Stahlriesen in Grenzen hält: Stahl für den Brückenbau gehöre nicht zum Kerngeschäft von Thyssen-Krupp, sagte ein Unternehmenssprecher. „Wie hätten aber auch erst in zweiter Linie gefragt werden können, da wir selbst ja kein Bauunternehmen sind.“

Doch der Verband Bauforumstahl befürchtet, dass die geringere Qualität der chinesischen Ware dazu führt, dass die Autobahnbrücke wieder schneller sanierungsbedürftig ist: „Die vorherige Brücke hat schon nicht so lange gehalten, weil diese Strecke einfach viel befahren wird“, sagt Klauke. „Gerade deshalb sollten wir beim Neubau doch auf guten, robusten Stahl setzen.“ Der Baustahl aus China müsse bestimmte Gütekriterien nicht erfüllen.      

Trotzdem ist man in der deutschen Stahlbranche unglücklich über die Diskussion um chinesischen Stahl für deutsche Brücken. Wenn die in der EU gültigen Vergaberichtlinien eingehalten wurden – und danach sieht es aus – sei da wenig zu machen, heißt in Industriekreisen. „Außerdem wollen wir offenen Handel“ – auch weil die deutsche Stahlbranche davon profitiert.

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