Riesige Pharma-Fusion Pfizer-Deal mit Astra-Zeneca vor dem Aus

Der US-Pharmakonzern Pfizer beißt bei seinem britischen Konkurrenten Astra-Zeneca auf Granit: Erneut wurde das Übernahmeangebot abgelehnt – und die Amerikaner sind nicht bereit, es zu erhöhen. Der Deal steht vor dem Aus.

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Astra-Zeneca bleibt hart – und prompt bricht der Aktienkurs ein. Quelle: Reuters

London Die größte Fusion in der Geschichte der Pharma-Branche steht womöglich vor dem Aus. Die britische Astra-Zeneca lehnte am Montag auch das auf über 117 Milliarden Dollar aufgestockte Angebot des US-Rivalen Pfizer ab. Die Amerikaner betonten, es werde keine weitere Offerte geben. Auch eine feindliche Übernahme wurde ausgeschlossen. An der Börse stürzten Astra-Zeneca-Aktien daraufhin um knapp elf Prozent auf 43 Pfund ab. Der Viagra-Hersteller Pfizer will zusammen mit Astra-Zeneca zum weltgrößten Pharma-Konzern aufsteigen und damit den Schweizer Konkurrenten Novartis vom Thron stoßen.

Pfizer-Chef Ian Read, der zuletzt mit Zusagen den Widerstand in der Politik brechen wollte, zeigte sich frustriert: „Wir glauben nicht, dass der Astra-Zeneca-Vorstand derzeit vorbereitet ist, einem Deal zu einem vernünftigen Preis zuzustimmen.“ Auch der Pharma- und Fusionsexperte Erik Gordon von der Universität sagte, Pfizers Chancen schwindeten. „Der Deal ist unwahrscheinlicher als vor zehn Tagen.“ Die Briten ließen aber zumindest eine Hintertür offen: Bei einem höheren Angebot könnte es Verhandlungen geben, wie das Unternehmen signalisierte.

Einige Aktionäre von Astra-Zeneca zeigten sich unzufrieden: „Wir sind enttäuscht, dass der Astra-Zeneca-Vorstand das jüngste Angebot von Pfizer so kategorisch abgelehnt hat“, sagte Fondsmanager Alastair Gunn von Jupiter Fund Management, einer der 30 größten Investoren der Firma. Es müsse einen Dialog über das Thema geben. Mehrere andere Anteilseigner äußerten sich ähnlich.

Pfizer verspricht sich von dem Zukauf vor allem Steuervorteile und signifikante Kostensenkungen. Astra-Zeneca hat zudem einige vielversprechende Krebsmittel in der Entwicklung. Es gab zuletzt aber viel Gegenwind von Politikern und Wissenschaftlern. Pfizer ist bekannt dafür, nach Übernahmen im großen Stil Stellen zu streichen. Das wird auch dieses Mal in den USA, Großbritannien und Schweden befürchtet. Außerdem könnte die Forschung in Großbritannien an Bedeutung verlieren.

Astra-Zenecas Ablehnung erfolgte nur neun Stunden nach der Vorlage des neuen Angebots am Sonntagabend, obwohl auch der Bargeld-Anteil wie zuvor gefordert erhöht wurde. Pfizer bietet jetzt je Aktie 55 Pfund. Der Astra-Zeneca-Verwaltungsratschef Leif Johansson sagte, er habe in Gesprächen mit Pfizer deutlich gemacht, der Vorstand könne erst bei einer Offerte von mindestens 58,85 Pfund zustimmen. Er warf Pfizer vor, vor allem Einsparungen im Visier zu haben. Die Amerikaner hätten in allen Gesprächen seit Januar nicht überzeugend darlegen können, worin strategisch die Logik eines Zusammenschlusses bestehen könne. Johansson wollte nicht sagen, ob die Ablehnung einstimmig gefallen sei. „Ich kann Ihnen aber versichern, dass ich die Absichten des Gremiums nicht falsch verstanden habe.“


Fusionswelle in der Pharma-Branche

Analysten erwarten, dass die Aktien beider Unternehmen deutlich fallen werden, wenn die Transaktion nicht zustande kommt. Am Montag verteuerten sich Pfizer-Papiere an der Wall Street allerdings um 1,7 Prozent. Die neue Offerte entspricht einem Aufschlag von 15 Prozent auf das vorherige Angebot von Anfang Mai. Vor Bekanntgabe der Fusionspläne Ende April hatten Astra-Zeneca-Papiere noch weniger als 38 Pfund gekostet.

Nach dem geltenden Übernahmerecht auf der Insel läuft die Offerte am 26. Mai aus. Danach würde es eine sechs Monate lange Abkühlphase geben - und erst danach könnte eine neue Initiative gestartet werden. Astra-Zeneca-Chairman Johansson sagte, davor werde es wohl keine Einigung geben. Und die Wahrscheinlichkeit sei auch gering, dass die Frist verlängert werde.

Aus der britischen Politik kam unterdessen erneut die Forderung nach verbindlichen und langfristigen Zusagen zum Erhalt von Arbeitsplätzen und Forschungseinrichtungen. Astra-Zeneca hatte zuletzt wiederholt betont, auch ohne eine Fusion den Umsatz in den nächsten Jahren deutlich steigern zu können und genüg potenzielle Kassenschlager in der Pipeline zu haben. Pfizer käme eine große Übernahme im Ausland dagegen gelegen, weil der Konzern mehrere zehn Milliarden Dollar in der Kasse hat, die von ausländischen Töchtern verdient wurden. Wenn Pfizer dieses Geld in die USA zurückführt, werden hohe Steuern fällig.

Derzeit rollt eine Fusionswelle durch die Pharma-Branche, weil sich die Firmen wegen Patentabläufen der Konkurrenz durch Nachahmerprodukte stellen müssen und sie sich auch wegen der Kürzungen im staatlichen Gesundheitswesen umorientieren. Novartis hat Spartenkäufe und -verkäufe im Wert von rund 27 Milliarden Dollar angekündigt. Bayer erhielt Anfang Mai den Zuschlag für das Geschäft mit rezeptfreien Mitteln und Gesundheitspräparaten des US-Konzerns Merck & Co für 10,4 Milliarden Dollar. Der letzte Mega-Deal in Deutschland geht auf das Jahr 2006 zurück. Damals schluckte Bayer für 17 Milliarden Euro Schering.


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