Rohstoffriese Glencores „paradiesische“ Geschäfte

Im Rahmen der Enthüllungen der „Paradise Papers“ taucht ein alter Bekannter auf: Glencore. Der größte Rohstoffhändler der Welt sorgte schon in der Vergangenheit für Negativschlagzeilen – und steht nun erneut im Fokus.

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Der schweizer Rohstoffriese soll sich Schürfrechte im Kongo unter Wert gesichert haben – mit Hilfe eines Mittelsmanns unter Korruptionsverdacht. Quelle: Getty Images; Per-Anders Pettersson

Zürich Ob Öl, Kohle, Kupfer oder Zink: Glencore fördert und vertreibt die Stoffe, die aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken sind. Das Unternehmen aus der Schweiz ist der größte Rohstoffhändler der Welt. Glencore sorgte in der Vergangenheit immer wieder für Negativschlagzeilen. Durch die „Paradise Papers“ stehen die Schweizer nun erneut im Scheinwerferlicht. Diesmal geht es um fragwürdige Geschäfte im Kongo.

Der Konzern aus Zug beschäftigt rund 155.000 Mitarbeiter in mehr als 50 Ländern. Im vergangenen Jahr setzte Glencore rund 177 Milliarden US-Dollar um. Die Wurzeln des Unternehmens reichen bis ins Jahr 1974 zurück. Damals gründete der Rohstoffhändler Marc Rich die „Marc Rich + Co AG“ im Schweizer Kanton Zug und legte den Grundstein für ein Rohstoffimperium.

Rich revolutionierte den Rohstoffhandel, weil er das Kartell der großen Ölmultis zerbrach: Käufer und Verkäufer konnten sich am sogenannten „Spotmarkt“ auf den Preis einigen. Doch Rich machte dabei auch glänzende Geschäfte mit Warlords und Unrechtsregimen.

So handelte er mit dem Apartheid-Regime in Südafrika, obwohl es international geächtet wurde. Und trotz des US-Embargos kaufte er das Öl iranischer Mullahs und bot es ausgerechnet dem iranischen Erzrivalen Israel an. Richs Geschäfte brachten ihn 1983 auf die „Most Wanted“-Liste des FBI. Später wurde er von US-Präsident Bill Clinton begnadigt.

Rich starb im Jahr 2013, doch sein Unternehmen hatte er vorher verkauft. Es firmierte fortan als Glencore – und  soll einer der großen Kunden der Kanzlei Appleby gewesen sein. In den Räumen der Kanzlei auf den Bermudas soll es sogar einen „Glencore-Raum“ gegeben haben, in dem Informationen über mehr als 100 Offshore-Firmen von Glencore gelagert wurden.

Aus den „Paradise Papers“ gehen neue Details über umstrittene Deals des Rohstoffriesen im Kongo hervor, die rund zehn Jahre zurückliegen. Eine Firma namens Katanga, die später vollständig von Glencore übernommen wurde, wollte sich damals Zugang zu kongolesischen Minen sichern.

Dafür soll der Kongo bis zu 585 Millionen Dollar verlangt haben. Der israelische Geschäftsmann Dan Gertler, der ebenfalls an Katanga beteiligt war, bekam den Auftrag, den Deal mit den Kongolesen unter Dach und Fach zu bringen. Glencore gewährte einer seiner Firmen ein 45-Millionen-Dollar-Darlehen.

Dass Gertler einen Kredit von den Schweizern bekam, war bereits bekannt. Die „Paradise Papers“ zeigen nun aber, dass der Kredit an die Bedingung geknüpft war, dass Gertler die Zusage der kongolesischen Regierung zur Erteilung einer Konzession erhält. Am Ende kostete der Zugang zu den Minen Katanga nicht 585 Millionen Dollar, sondern nur 140 Millionen Dollar. Aus Sicht des internationalen Netzwerks investigativer Journalisten (ICIJ) zeigt der Fall, wie Glencore einen unter Korruptionsverdacht stehenden Mittelsmann einsetzte, um Schürfrechte unter deren Wert zu erwerben.

Der Rohstoffhändler beteuert in einem Statement, dass bei den Geschäften im Kongo alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Tatsächlich habe der Konzern über eine Tochterfirma auf den Bermudas im Jahr 2009 einen Kredit an die von Gertler kontrollierte Firma ausgegeben. Dabei sei der sogenannte „Fremdvergleichsgrundsatz“ eingehalten worden. Das bedeutet, dass Gertler den Kredit zu den gleichen Konditionen erhalten habe wie andere auch. 2010 sei das Darlehen zurückgezahlt worden. Auch habe der Preis für den Zugang zu den Minen bereits vor Gertlers Mandatierung festgestanden.

Gertler, ein Freund des kongolesischen Präsidenten Joseph Kabila, genießt einen umstrittenen Ruf. Im vergangenen Jahr wurde sein Name mit dem US-Hedgefonds Och-Ziff in Verbindung gebracht.

Der Fonds zahlte 213 Millionen US-Dollar Strafe, weil er Beamte im Kongo und Libyen bestochen hatte, um dort in Minen investieren zu können. Eine tragende Rolle spielte dabei ein nicht genannter Geschäftsmann, bei dem es sich laut Medienberichten um Dan Gertler handeln soll. Gertler hatte die Vorwürfe aber zurückgewiesen.

Glencore zahlte Gertler insgesamt knapp eine Milliarde Dollar, um seinen Anteil von den Katanga-Minen zu übernehmen. Durch die Enthüllungen der „Paradise Papers“ sorgt Glencore nun wieder für Schlagzeilen. Ohnehin haben Kritiker dem Konzern vorgeworfen, auf Kosten von Menschenrechten und Umweltschutz Geld zu verdienen. Glencore hält dagegen und will sein Image mit sozialen Projekten aufpolieren.

Auch die meisten Offshore-Firmen will der Rohstoffriese inzwischen abgewickelt haben. „Glencore hält sich an seine Steuerverpflichtungen nach den Regeln der Länder und Gebiete, in denen wir operieren“, heißt es in einem Statement. Alleine im Jahr 2016 habe man rund vier Milliarden an Steuern und Gebühren entrichtet.

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