Rüstungsdeal Die wichtigsten Fragen zur Fusion von EADS und BAE Systems

Was bringt die Fusion von EADS mit dem britischen Wettbewerber BAE Systems? Antworten auf die zehn drängendsten Fragen.

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Enders Quelle: dpa

Wenn Thomas Enders im Juni nach seiner Wahl zum EADS-Chef noch einen Herzenswunsch hatte, dann diesen: die Fusion seines deutsch-französisch-spanischen Unternehmens mit dem britischen Rüstungsriesen BAE Systems. Denn mit ihrem starken Rüstungs- und Servicegeschäft ergänzt BAE die Schwächen von EADS fast perfekt.

Nach fünfmonatigen Geheimgesprächen kam der Durchbruch zwischen Enders und BAE-Chef Ian King laut Insidern im Juli bei einem Sandwich-Lunch am Londoner City Airport. Wenn sich die Akteure so schnell einigen, wie es das britische Börsenrecht vorschreibt, entsteht am 10. Oktober der mit 72 Milliarden Euro Umsatz und 220 000 Beschäftigten größte Luftfahrtkonzern der Welt, deutlich vor dem alten Erzrivalen Boeing. Dank der Produktpalette vom Jagdflieger bis zu Panzern und Kriegsschiffen stößt der neue Gigant dann Lockheed Martin, die bisherige Nummer eins der Waffenbranche, vom Thron.

Doch was bringt die Fusion, außer der europäischen Version der US-Superwaffe Bazooka, auf Unternehmensebene? Antworten auf die zehn drängendsten Fragen.

Die Kassenschlager der deutschen Rüstungsindustrie
Eurofighter Das international Typhoon genannten Kampfflugzeug ist ein Gemeinschaftsprodukt der deutsch-französischen EADS, der britischen BAE Systems und Alenia aus Italien von EADS. Zu Zeiten des Kalten Kriegs als Jäger 90 erdacht, wollen es die Hauptbestellländer Deutschland, Großbritannien und Italien trotz mehrfacher Erneuerung heute eigentlich nicht mehr abnehmen. Quelle: REUTERS
NH90 Bei der EADS haben den „NATO-Helicopter 90“, wie das Fluggerät mit vollem Namen heißt, 14 Nationen weltweit bestellt. Das Fluggerät ist der der erste Hubschrauber mit einem elektronischen Flugsteuerungssystem wie es in Verkehrsflugzeugen lange üblich ist. Wegen technischen Problemen gibt es jedoch besonders bei den Exemplaren für die Bundeswehr deutliche Verspätungen. Quelle: Pressebild
A400M Der Militärtransporter von Airbus ist mit einem Wert von mehr als 20 Milliarden Euro das bislang größte europäische Gemeinschaftsprojekt der Waffenbranche. Es sollte eigentlich bereits ab Oktober 2009 in den europäischen Luftwaffen die alten Militärfrachter ersetzen. Doch weil sich Airbus bei der Technik überschätzt hat und die Bestellländer nur schwer erfüllbare Vorgaben machten, werden die ersten Exemplare wohl erst 2014 fliegen. Quelle: AP
U 212 und 214 Die U-Boote sind die Vorzeigeprodukte der ThyssenKrupp-Tochter HDW. Dank des Elektroantriebs, der den Strom von einer Brennstoffzelle erhält, sind die Tauchungetüme so leise und damit vom Feind so schlecht auszumachen wie kaum ein anderes U-Boot. Quelle: dpa
G-36 Das Sturmgewehr von Heckler & Koch ist die Standardwaffe der Bundeswehr als Nachfolger des Gewehres G3, das auch Heckler gebaut hat. Das G36 besteht zu einem Teil aus kohlefaserverstärktem Kunststoff mit Einlagen aus rostfreiem Stahl und ist deshalb relativ leicht. Es wird in mehreren Ländern wie Saudi-Arabien in Lizenz produziert. Auch darum taucht es trotz des strengen Exportverbots immer wieder in Krisengebieten wie dem Kaukasus oder in Libyen auf. Quelle: dpa/dpaweb
Leopard 2 – neueste Ausführung A7+. Den Kampfpanzer hat Krauss-Maffei Wegman entwickelt und gebaut mit Zulieferungen unter anderem von Rheinmetall. Das Fahrzeug hat KMW für die neuen Aufgaben der Bundeswehr entwickelt. Aber von dem Panzer möchte auch Saudi-Arabien angeblich bis zu 800 Stück bestellen. Der Leopard ist besonders gut geschützt, hat Schnittstelle zum Anbringen von Anbaugeräten, z.B. eines  Minenpflugs oder Räumschildes, ist für die Wüste klimatisiert und eine besonders gute Optronik für eine gute Sicht bei Nacht und in die Ferne. Die gut 3000 Leos, wie ihn die Branche nennt, sind bei 16 Ländern im Einsatz, darunter neben europäischen Staaten auch Chile, Kanada und Singapur. Quelle: dpa
Dingo 2Der wahrscheinlich sicherste Geländewagen der Welt schützt nicht nur weitgehend vor Bomben, Granaten sowie biologische und chemische Kampfstoffe. Die gut 800 bisher produzierten Dingos können nicht nur als Truppentransporter dienen, sondern auch zum Gefechtsstand, Krankenwagen oder als Aufklärungsfahrzeug umgebaut werden. Quelle: dpa

Kann der Deal noch scheitern?

Rein formell müssen die Verwaltungsräte der beiden Unternehmen ebenso noch zustimmen wie die Regierungen der vier Heimatländer Deutschland, Frankreich, Spanien und Großbritannien. Dabei haben dem Vernehmen nach auch die wichtigsten Auftraggeber USA, Australien und Saudi-Arabien mitzureden. Doch weil die Unternehmen seit der Einigung im Juli bei den Regierungen und den bisherigen Großaktionären sondiert haben, rechnen Branchenkreise mit wenig Widerstand.

Ganz anders die freien Aktionäre. Sie halten bei EADS neben Daimler, dem französischen Verleger Lagardère sowie dem Staat gut die Hälfte der Anteile und die Minderheit der Stimmrechte. BAE hat keine Großaktionäre. Am Tag nachdem Enders und King den Deal bekanntgegeben haben, sackten die Aktienkurse beider Unternehmen deutlich ab. Die Fondsgesellschaft Invesvco, mit 13 Prozent der größte Aktionär von BAE, hat bereits erklärt, sie wolle erst die Details sehen.

Diagramm: Schuss vor den Bug Quelle: Unternehmensangaben

Wie viel Kosten spart die Ehe?

Das Geschäft der Unternehmen überlappt sich so gut wie nicht. Deshalb bringt die Vereinigung nur wenig Synergien. Doch der gemeinsame Einkauf, gemeinsame Ausschreibungen und eine abgestimmte Forschung sollen mindestens 800 Millionen Euro pro Jahr an Kosten einsparen.

Wie funktioniert die Fusion?

Auch wenn der Unternehmensname und die Führung noch nicht feststehen, die wichtigsten Details sind klar. Technisch gesprochen ist die Fusion ein sogenannter Reverse Takeover, bei dem die kleinere BAE die größere EADS schluckt. BAE-Systems-Aktionäre werden später 40 Prozent an dem neuen Konzern halten, die EADS-Eigentümer 60 Prozent.

Geplant ist, dass beide Unternehmen nach dem Muster des Unilever-Konzerns unter dem Dach einer Holding als separate Einheiten weiter bestehen und ihre getrennten Börsennotierungen in London, Paris und Frankfurt behalten. Dabei wird wohl Enders Konzernchef, und ein Brite könnte den Verwaltungsrat leiten. Die Zivilsparte dürfte von Toulouse aus gelenkt werden und die Rüstungssparte aus London. Das ist üblich bei transnationalen Gesellschaften in Europa wie bei EADS selbst oder auch Unilever und Shell.

Etwas komplizierter wird die Ehe unterhalb der Leitungsebene. Denn alle Länder bestehen darauf, ihr geheimes Rüstungsgeschäft über ein Führungsgremium ohne Ausländer zu kontrollieren. Doch auch das gibt es bereits. So bleibt EADS-Chef Enders bei den geheimen französischen Militärprojekten wie den Atomraketen außen vor. Und das US-Geschäft von BAE leitet ein sogenanntes Proxy Board, in dem nur Amerikaner sitzen dürfen – ohne BAE-Chef King. Weil die Amerikaner jedoch den Briten mehr trauen als Deutschen und Franzosen, könnten Zentrifugalkräfte auftreten.

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  • Die wichtigsten Fragen zur Fusion von EADS und BAE Systems
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