Wie sichern Deutschland und Frankreich ihren Einfluss?
Bei der EADS machten Deutschland und Frankreich ihre Interessen bisher über ihre Rolle als Aktionäre geltend; Frankreich hält neben Lagardère (7,5 Prozent) unmittelbar 15 Prozent, in Deutschland hält der Stuttgarter Autokonzern Daimler als Berlins Statthalter 22,5 Prozent. Das hat die EADS-Führung auf die Palme gebracht, weil sich regelmäßig Politiker in die Unternehmensführung eingemischt haben. Künftig sollen die Heimatländer eine Art Goldene Aktie erhalten, die ihnen ein Mitspracherecht sichert in besonders wichtigen Fragen wie Zukäufen oder neuen Großaktionären.
Eine Fusion mit BAE würde praktisch auf einen Schuss fast alle wesentlichen Herausforderungen von EADS lösen. Konzernchef Enders wäre die ungeliebte Einmischung der Politiker los. Dazu wäre das neue Unternehmen deutlich internationaler und hinge weniger von der europäischen oder der US-Konjunktur ab. Durch das große Rüstungsgeschäft der Briten wird auch die im internationalen Vergleich relativ kleine EADS-Rüstungssparte konkurrenzfähig.
Gleichzeitig wird das Gemeinschaftsunternehmen der erste echte Komplettanbieter der Waffenbranche. Neben den bisherigen Gemeinschaftsprojekten wie dem Kampfjet Eurofighter und den MBDA-Lenkwaffen hätte EADS/BAE dann auch High-Tech-Waffen wie unbemannte Flugkörper im Programm. Hinzu kämen ein Anteil am künftigen US-Kampfflieger Joint-Strike Fighter sowie klassisches Tötungsgerät wie Panzer oder Kriegsschiffe.
Was bringt der Abschluss BAE?
Die Briten können mit Wachstum rechnen. Zwar ist BAE derzeit finanziell gesünder und profitabler als EADS. Doch weil die Briten fast ausschließlich im Rüstungssektor tätig sind, beginnt das Geschäft zu schrumpfen. Dank EADS kann BAE Waffen nun auch in Wachstumsmärkten wie den Arabischen Emiraten oder Teilen Asiens anbieten, wo sich das Unternehmen bisher wegen der britischen Nähe zu den USA schwerer tat als Frankreich oder Deutschland. Ebenso profitiert BAE wieder vom derzeit deutlich wachstumsstärkeren Zivilgeschäft von Airbus, an dem die Briten bis 2006 beteiligt waren.
Was bringt der Deal dem deutschen Großaktionär Daimler?
Die Schwaben werden erleichtert sein von dem eleganten Abgang ihrer zunehmend unerwünschten Tochter. Zwar schätzte der Autokonzern die Dividenden und die Kursgewinne. Doch die häufigen Pannen bei Projekten wie dem Superjumbo A380 bescherten den Stuttgartern regelmäßig Abschläge in der Bewertung ihrer eigenen Aktie. Auch braucht Daimler Geld für Investitionen in die Elektromobilität. Der Konzern vom Neckar konnte bisher nicht aussteigen, da er keinen Nachfolger als Statthalter deutscher Interessen bei EADS fand.
Was passiert mit EADS-Betrieben und -Jobs in Deutschland?
Für die Beschäftigten im europäischen Airbus-Zivilgeschäft bringt die Fusion wahrscheinlich keine Veränderung. Die Betriebe der EADS-Rüstungssparte könnten dagegen darunter leiden, dass BAE den Bereich künftig von London aus steuert und wegen wachsender Aufträge aus Übersee auch die Fertigung in andere Länder verlagern muss. Auch für einen Teil der Zulieferer könnte es enger werden, weil der neue Gigant künftig mehr außerhalb Europas einkauft und höhere Rabatte verlangt.
Ist der neue Gigant steuerbar?
Grundsätzlich ja, auch wenn mit Deutschland, Frankreich, Spanien und Großbritannien vier Nationen im Hintergrund mitmischen. Doch gerade die Erfahrung EADS zeigt auch: Bis aus einer solchen Konstruktion ein Unternehmen ohne nationale Gegensätze wird, kann es zehn Jahre und mehr dauern. Bis dahin können interne Machtkämpfe oder Reibungsverluste den Betrieb hemmen – und im Extremfall wie bei DaimlerChrysler scheitern lassen.
Profitieren die Aktionäre?
Wie der aktuelle Kursverlust beider Aktien zeigt, herrscht Unsicherheit. Am Ende werden zumindest Daimler und Lagardère ihre Anteile von zusammen immerhin rund 18 Prozent der künftigen EADS/BAE-Aktie möglichst rasch auf den Markt werfen wollen. Dies würde auch nach einer erfolgreichen Fusion noch eine Weile auf den Kurs drücken. Doch das dürfte sich geben, weil die Luftfahrt sowie das Geschäft mit Rüstung und Sicherheit langfristig wachsen.