RWE bricht Gewinn weg Dem Energieriesen geht die Kraft aus

RWE-Chef Peter Terium arbeitet mit Hochdruck an der Aufspaltung des Energiekonzerns. Die Bilanz 2015 zeigt, wie sehr die Zeit drängt. In der Stromproduktion brechen die Gewinne weg.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
45 Prozent weniger Gewinn in der konventionellen Stromproduktion. Quelle: Reuters

Düsseldorf/Essen Jahrelang hat RWE gezögert, jetzt muss alles ganz schnell gehen. Anfang Dezember gab Konzernchef Peter Terium die spektakuläre Aufspaltung des Energiekonzerns bekannt. Zum 1. April soll die neue Tochter, die erneuerbare Energien, Netze und Vertrieb bündelt, formal an den Start gehen. Für Ende des Jahres ist der Börsengang geplant.

Die Bilanz für 2015, die Terium am Dienstag präsentiert, zeigt, dass der Konzern auch keine Zeit zu verlieren hat. In der konventionellen Stromproduktion, also den Gas-, Kohle- und Atomkraftwerken brechen die Gewinne weg. 2015 sank das Vertriebsergebnis in der Sparte um weitere 45 Prozent auf 540 Millionen Euro. RWE musste gut zwei Milliarden Euro auf die Kraftwerke abschrieben. Hinzu kommen Probleme im britischen Geschäft.

Die Tochter N-Power fuhr einen Betriebsverlust von 137 Millionen Euro. Das mit Kundenschwund und Abrechnungsproblemen kämpfende Unternehmen werde auch 2016 noch für Belastungen sorgen. Es solle umfassend restrukturiert werden, teilte RWE am Dienstag mit.

RWE bekräftigte, dass der Versorger im laufenden Jahr einen weiteren Gewinnrückgang erwarte. „Unsere Ergebnisprognose zeigt, dass die Talsohle noch nicht durchschritten ist“, sagte Vorstandschef Terium. Es sei noch kein Silberstreif am Horizont erkennbar, so Terium. Das betriebliche Ergebnis werde 2016 auf 2,8 bis 3,1 Milliarden Euro nach 3,8 Milliarden Euro 2015 fallen. Vorbörslich lagen die RWE-Aktien 2,6 Prozent im Minus.

RWE hatte schon vor drei Wochen den Markt mit ersten Zahlen zur Jahresbilanz überrascht. Der Konzern teilte mit, dass er den Wert der Kraftwerke um weitere 2,1 Milliarden Euro abwerten müsse. Dadurch rutschte der Energiekonzern in die roten Zahlen und verbuchte einen Nettoverlust von 170 Millionen Euro nach einem Gewinn von 1,7 Milliarden Euro 2014. Deutschlands größter Stromproduzent leidet unter dem Boom der erneuerbaren Energien, die die großen Kohle- und Gaskraftwerke zunehmend aus dem Markt drängen.

Aktuell kostet eine Megawattstunde Strom im Terminhandel der Leipziger Energiebörse EEX kaum mehr als 20 Euro. Das ist mehr als 30 Euro weniger als noch vor drei Jahre und weit unter den Preisen, bei denen sich Gas-, Steinkohle- und zunehmend auch Braunkohle- und Atomkraftwerke rentieren. Weil die Strompreise auch für 2018 und 2019 nicht höher gehandelt werden, ist auch keine Besserung in Sicht. Im Gegenteil: RWE ist ein Sanierungsfall.


Terium immer für Überraschungen gut

Das Management griff deswegen zu einer drastischen Maßnahme. Es kündigte vor drei Wochen auch an, erstmals seit fast 60 Jahren die Dividende für Stammaktionäre ausfallen zu lassen. Vorzugsaktionäre erhalten lediglich 13 Cent je Anteilsschein.

Das hat vor allem die kommunalen Aktionäre, die rund 24 Prozent der Anteile halten, gegen Terium aufgebracht. Die Kämmerer der klammen Kommunen an Rhein und Ruhr müssen – verglichen mit dem Vorjahr – mit 150 Millionen Euro weniger auskommen und wissen kaum, wie sie die Löcher in den Bilanzen stopfen können. Am vergangenen Donnerstag setzte Terium im Aufsichtsrat die Dividendenkürzung aber durch. Letztlich fügten sich sogar die vier Vertreter der kommunalen Aktionäre und stimmten zu.

Weitere Einschnitte sollen außerdem die Kosten bei RWE senken. Vor allem in den klassischen Großkraftwerken und im britischen Vertriebsgeschäft soll es weitere Einsparungen geben, wie das Unternehmen am Dienstag mitteilte. Geplant ist, bis 2018 die Kosten um weitere 500 Millionen Euro zu drücken. Bislang wollte RWE 2 Milliarden Euro einsparen.

Terium präsentiert, wenn alles wie geplant verläuft, zum letzten Mal die Bilanz des Energiekonzern. Bis Ende des Jahres will er das Geschäft mit der Energiewende in einer neuen Gesellschaft an der Börse platziert haben – und sich selbst um die Entwicklung neuer Wachstumsgeschäfte kümmern. Terium will bis zum Börsengang beide Unternehmen in Personalunion führen und dann den Vorstandsvorsitz der RWE AG an seinen bisherigen Vizechef Rolf Martin Schmitz abgegeben. Der muss sich um die Sanierung der notleidenden Großkraftwerke kümmern und die Atomkraftwerke abwickeln.

Terium hatte Ende vergangenen Jahres die Öffentlichkeit mit dem radikalen Strategiewechsel überrascht. Wie Konkurrent Eon trennt er das notleidende Geschäft mit den Großkraftwerken vom Geschäft mit der Energiewende. Während Eon-Chef Johannes Teyssen aber die Kraftwerke in die neue Gesellschaft Uniper abgespaltet hat, will RWE das Wachstumsgeschäft mit Netzen, Vertrieb und erneuerbaren Energien zum ersten April in einer neuen Gesellschaft ausgliedern.

RWE will das Unternehmen als Finanzbeteiligung führen und Ende des Jahres zunächst zehn Prozent an der Börse platzieren. Durch die Trennung will Terium Anlegern ein attraktives Investment bieten, um Geld für Investitionen in neue Wachstumsbereiche einzusammeln.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%