Salzabwässer Hessische Landesregierung knöpft sich K+S vor

Der Dax-Konzern K+S soll künftig kein Salzwasser mehr in die Werra einleiten. Das will die neue Landesregierung in Hessen durchsetzen. Das Unternehmen hat aber Zweifel – Analysten geben ihm recht.

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Im Kaliwerk Werra wird das abgesprengte Rohsalz abgeladen. An dieser Förderstätte entsteht Salzabwasser, das entsorgt werden muss. Quelle: dpa

Wiesbaden/Frankfurt Die neue hessische Landesregierung setzt den Düngemittelkonzern K+S unter Druck. Das Unternehmen, das seit Jahren salzige Abwässer in den Untergrund pumpt und in den Fluss Werra einleitet, müsse diese Praxis stoppen, heißt es im Koalitionsvertrag, den CDU und Grüne am Mittwoch in Wiesbaden vorstellten. „Die Koalition verfolgt das Ziel, die Belastung des Grundwassers und des Oberflächenwassers im Naturraum Werra-Weser durch Salzabwässer dauerhaft zu beenden.” Die Landesregierung legt dem Dax -Konzern deshalb nahe, eine Pipeline zu bauen, mit der das Salzwasser direkt in die Oberweser oder in die Nordsee gepumpt werden könnte.

K+S prüft seit einiger Zeit den Bau einer solchen Pipeline, die Schätzungen zufolge rund 600 Millionen Euro kosten könnte. Der Konzern hat bereits diverse Genehmigungsverfahren angestoßen. Das Unternehmen aus Kassel hat jedoch noch nicht entschieden, ob es die Pipeline auch tatsächlich bauen will. K+S-Chef Norbert Steiner äußerte am Mittwoch Zweifel, ob die Versenkung oder Einleitung von Salzwasser in den Werra in naher Zukunft gestoppt werden kann. „Ob bereits in wenigen Jahren auf die derzeit bestehenden Entsorgungspfade vollständig verzichtet werden kann, ist aus Sicht des Unternehmens eher unwahrscheinlich.”

Positiv wertet Steiner, dass sich die Landesregierung für die „Sicherung der Zukunftsfähigkeit des Kali-Standortes in Nordhessen und der vielen tausend Arbeitsplätze” einsetzen will, wie es im Koalitionsvertrag heißt. Positiv sieht das Unternehmen zudem, dass sich die Politik bisher nicht auf konkrete Maßnahmen festgelegt hat und dass sie die die bestehenden Genehmigungen nicht antasten will. Demnach darf das Unternehmen noch mindestens bis Ende November 2015 Abwässer in den Boden pumpen und bis Ende 2020 in die Werra einleiten.


„Wasch mir den Pelz, aber mach' mich nicht nass”

Die meisten Experten haben Zweifel, dass sich ein schneller Einleitungsstopp und der Erhalt der Arbeitsplätze vereinbaren lassen. „Das erinnert mich an das Sprichwort: 'Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass”, sagte ein Analyst. „Die Ankündigung ist symbolischer Natur, wird sich am Ende aber nicht umsetzen lassen”, glaubt auch ein anderer Experte. Er verweist darauf, dass sich Niedersachsen bisher gegen den Bau einer Pipeline über sein Gebiet ausgesprochen hat.

Hessen will diese Hürde nun aber aus dem Weg räumen. „Die Hessische Landesregierung wird in Verhandlungen mit den Anrainerländern alles tun, um die Voraussetzungen für eine zügige umweltgerechte Entsorgung der Salzabwässer zu schaffen”, heißt es im Koalitionsvertrag. Dazu zähle unter anderem der Bau einer Pipeline an die Oberweser oder an die Nordsee.

K+S könne die Belastungen für den Bau einer Pipeline über mehrere Jahre hinweg durchaus stemmen, sagte ein Analyst. Es sei jedoch fraglich, ob das Projekt für K+S in einigen Jahren noch Sinn mache, schließlich werden die Vorkommen in den meisten Kali-Minen von K+S in drei bis vier Jahrzehnten erschöpft sein. Auch ein anderer Analyst glaubt nicht, dass K+S die Pipeline bauen wird - selbst, wenn alle Genehmigungen vorliegen sollten. „K+S könnte seine Werke in Hessen im Notfall aufgeben und sich auf seine Minen in Sachsen-Anhalt und Kanada beschränken.”

Das zuständige Regierungspräsidium Kassel hat K+S im Rahmen einer Interessenabwägung bisher stets erlaubt, salzige Abwässer zu versenken und in die Werra einzuleiten. Das Unternehmen aus Kassel beschäftigt in seinem Werk Werra mehr als 4300 Menschen, weitere 3000 Arbeitsplätze in der strukturschwachen Region hängen nach K+S-Angaben von dem Standort ab. „Ich glaube nicht, dass Hessen auf einen großen Arbeitgeber und Steuerzahler in der Region verzichten will”, sagte ein Analyst.

K+S verweist zudem darauf, dass der Konzern die Menge des Salzwassers durch Umstellungen bei der Produktion und neue Verfahren in den vergangenen Jahren bereits deutlich gesenkt hat. Für diese Maßnahmen hat das Unternehmen in den vergangenen Jahren mehrere hundert Millionen Euro in die Hand genommen.

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