Senvion Windradbauer gerät ins Trudeln

Prognose verfehlt, Aussichten mau: Der Windradbauer Senvion steigerte 2016 zwar seinen Umsatz, aber Gewinne gibt es wohl erst 2019. Damit die Konkurrenz nicht völlig enteilt, streichen die Hamburger nun Hunderte Stellen.

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Der Hamburger Windkraftkonzern Senvion baut 660 Stellen weltweit ab und schließt drei Werke in Deutschland. Quelle: dpa

Düsseldorf Jürgen Geißinger kämpft weiter mit Gegenwind. Jetzt stellt der Chef des Hamburger Windanlagenherstellers Senvion seine Aktionäre sogar auf eine mehrjährige Flaute ein. Denn erst nach einer „Konsolidierungsphase“ werde Senvion im Jahr 2019 „wieder zu einem profitablen, kaptaleffizienten und internationalen Wachstum zurückkehren“, teilte Geißinger am Donnerstag mit. Im Klartext heißt das: Senvion wird voraussichtlich auch dieses und nächstes Jahr Verluste schreiben. Dabei lief schon das Geschäftsjahr 2016 alles andere als glatt.

Senvion verbrannte im Vorjahr im Tagesgeschäft gut 25 Millionen Euro, unter dem Strich steht ein Minus von 65 Millionen Euro. Die selbst gesteckten Jahresziele verfehlten die Hamburger knapp. Statt eines Umsatzes von zumindest 2,25 Milliarden Euro erwirtschaftete Senvion nur Erlöse im Umfang von 2,21 Milliarden Euro. Die Marge vor Zinsen, Steuer und Abschreibungen (Ebitda) lag mit 9,3 Prozent ebenfalls unter der avisierten Zielmarke von 9,5 Prozent. „Senvion konnte vom Wachstum im Windenergiemarkt kaum profitieren“, sagte Arash Roshan Zamir, Analyst bei Warburg Research, dem Handelsblatt.

Schlimmer noch: 2016 war gerade mit Blick auf den Auftragseingang ein „schwaches Jahr“ für Senvion, erklärt Roshan Zamir. Weil der Auftragseingang von heute aber der Umsatz von morgen ist, droht Senvion dieses Jahr ein Erlösschwund. Konkret rechnen die Hamburger 2017 lediglich mit einem Umsatz zwischen 2,0 und 2,1 Milliarden Euro. Parallel dazu dürfte die Ebitda-Marge auf 8,5 Prozent absacken. Dieses Margenziel sei „enttäuschend“, sagt Roshan Zamir. Zum Vergleich: Der dänische Branchenprimus Vestas erzielte 2016 eine Ebitda-Marge von fast 18 Prozent.

Gerade kleinere Hersteller wie Senvion bekommen aber den zunehmenden Preisdruck in der Windenergie-Industrie immer stärker zu spüren. Die einstig üppigen Fördergelder werden weltweit gekappt. Geißinger sieht 2017 nun als Übergangsjahr, indem er die Grundlage für neues Wachstum schaffen will. „Die Expansion in neue Märkte gewinnt an Dynamik und unsere neuesten Turbinen finden bereits großen Anklang auf dem Markt“, zeigt sich der Senvion-Chef hoffnungsfroh.

Sein Ziel: Er will die Stromgestehungskosten – also all jene Kosten, die bei der Umwandlung von Windenergie in Elektrizität entstehen – um jährlich vier bis sechs Prozent senken. „Gleichzeitig werden wir daran arbeiten, unsere Effizienz in der Organisation zu verbessern“, sagt Geißinger.

Konkret streicht Senvion 660 der weltweit etwa 4.660 Stellen. Zudem werden drei Betriebsstätten in Norddeutschland geschlossen. Das Rotorblattwerk in Bremerhaven sowie die beiden Fabriken in Husum (Schleswig-Holstein) und  Trampe (Brandenburg) werden dichtgemacht.

Geißinger will die Produktion von Turbinen, Gondeln und Rotorblättern für Windräder an drei Standorten bündeln: in Deutschland (Bremerhaven), Portugal und in Indien. Unter dem Namen „Move Forward“ treibt der ehemalige Chef des Autozulieferers Schaeffler ein Effizienzprogramm voran. In den nächsten 18 Monaten will Senvion vier neue Anlagen auf den Markt bringen.

Nicht zuletzt durch diese neuen Produkte will Geißinger den Umsatz von Senvion im Jahr 2019 auf mehr als 2,6 Milliarden Euro in die Höhe treiben. Analyst Roshan Zamir ist allerdings skeptisch, ob dem gebürtigen Schwaben dieses Vorhaben tatsächlich gelingen wird. „Das ist größtenteils noch Zukunftsmusik, da die Prognose kaum mit festen Aufträgen unterfüttert ist“, erklärt Roshan Zamir. Das Beispiel des Senvion-Konkurrenten Nordex habe gezeigt, dass die Ziele wegen des starken Preisdrucks im Markt schwer einzuhalten sind.

Nordex hatte kürzlich seine Mittelfristprognose drastisch angepasst. Statt bis zu 4,5 Milliarden Euro dürfte das Unternehmen, das Windturbinen und Rotorblätter fertigt, 2018 wohl maximal 3,6 Milliarden Euro erwirtschaften.

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