Serie Zukunft der Industrie Die Jagd nach der Milliardenidee

Seite 2/5

Wachsende Inkubatorenschwemme

Welche Unternehmen in Europa am meisten forschen
Platz 10 - EADS - 3,63 Milliarden Euro Forschungsausgaben im Jahr 2012Der europäische Rüstungsriese soll bald den Namen seiner zivilen Luftfahrttochter Airbus annehmen. In Sachen Forschung und Entwicklung ist das Unternehmen vorne mit dabei. Die treibstoffsparende Airbus A350 XWB Ende 2014 auf den Markt kommen und zum Verkaufsschlager werden.Quelle: EU-Kommission Quelle: dpa
Platz 9 - Ericsson - 3,86 Milliarden Euro ForschungsausgabenDie Handyproduktion liegt mittlerweile komplett in der Hand von Sony, doch als Netzwerkausrüster ist der schwedische Konzern noch aktiv. Ericsson-Chef Hans Vestberg investiert dafür massiv in die Zukunft. Quelle: dpa
Platz 8 - BMW - 3,95 Milliarden Euro ForschungsausgabenDer deutsche Premiumautohersteller hat massiv in die Entwicklung des Elektroautos i3 investiert und will die Submarke um weitere Modelle erweitern. Die Forschungsausgaben sind damit europaweit in der Spitzengruppe. Quelle: REUTERS
Platz 7 - Nokia - 4,17 Milliarden Euro ForschungsausgabenDen Trend zum Smartphone haben die Finnen verschlafen. Mit massiven Investitionen in der Entwicklungsabteilung will Nokia-Chef Stephen Elop die Nutzer zurückgewinnen. Quelle: REUTERS
Platz 6 - GlaxoSmithKline - 4,23 Milliarden Euro ForschungsausgabenIn der Londoner Zentrale des Pharmariesen, zu dem auch Corega und Odol gehört wird kräftig geforscht. Nur ein Pharmakonzern in Europa gibt mehr Geld für die Entwicklung aus. Quelle: REUTERS
Platz 5 - Siemens - 4,57 Milliarden Euro ForschungsausgabenDer neue Chef Joe Kaeser will den Industrieriesen aus München wieder zurück auf die Erfolgsspur führen - und verfügt dafür über einen der größten Forschungsetats Europas. Quelle: dpa
Platz 4 - Sanofi - 4,91 Milliarden Euro ForschungsausgabenDer forschungsstärkste Pharmakonzern Europas kommt aus Frankreich und ist seinen Beinamen Aventis mittlerweile wieder los. Weltweit beschäftigt das Unternehmen über 100.000 Mitarbeiter. Quelle: dpa

Vorbild für die etablierten Konzerne ist die Firma Rocket Internet in der Berliner Johannisstraße, die sich als „größten Inkubator der Welt“ bezeichnet. 2007 von den drei deutschen Brüdern Oliver, Marc und Alexander Samwer gegründet, spuckt die Start-up-Fabrik fast monatlich neue Firmen aus, vielfach Kopien amerikanischer Start-ups. Bisher berühmtestes Unternehmen ist der Online-Händler Zalando.

Der Erfolg von Rocket Internet hat inzwischen eine wahre „Inkubatorenschwemme“ entstehen lassen, über die in der Branche kritisch diskutiert wird. Vor allem in der Großindustrie ist ein regelrechter Wettlauf um aussichtsreiche Start-ups ausgebrochen.

Inkubator im ehemaligen Fernamt

Als zum Beispiel der Firmengründer Korbinian Weisser in einem Branchenportal seine Smartphone-App Qlearning vorstellte, die Studenten Lernmaterialien bietet, hatte er wenige Stunden später eine Mail von der Deutschen Telekom im Postfach. Wenn er Geld brauche, sollte man sich doch mal treffen.

Heute arbeitet Weisser mit seinem Team im Hub:raum. So heißt der Inkubator, den die Telekom in Berlin im früheren Fernamt 1, der einst größten Telefon-Vermittlungsstelle Europas, eingerichtet hat.

Investitionen in IT-Startups nach Bundesländern Quelle: BITKOM

Main Inkubator nennt dagegen die Commerzbank ihr Start-up-Treibhaus in Frankfurt. Im vergangenen Monat traf sich erstmals ein Investmentkomitee, um die Kandidaten zu sichten. Die ersten Start-ups sollen in der zweiten Jahreshälfte in das rote Backsteingebäude einziehen.

„Wir suchen Milliardenunternehmen“, sagt Marius Sewing, Leiter des Microsoft Ventures Accelerators. Auch der US-Softwareriese hat im November die Jagd auf deutsche Gründer eröffnet. Dazu hat er in seiner neuen Hauptstadtrepräsentanz Unter den Linden ein Accelerator-Programm gestartet – und bietet den Rauchern unter den Gründern einen Balkon mit spektakulärem Blick vom Brandenburger Tor bis zum Alexanderplatz.

Die ersten neun Teams haben gerade erfolgreich einen Crashkurs bei Microsoft beendet, Microsoft-Deutschland-Vorstand Peter Jaeger wettet gar, dass schon eines dieser Start-ups zum Milliardenunternehmen wird.

Unklare Chancen

Doch wie groß sind die Chancen der Großunternehmen wirklich, mihilfe von Start-ups das ganz große Ding zu finden? Wenn die Konzerne ihren Erfolg an Internet-Firmen wie Twitter messen, werden viele ihrer Versuche „tränenreich“ enden, prophezeit Ciaran O’Leary, Partner beim Risikokapitalgeber Earlybird. Er kritisiert den „Tsunami“ an Start-up-Programmen und warnt, besonders gute Gründerteams würden oft nicht direkt bei einem Konzern andocken wollen.

„So einfach wie das Auflegen ist es, die Programme wieder dichtzumachen, wenn ein Vorstand oder die Strategie wechselt“, sagt O’Leary. So hat Bertelsmann gerade sein 2012 gegründetes „Innovation Lab“ Bevation stillgelegt. Von den sieben Unternehmen sind zwei schon wieder vom Netz.

Wie schwer die Firmengründung am Fließband sein kann, zeigt auch der Inkubator Epic Companies. Den hatte der TV-Konzern ProSiebenSat1 vor einem Jahr in Berlin gegründet und den Ex-Rocket-Manager Mato Peric als Leiter und Partner gewonnen. Mit zwei weiteren Ex-Rocket-Managern sollte Peric jedes Jahr mindestens fünf Start-ups aufbauen.

Doch damit ist erst einmal Schluss. Der Großteil der Epic-Mitarbeiter soll sich auf ihre sieben bestehenden Start-ups konzentrieren. Von den kürzlich noch 250 Mitarbeitern werden derzeit laut Epic nur noch 200 weiter beschäftigt. Im März hatte Peric noch drei Neugründungen angekündigt, nun soll in diesem Jahr lediglich ein weiteres Start-up hinzukommen.

Wichtiger Spieler

Dabei ist ProSiebenSat1 durchaus erfolgreich und zu einem der wichtigsten deutschen Player im Online-Geschäft aufgestiegen. Der Umsatz der Sparte stieg von 335 auf 484 Millionen Euro und macht fast ein Fünftel des Gesamtumsatzes aus.

Um unabhängiger vom Werbegeschäft zu werden, setzt die Gruppe auf Werbung: ProSiebenSat1 erhält Anteile an den Jungunternehmen oder deren Umsatz und gewährt ihnen im Gegenzug Werbeplätze. „Das ist unser Zaubertrank“, sagt ProSiebenSat1-Digitalchef Christian Wegner. Die Start-ups macht er damit in Kürze bei einem Millionenpublikum bekannt.

Mit 48 Start-ups hat ProSiebenSat1 inzwischen solche Deals, darunter bekannte Namen wie Zalando oder der Brillen-Online-Händler Mister Spex. Im Rahmen des 2013 gestarteten Accelerator-Programms hat sich die Gruppe noch an 20 weiteren Start-ups je fünf Prozent gesichert.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%