Solar-Sparte vor dem Aus Bosch-Solar-Mitarbeiter müssen um Jobs bangen

Für die Mitarbeiter von Bosch Solar ist das Aus ein Schock. Der Konzern will nach „verträglichen Lösungen“ für seine Beschäftigten suchen – doch die Arbeitnehmervertreter wollen mehr.

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Die defizitäre Bosch-Solar-Sparte soll geschlossen werden. Für die Mitarbeiter ist das ein Schock. Quelle: dpa

Arnstadt/Stuttgart Es ist für viele der Arbeiter, Techniker und Ingenieure bei Bosch Solar in Arnstadt wie ein Beben, das ihnen den Boden unter den Füßen wegreißt: Das große, erst vor weniger als drei Jahren eröffnete Werk mit Solaranlagen auf Dächern und an Fassaden wird Anfang 2014 dichtgemacht. Die Hiobsbotschaft kommt aus Stuttgart: Der Technikkonzern Bosch zieht die Reißleine und beendet seinen verlustreichen Ausflug in die Solartechnik.

Das Drama der Sonnensparte, die mit der Bosch Solar Energy AG ihren Hauptsitz vor den Toren der Thüringer Kleinstadt hat, haben die Beschäftigten seit Monaten durchlitten – sie wurden unfreiwillig zu Mitarbeitern einer Sorgensparte, die Milliardenbeträge verbrennt.

Den ganzen Tag schwirrten am Freitag Gerüchte durch die Fertigungshallen in Arnstadt. Und dann kam es schlimmer, als viele befürchtet hatten. Die Fertigung von Solarsilizium, Zellen und Modulen – dafür steht Arnstadt – wird Anfang nächsten Jahres eingestellt – es sei denn, Teile lassen sich verkaufen. Auch mit Forschung und Entwicklung soll Schluss sein. Insgesamt sind 3000 Beschäftigte, auch in Werken in Frankreich und Brandenburg, von Arbeitslosigkeit bedroht. Ein Novum in der jüngeren Bosch-Geschichte.

„Es ist eine sehr angespannte Situation für uns“, sagt Betriebsratschef Andy Poplawski von Bosch Solar in Arnstadt. Für 15.00 Uhr hatte die Geschäftsleitung die Belegschaft eingeladen. Stefan Hartung, Aufsichtsratsvorsitzender von Bosch Solar und Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH, musste den verdatterten Mitarbeitern die dramatische Entscheidung verkünden. Natürlich würde versucht, Betriebsteile zu verkaufen, Mitarbeitern an anderen Standorten eine Zukunft zu bieten und Geschäft anzusiedeln. Aber es gebe „nicht all zu viel Hoffnung“, dass sich ein Käufer finde.

Wenig tröstlich war für viele in dieser Situation die Erklärung von Bosch-Chef Volkmar Denner in Stuttgart. „Uns ist bewusst, dass den Mitarbeitern eine schwierige Zeit bevorsteht. Wir werden gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern nach möglichst verträglichen Lösungen suchen.“ Denner verteidigte den beschlossenen Ausstieg: „Derartig große Verluste sind auch für Bosch nicht tragbar.“ Grund ist ein Preisverfall von bis zu 40 Prozent.

Betriebsrat Poplawski will zusammen mit der Belegschaft um den Standort in Thüringen kämpfen. „Das Werk ist neu, die Infrastruktur gut, die Mitarbeiter sind motiviert, flexible Arbeitszeitmodelle möglich. Es passt hier alles“, sagt der Arbeitnehmervertreter. Bosch müsse eine andere Produktion in dem neuen Werk aufziehen. „Die Tore werden hier nicht geschlossen“, forderte der Arbeitnehmervertreter.

In Thüringens größtem Gewerbegebiet bei Arnstadt hatte der Stuttgarter Technologieriese seit 2009 mehr als eine halbe Milliarde Euro ausgegeben und neben Fabriken für Solarzellen und -Module auch ein Forschungs- und ein Ausbildungszentrum aus dem Boden gestampft. Die komplette Inbetriebnahme der Anlagen ist noch nicht lange her – es war Sommer 2011.

Aus dem damaligen Jubel über eine neue Konzernzentrale in Ostdeutschland ist nun Enttäuschung geworden - auch in der Politik. Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) verlangt Gespräche, um Alternativen für die Beschäftigten zu suchen. „Bosch muss da seine Verantwortung wahrnehmen“. Verärgert äußerte sich auch Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD): „Es ist nicht akzeptabel, dass die Landesregierung vor vollendet Tatsachen gestellt und erst informiert wird, wenn die Entscheidung bereits gefallen ist.“ Auch die IG Metall erinnert Bosch an seine soziale Verantwortung.

Betriebsratschef Poplawski wünscht sich nach dem Schock etwas Ruhe zum Nachdenken. Für Dienstag hat er eine Einladung nach Erfurt. Dann geht es um die Zukunft des Werks, das zu modern für eine Industrieruine wirkt.

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