Die deutsche Industrie geht mit prall gefüllten Auftragsbüchern in die zweite Jahreshälfte. Die Unternehmen erhielten im Juni 1,0 Prozent mehr Bestellungen als im Vormonat, womit der Anstieg doppelt so stark ausfiel wie von Experten vorhergesagt. Grund dafür war die starke Nachfrage aus Deutschland, während die aus dem Ausland diesmal schrumpfte. "Die Ordertätigkeit deutet auf eine weitere leichte Belebung der Industriekonjunktur hin", betonte das Bundeswirtschaftsministerium am Freitag. Im gesamten Frühjahr hätten die Bestellungen um 0,8 Prozent über dem Niveau des "starken" ersten Quartals gelegen.
"Die Auftragszahlen sind ein weiterer Mosaikstein in einem sehr positiven Konjunkturbild", sagte der Europa-Chefvolkswirt der Nordea-Bank, Holger Sandte. "Der festere Euro dürfte die Entwicklung nicht dramatisch bremsen. Damit steht die Konjunkturampel weiter auf grün." Die Gemeinschaftswährung erreichte kürzlich den höchsten Kurs seit zweieinhalb Jahren, was Waren "Made in Germany" auf den Weltmärkten verteuert.
Die gute Auftragsentwicklung spricht auch dafür, dass die Industrie zum Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal beigesteuert hat. Ökonomen erwarten einen erneuten Anstieg des Bruttoinlandsproduktes um 0,6 Prozent. Eine erste Schätzung veröffentlicht das Statistische Bundesamt am 15. August. "Alles in allem geht der konjunkturelle Aufschwung in Deutschland weiter, wenngleich wir nicht davon ausgehen, dass das jetzige Wachstumstempo gehalten werden kann", sagte Analystin Ulrike Kastens von Sal. Oppenheim. "Der konjunkturelle Höhepunkt dürfte im zweiten Quartal erreicht worden sein." Die meisten Experten rechnen künftig mit Wachstumsraten von etwa 0,5 Prozent.
Die Inlandsaufträge zogen im Juni um 5,1 Prozent an, nachdem sie sich in den drei Vormonaten nicht so gut entwickelt hatten. Dagegen schrumpften die Bestellungen aus dem Ausland um 2,0 Prozent. Dabei sank die Nachfrage aus der Euro-Zone um 2,4 Prozent, die aus dem Rest der Welt um 1,5 Prozent. Die Aufträge für Investitionsgüter wie Maschinen gingen um 0,8 Prozent zurück, während die für Konsumgüter um 2,3 Prozent wuchsen. Die Nachfrage nach Vorleistungen wie Chemikalien kletterte um 3,7 Prozent. "Das kräftige Plus bei den Vorleistungen deutet darauf, dass die Industrie auch in den nächsten Monaten an Stärke gewinnt", sagte Expertin Sophia Krietenbrink vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK).