So sieht das auch Iwan Awerkin. Der Manager mit der heiseren Stimme ist Direktor des zum australischen Bergbau-Dienstleisters Orica gehörenden Chemieherstellers Minova. „Sie wissen in diesem Land nicht, was in zwei Stunden geschehen wird“, klagt der Sprengstoff-Lieferant für Achmetows Bergwerksbetreiber DTEK. „Noch im Juni werden wir die Produktion einstellen müssen, weil die Vorprodukte zur Neige gehen“, erwartet Awerkin. „Und schon heute haben wir keine Garantie, dass es morgen überhaupt Benzin gibt.“ Er sei die Spielchen der Separatisten „einfach nur leid“.
Viele Unternehmen im Donbass prüfen eine Verlagerung ihrer Betriebe – wie Recyclingunternehmer Wolodimir Bubley: „Ich glaube, der Konflikt des Donbass mit Kiew steht noch ganz am Anfang.“ Es werde nicht gelingen, die Krise in der Region friedlich zu lösen – die russische Propaganda habe „aus den Menschen Zombies gemacht“. Er fürchte, dass die Separatisten mit Kalaschnikows zu den Fabriken kommen könnten, um Steuern einzutreiben.
Was, wenn die Rohstoffe ausgehen?
Bubleys Unternehmen Keramet unterhält in der gesamten Ukraine sowie Ungarn und Polen mehr als 20 Betriebe. Abgesehen von jenem im Osten, läuft die Produktion normal. Außer auf der Krim hat er keinen seiner 800 Mitarbeiter entlassen müssen, die Metall für die Verarbeiter trennen und aufbereiten.
Doch er bezieht 2500 Tonnen Metall weniger als in normalen Monaten, was die Geschäfte im Osten in die roten Zahlen führt: „Die Fahrer transportieren Schrott, dafür können wir sie nicht dem Risiko von Überfällen aussetzen“, sagt Bubley. Die größte Gefahr für die Region sei, dass den Metallurgen die Rohstoffe ausgingen – und die Unzufriedenheit der Arbeiter den Radikalen in die Hände spiele.
"Unser Werkt - unser Stolz"
Zu den Krisengewinnern zählt ein Quartett von jungen Stahlhändlern, die die Zeit der Wirren genutzt haben, um die fast bankrotte Donezker Metallwarenfabrik zu erwerben. Konstantin Kostenko, mit 33 Jahren der Älteste der vier, hat wie seine Kompagnons für Interpipe gearbeitet, einen Stahlhändler und Pipelinehersteller des Oligarchen Wiktor Pintschuk. Womöglich mit dessen Kapital – zugeben will das aber keiner – sind die vier bei der Metallfabrik eingestiegen. „Wir sind ein junges Team, das dieses Werk mit viel Enthusiasmus auf Vordermann bringen will“, frohlockt Kostenko.
Marode ist ein freundlicher Ausdruck, um den Zustand des Werks aus Sowjetzeiten zu beschreiben. Auf unebenem Betonboden mit eingesackten Schienen schweißen fünf Arbeiter in einer riesigen Halle an klobigen Stahlteilen. Von modernen Maschinen keine Spur. „Unser Werk – unser Stolz“, steht auf einem Plakat vor der Halle.