Standortdebatte Deutsche Firmen auf der Flucht

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Die Wachstumslokomotive China zieht Unternehmen ins Ausland

China ist die wichtigste Wachstumslokomotive für deutsche Unternehmen im Ausland. Henkel etwa ist seit 25 Jahren dort aktiv. Im Herbst zündete Vorstandschef Kasper Rorsted die nächste Wachstumsstufe für den Düsseldorfer Waschmittel-, Klebstoff- und Kosmetikhersteller – in Shanghai. In einer gigantischen Fabrik für rund 50 Millionen Euro produziert der Weltmarktführer künftig rund 430 000 Tonnen Klebstoff pro Jahr vor allem für dortige Industriekunden wie den weltgrößten PC-Hersteller Lenovo, den Elektronikriesen Foxconn, VW, BMW oder Adidas.

Anteil ausländischer Aktionäre an Dax-Unternehmen 2013

Die Erschließung neuer Märkte ist auch für den Düsseldorfer Rheinmetall-Konzern der wichtigste Grund, neue Produktionskapazitäten außerhalb Deutschlands aufzubauen. „Internationalisierung ist mit die wichtigste Säule auf dem Weg zu einem profitablen Wachstum“, sagt Vorstandschef Armin Papperger, „in unseren beiden Feldern Rüstung und Auto findet das Wachstum nicht mehr in Europa statt.“ Mit einem Umbauprogramm will er den Umsatz im Rest der Welt von heute rund einem Drittel auf mehr als 40 Prozent steigern.

Die wichtigsten institutionellen Anleger, die Aktien von Dax-Unternehmen besitzen

Selbst der deutsch-französische Flugzeugbauer Airbus plant die Ausweitung von Kapazitäten im Ausland. Rund 80 Prozent aller Bestellungen stammen von Fluglinien außerhalb Europas. Doch im einzigen Werk außerhalb der Heimatländer Deutschland und Frankreich, im chinesischen Tjianjin, liefen 2013 gerade mal 46 von 626 ausgelieferten Jets vom Band. Das soll sich ändern. 2015 wird in Mobile im US-Bundesstaat Alabama eine neue Montagelinie mit einer Kapazität von bis zu 100 Maschinen im Jahr anlaufen.

Sparen mit Werken im Ausland

Das neue Werk ist auch eine Absicherung gegen Dollar-Kurs-Schwankungen: Zwar kauft Airbus Teile der Elektronik oder Triebwerke in den USA, dennoch nimmt der Konzern deutlich mehr in Dollar ein, als er ausgibt. Sinkt der Dollar-Kurs im Vergleich zum Euro um einen Cent, drückt das den Gewinn um etwa 100 Millionen Euro.

Ebenso geht es deutschen Konzernen in Brasilien nicht nur um die wachsenden Märkte Südamerikas. Die Präsenz am Amazonas hilft auch, die hohen Importzölle auf viele Güter zu vermeiden. BMW, Audi und Daimler lassen derzeit neue Werke für ihre Premiummodelle bauen. Die Zulieferer ziehen nach: Der Reifenhersteller Continental errichtet für 200 Millionen Dollar eine neue Lkw-Reifenfabrik in Camaçari im Nordosten Brasiliens.

Eher einem Zufall verdankt Hans-Christian Sanders die Expansion im Ausland. Der Chef des Bettdeckenherstellers Gebr. Sanders aus Bramsche bei Osnabrück fertigt seit 1992 in der Ukraine, weil ihm Deutschland zu teuer wurde. „Das mussten wir tun, um den Asiaten mit ihrem Lohnkostenvorteil eine Alternative entgegenzustellen“, sagt Sanders. Inzwischen arbeiten 600 Beschäftigte im äußersten Südwesten des Landes, nur wenige Kilometer entfernt von der Grenze zu Ungarn.

Nun sind die niedrigen Lohnkosten für Sanders allenfalls noch ein Vehikel, um die Produktion fern der Heimat auszubauen. Grund ist der Entschluss von Ikea, Produktionsstätten näher an den Absatzmärkten haben zu wollen: für Asiaten in Asien und für Europäer in Europa. Sanders bekam den Zuschlag und fuhr eine zweite Fertigungslinie in der Ukraine hoch. Bis 2018 will er seinen Umsatz gegenüber 2013 auf 90 Millionen Euro verdoppeln.

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