Statoil und BP Die Ölriesen bleiben im Krisenmodus

Statoil meldet einen Milliardenverlust, und auch Konkurrent BP enttäuscht die Anleger. Die Ölpreis-Krise hat Europas Konzerne weiter fest im Griff. Der eiserne Sparkurs bringt ihnen bisher noch keine Erfolge.

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Der staatliche norwegische Öl- und Gaskonzern verschärft wegen des Ölpreis-Verfalls seinen Sparkurs. Quelle: Reuters

Düsseldorf/London Trotz steigender Ölpreise sind die Ergebnisse der beiden Förderkonzerne BP und Statoil Ende 2016 hinter den Erwartungen zurückgeblieben. BP verdoppelte seinen Überschuss im vierten Quartal zwar auf 400 Millionen Dollar, wie der britische Energiekonzern am Dienstag bekanntgab. Allerdings hatten Analysten einen Gewinn von 560 Millionen Dollar prognostiziert.

Der norwegische Konkurrent Statoil schrieb im vierten Quartal einen Betriebsverlust von 1,9 Milliarden Dollar. Analysten hatten hier eigentlich mit einem Überschuss von 2,1 Milliarden Dollar gerechnet. Grund für den Verlust seien Wertminderungen in Höhe von 2,3 Milliarden Dollar. Deutlich reduzierte Kosten federten den Umsatzeinbruch etwas ab.

Dennoch stand für Statoil bei dem um Sondereffekte bereinigten Ergebnis ein Verlust von 208 Millionen US-Dollar in den Büchern. 2015 hatte der norwegische Staatskonzern bei dieser Größe noch einen Gewinn verbucht. Unter dem Strich ging der Verlust im vergangenen Jahr allerdings auf rund 3,3 Milliarden Dollar zurück. Das Jahr davor hatte hier noch ein Minus von rund 8 Milliarden Dollar gestanden – damals musste der Konzern wegen des schon 2015 stark gesunkenen Ölpreises hohe Abschreibungen vornehmen.

Der Umsatz brach 2016 um fast ein Viertel auf 46 Milliarden Dollar ein. Der Konzern kämpft vor allem in den Vereinigten Staaten mit Problemen. Das Geschäft in Norwegen sei dagegen solide gewesen, sagte Konzernchef Eldar Saetre. Er will die Kosten jetzt um eine weitere Milliarde Dollar jährlich drücken. Das bisherige Sparprogramm sei erfolgreicher als erwartet. Hier waren einmal Einsparungen von 2,5 Milliarden Dollar geplant - es sind mehr als drei Milliarden Dollar zusammengekommen. An der Börse verlor die Aktie rund zwei Prozent an Wert.

Die britische BP hat im Schlussquartal 2016 zwar wieder schwarze Zahlen geschrieben. Bei einer wichtigen Kennziffer für Finanzanalysten enttäuschte der Konzern aber die Erwartungen: Der um Sonderposten bereinigte Gewinn zu Wiederbeschaffungskosten - also ohne Veränderungen der Lagerbestände und Bewertungseffekte - lag bei 400 Millionen Dollar. Experten hatten mit deutlich mehr gerechnet. Die BP-Aktie fiel zum Handelsauftakt um knapp drei Prozent.

BP will seinen Aktionären wie im dritten Quartal 10 Cent Dividende je Aktie zahlen. Seit dem Beginn des Verfalls der Ölpreise Mitte 2014 kappen die Ölkonzerne ihre Investitionen, senken die Kosten und verkaufen Unternehmensteile. Inzwischen hat sich das Preisniveau aber wieder etwas erholt. Der britische Konkurrent Royal Dutch Shell hatte in der vergangenen Woche die Prognosen der Finanzmarkt-Experten bei der relevanten Gewinnziffer auch nicht erfüllen können.


Drastischer Ölpreis-Anstieg ist ausgeblieben

Mit der Ölkatastrophe Deepwater Horizon kann BP immer noch nicht abschließen – wenngleich der Großteil der Kosten nun bereits verbucht sein dürfte, wie sich BP-Chef Bob Dudley zuversichtlich gab. Nach aktuellen Hochrechnungen des Konzerns belaufen sich die Kosten auf 62,6 Milliarden Dollar. Bei der Explosion der Bohrinsel im April 2010 waren elf Arbeiter ums Leben gekommen. Es dauerte Monate, bis das Leck am Bohrloch geschlossen werden konnte. Mehr als drei Millionen Barrel Öl liefen bis dahin ins Meer und verursachten schwere Schäden in der Natur sowie für Fischerei und Tourismus

Ölkonzerne wie BP oder Statoil leiden nach wie vor unter den vergleichsweise niedrigen Ölpreisen. Mitte 2014 war ein Barrel Rohöl noch 115 Dollar wert. Heute bekommen die Unternehmen für ein Fass von 159 Litern Rohöl nicht einmal mehr die Hälfte von damals. Zwar halten sich die beiden wichtigsten Ölpreissorten Brent und WTI seit einigen Monaten stabil auf einem Niveau von über 50 Dollar. Aber selbst die Fördermengenkürzung der Organisation erdölexportierender Länder (Opec) führt bislang nicht dazu, dass die Ölpreise drastisch ansteigen.

„Die Schieferölindustrie in den USA treibt ihre Förderung immer weiter nach oben und bremst so den Ölpreisanstieg“, sagte Walter Pfeiffer dem Handelsblatt. Der Ölexperte der Unternehmensberatung Roland Berger geht davon aus, dass die Ölpreise in den nächsten fünf Jahren bei 45 bis 55 Dollar pro Barrel verharren werden. Das Ölkartell Opec hat längst an Macht eingebüßt.

Die amerikanische Fracking-Industrie gibt nun den Takt vor – schließlich wirtschaften die Firmen, die mit Hilfe neuer Fördermethoden Öl aus dem Erdboden pumpen, mittlerweile selbst bei niedrigen Ölpreisen profitabel. In den vergangenen Jahren haben die Schieferölproduzenten ihre Kosten halbiert. 2009 lagen ihre Förderkosten noch bei etwa 100 Dollar pro Barrel, heute sind es teils schon weniger als 50 Dollar.


Konkurrenz aus den USA wird zum Problem

Gerade für Konzerne wie BP oder Statoil, die große Ölplattformen in der Nordsee betreiben, wird die Konkurrenz aus den USA zunehmend zum Problem. Denn im Meeresboden nach Öl zu bohren ist besonders kostspielig. Die Projekte rechnen sich kaum noch. Mittlerweile haben Firmen, die in der Tiefsee operieren, eine Initiative gestartet, um ihre Förderkosten zu halbieren. „Erste Erfolge stellen sich da schon ein“, erklärt Branchenkenner Pfeiffer. Die Unternehmen versuchen etwa ihre Produkteffizienz zu steigern. „Diese lag vor ein paar Jahren noch bei 50 bis 60 Prozent. Heute sind wir bereits bei einem Effizienzgrad von 70 bis 80 Prozent“, analysiert Pfeiffer.

Als die Ölpreise noch auf hohem Niveau waren, hat die Industrie wenig Wert auf Effizienz und Kostendisziplin gelegt. Bei einzelnen Projekten ist es zu Kostensteigerungen von bis zu 60 Prozent gekommen. Als die Ölpreise kollabierten, reagierten Multis wie Exxon Mobil, Shell, BP oder Chevron, indem sie massenhaft Mitarbeiter entlassen, Aufträge storniert und Investitionen zusammengestrichen haben. Die Beratungsfirma Graves & Co. schätzt, dass alleine den vergangenen zwei Jahren mehr als 350.000 Jobs weltweit in der Öl- und Gasindustrie verloren gegangen sind.

Mittlerweile haben die Ölkonzerne ihre Kosten deutlich besser im Griff. Die Unternehmensberatung Wood Mackenzie geht daher davon aus, dass 2017 das Jahr wird, indem sich die Branche insgesamt wieder stabilisieren wird. Die überwiegende Anzahl der Unternehmen dürften in diesem Jahr im Tagesgeschäft wieder mehr einnehmen als ausgeben und Gewinne schreiben. Die Devise der Branche lautet: „Back to black“.

Die Öl- und Gasindustrie strotzt jedenfalls wieder vor Zuversicht. In der Branche ist Ende 2016 schon ein kleiner Kaufrausch ausgebrochen. Im Dezember des vergangenen Jahres haben sich die Ausgaben von Energieunternehmen für den Erwerb von Öl- und Gasfeldern mit 31 Milliarden Dollar im Vergleich zu November verdreifacht, wie aus Erhebungen der Beratungsfirma Energy Market Square hervorgeht. Der Umfang der Akquisitionen im Dezember entspricht demnach fast einem Viertel des Volumens im Gesamtjahr 2016. Diese Entwicklung setzt sich nun in 2017 fort.

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