Strategie bis 2030 Wie K+S den Neustart schaffen will

Seite 2/2

K+S kalkuliert ab 2020 mit Wachstum

Der Blick in die Zukunft ist für K+S laut Lohr auch „ein neuer Blick auf das Portfolio“. So will K+S den Bergbau unter neuen Vorzeichen betrachten. „Beim Bergbau ist fast immer die Produktion im Blick. Wir drehen das um und stellen den Kunden in den Mittelpunkt“, sagte Lohr.

Dazu unterteilt K+S die Kunden in vier Bereiche: Agrikultur, Industrie, Gemeinschaften und Konsumenten sind die Segmente überschrieben. Dahinter verbirgt sich das Geschäft mit Düngemitteln für die Landwirtschaft und Chemikalien für die Industrie. Hinzu kommen die Streu- und Auftausalze und das Konsumentengeschäft mit Speisesalzen.

Starten soll die Wachstumsphase erst ab 2020. Bis dahin hat Lohr dem Unternehmen eine „Transformationsphase“ verschrieben, in der die Nettoverschuldung halbiert werden soll. Erst danach sollen die Synergien aus der Zusammenführung der Salz- und Kalisparte greifen. Wie diese konkret aussehen sollen, verriet Lohr nicht. Nach dem Grundsatz „Structure follows Strategy“ müssten die einzelnen Schritte erst erarbeitet werden. Ein klares Bekenntnis gab der K+S-Chef hingegen zur Erhaltung der Standorte in Deutschland ab: „Wir wollen alle Standorte bis zum Ende ihrer Wirtschaftlichkeit fahren“, sagte Lohr.

Mit weichen Faktoren will Lohr zum Erfolg

Wie genau K+S seinen operativen Gewinn bis 2030 versechsfachen will, bleibt „Shaping 2030“ schuldig. Und doch hat Lohr mit diesem Papier das Fundament zu einer vollkommen neuen Ausrichtung von K+S geebnet. Zu finden ist diese aber nicht in harten Zahlen, sondern weichen Faktoren wie „Unternehmenskultur“ und „neuer Führungsstil“. Wie ein roter Faden ziehen sich diese Begriffe durch das Konzept. Das mag K+S zwar nicht gleich zum Börsenstar katapultieren. Allerdings fasst Lohr damit ein Thema an, dass der Düngemittelkonzern lange vernachlässigt und unter dem die Reputation des Unternehmens massiv gelitten hat.

Dass es Lohr mit der neuen Unternehmenskultur ernst ist, zeigte er bereits vor einigen Wochen mit einer Aussendung, bei der man schon zweimal hinsehen musste, um sie zu glauben. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit mit der thüringischen Gemeinde Gerstungen, der sogar zu einer letztlich abgelehnten Anklage der Staatsanwaltschaft Meiningen gegen die Konzernspitze geführt hat, versandte K+S vor wenigen Wochen eine gemeinsame E-Mail mit der Konfliktpartei. Gerstungens Bürgermeisterin Sylvia Hartung erklärte darin, nun „alle strittigen Umweltthemen beizulegen“. Auch K+S erklärte, mit der Gemeinde von nun an den „vertrauensvollen Dialog“ und „einvernehmliche Lösungen“ zu suchen.

Der Rechtsstreit, der sich unter dem früheren K+S-Chef Norbert Steiner zum fulminanten PR-Desaster für den Kasseler Konzern auswuchs, schien auf einmal lösbar. Grund dafür ist der neue Führungsstil von Lohr. Anstatt seine Rechtsabteilung vorzuschicken, griff Lohr laut Beteiligten selbst zum Telefonhörer und suchte den Dialog mit der Konfliktpartei.

von Rüdiger Kiani-Kreß, Andreas Macho

Eine Einigung mit Gerstungen peilt Lohr bis Ende des Jahres an. Streitpunkt mit der Gemeinde Gerstungen war bislang die umstrittene Praxis von K+S, Salzabfälle aus der Kaliproduktion in tiefe Gesteinsschichten zu pressen. Die Gemeinde Gerstungen fürchtet seither um ihr Trinkwasser. Zwar dürfte mit dieser Praxis ab 2021 ohnehin Schluss sein, doch Lohr betonte, in keinem Fall um weitere Genehmigungen für diese Salzversenkungen anzusuchen: „Das gehört zur neuen Unternehmenskultur.“

Auch wenn der K+S-Chef nicht verriet, wie der Konzern nach 2021 mit seinen Salzabfällen verfahren wird, überwiegt offenbar der Optimismus. So forsche K+S nach weiteren Möglichkeiten und hielte auch Ausschau nach Lösungen von Externen. „Vielleicht wird ja ein Schuh daraus“, sagt Lohr. Das dürfte für sein gesamtes Zukunftsprogramm gelten.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%