Subventionen für Ilva Italiens Stahl-Dinosaurier im Visier

Die italienische Regierung hat zwei Milliarden Euro locker gemacht, um das marode Mega-Stahlwerk Ilva am Leben zu halten. Die Konkurrenz läuft dagegen schon länger Sturm. Jetzt schaltet sich auch die EU-Kommission ein.

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Die EU-Kommission streitet mit der Regierung in Rom über die Stahlproduktion von Ilva. Quelle: AFP

Düsseldorf Der Fall Ilva sorgt unter Europas Stahlkonzernen schon lange für Ärger. Jetzt greift die EU-Kommission ein: Die Brüsseler Behörde hat am Mittwoch ein Verfahren eingeleitet, um staatliche Subventionen der Regierung in Rom in Höhe von rund zwei Milliarden Euro für das marode Stahlwerk im Süden des Landes zu überprüfen.

Es geht unter anderem um Garantien für Darlehen aber auch um direkte finanzielle Unterstützung. Sollte die EU-Kommission diese als ungerechtfertigt einstufen und zum Ergebnis kommen, dass Rom die Anlage in Taranto nur künstlich am Leben erhalten wolle, um Arbeitsplätze zu erhalten, müssen die Hilfen zurückgezahlt werden.

Das Stahlwerk in Taranto ist das größte seiner Art in Europa und verfügt über Kapazitäten von rund zwölf Millionen Tonnen. Im vergangenen Jahr hat Ilva allerdings nur 4,8 Millionen Tonnen produziert, in diesem Jahr sollen es aber bereits schon sechs Millionen werden. Das Werk gehörte bis 2012 der Industriellenfamilie Riva, wurde aber wegen massiver Verstöße gegen Umweltschutzauflagen beschlagnahmt und steht seitdem unter staatlicher Verwaltung. Seitdem wird der Standort von Managern geführt, die die Regierung ernannt hat, um die Anlage zu modernisieren.

Derzeit versucht die Regierung Renzi, Investoren für eine Übernahme zu begeistern. Bis zum Sommer 2016 will sie den Verkauf des Werkes abschließen. Wichtigste Bedingung: Die Stahlproduktion soll fortgeführt werden und der Großteil der 11.000 Arbeitsplätze erhalten bleiben.

Europas Stahlkonzerne laufen Sturm laufen gegen die Revitalisierung des Dinosauriers. „Was die italienische Regierung derzeit tut, widerspricht allen europäischen Wettbewerbsregeln“, heißt es beispielsweise im Salzgitter-Konzern. Ein Wettbewerber mit einer solch hohen Kapazität würde den ohnehin unter massiver Überproduktion und sinkenden Preisen leidenden europäischen Stahlmarkt weiter in Mitleidenschaft ziehen. Thyssen-Krupp & Co. kämpfen ohnehin um ihr langfristiges Überleben. Derzeit setzen ihnen vor allem Billigimporte aus China zu. Auch dagegen geht die Kommission mit zahlreichen Anti-Dumping-Verfahren vor.

EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager betonte am Mittwoch, ihre Untersuchung im Fall Ilva verhindere nicht, dass das Gelände und das Gebiet von Verschmutzung gesäubert würden – falls nötig auch unter Einsatz öffentlicher Gelder. Allerdings müsse die Rechnung am Ende an den Verschmutzer gehen. Giftige Emissionen aus dem Werk sollen für den Tod von mindestens 400 Menschen durch Krebserkrankungen verantwortlich sein. So hat die italienische Regierung rund 800 Millionen Euro in Aussicht gestellt, um die Umweltauflagen bis 2017 zu erfüllen.

Gleichzeitig verkündete Vestager, dass die belgischen Behörden 211 Millionen Euro von mehreren Stahlfirmen der Duferco-Gruppe zurückfordern müssen. Die von der wallonischen Regierung zwischen 2006 und 2011 gewährten Mittel hätten den Wettbewerb verzerrt und gegen die Beihilferegeln der EU verstoßen. „Die Stahlproduzenten in der gesamten EU haben mit weltweiten Überkapazitäten und massiven Importen zu kämpfen", sagte die EU-Wettbewerbskommissarin. Die Lösung dieses Problems sei, weltweit die langfristige Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Die Unterstützung von Produzenten, die in finanziellen Schwierigkeiten steckten, gehöre nicht dazu.

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