Südafrika Wie eine privatisierte Regierung

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In der Touristenklasse ins Paradies

In der Öffentlichkeit sind die Guptas selten zu sehen, sie treten höchstens in ihrem eigenen Fernsehsender African News Network 7 auf. Nach mehr als 20 Jahren in Südafrika ist ihr Englisch noch immer eher holprig. Als Atul Gupta als Erster der drei Brüder kurz vor dem Ende des Apartheidstaates 1991 ans Kap der Guten Hoffnung kam, flog er noch Touristenklasse: In Johannesburg schlug er sich zunächst als Schuhverkäufer durch. Heute ist der Mittlere der drei Brüder der siebtreichste Bewohner des Landes. Seinen Aufstieg verdankt er weder einer Erfindung noch einer genialen Geschäftsstrategie: vielmehr einem jungen Mann namens Duduzane Zuma, den die Guptas zum Teilhaber ihres Imperiums machten. Es ist der 35-jährige Sohn des Staatspräsidenten.

Als der arbeitslose Computertechniker einen Job suchte, zeigten sich die Guptas gerne erkenntlich. Wie eng ihre Freundschaft inzwischen ist, macht die Tatsache deutlich, dass der Präsidentensohn als ersten „Onkel Tony“ (Rajesh Gupta) anrief, als sein Porsche vor drei Jahren mitten in der Nacht im Nobelviertel Sandton in einen Minibus raste und eine Frau tötete. Auch in diesem Fall half Onkel Tony gerne weiter: Schließlich ist den drei Brüdern mit der illustren Verbindung der Coup ihres Lebens geglückt.

Das begann in Saharanpur in der nordindischen Provinz Uttar Pradesh. Beim Aufbau seines Mischkonzerns aus Dünger- und Textilfabrik, Gewürzimport und einer Ladenkette erwarb sich schon Vater Gupta einen umstrittenen Ruf. Den Söhnen wurde es zu Hause bald zu eng: Sie sandten den Unternehmungslustigsten unter ihnen, Atul, erst nach Singapur und dann ans Kap der Guten Hoffnung auf Erkundungstour. In Südafrika war dem „sozialen Reformer“ (Eigenwerbung) schnell klar, welche Chancen der Übergangsstaat bot: Die neue dunkelhäutige Elite des Landes brauchte dringend nicht etablierte und nicht weiße Geschäftsleute.

Ihre große Chance sahen die Brüder gekommen, als sich Jacob Zuma anschickte, die Präsidentschaft des Landes zu übernehmen. Der polygame Zulu galt angesichts seiner vier Ehefrauen und über 20 Kinder als notorisch klamm. Beim Griff nach der Macht halfen ihm die Guptas und liehen ihm, wann immer nötig, ihr Flugzeug.

Als der Freund sein Ziel im Dezember 2007 schließlich erreicht hatte, standen der Einwandererfamilie sämtliche Türen offen. Sie nahmen mehrere Mitglieder der Zuma-Familie in ihr Geschäftsimperium auf und wurden im Gegenzug zu den Hoflieferanten der neuen Administration. Ihre Computerfirma erhielt Aufträge zur Ausstattung zahlloser Township-Schulen mit Tausenden von Desktops, und der Stromkonzern Eskom nahm ihre Kohle trotz deren schlechter Qualität mit großzügig berechneten Preisen ab. Bald kam es auch zum ersten Betrugsfall: Ein staatlicher Zuschuss für ein den Guptas zugeschustertes Farmprojekt in der Freistaat-Provinz wurde zur Bezahlung der rund drei Millionen Euro teuren Hochzeit einer Nichte der Gupta-Brüder im Erholungspark Sun City verwendet.

Für die größte Aufregung am Kap der Guten Hoffnung sorgten jedoch Enthüllungen, wonach die Guptas sogar in den wichtigsten Personalentscheidungen der Regierung mitmischten. Dem einstigen Vizefinanzminister Mcebisi Jonas wurde in der Saxonwold Shebeen ein zweistelliger Dollar-Millionenbetrag und das Finanzministerium angeboten, für den Fall, dass er den konfrontativen Kurs seines damaligen Chefs, Pravin Gordhan, gegen die indische Familie beende. Die Schlacht ums Finanzministerium fiel besonders heftig aus, weil sich dessen Chefs, Nhlanhla Nene und Pravin Gordhan, den Begehrlichkeiten der „Zuptas“ in den Weg zu stellen suchten. Ihre Entlassungen im Dezember 2015 beziehungsweise im März dieses Jahres sandten Schockwellen durch die Finanzmärkte, ließen den Rand abstürzen und veranlassten Ratingagenturen, das Land in den Ramschstatus zu verbannen.

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