Syngenta Chinas Agrochemie-Riese hat weiter Appetit

Chinas Staatskonzern Chemchina hat mit der Übernahme des Schweizer Agrochemiekonzerns Syngenta eine weltweite Führungsrolle im Pflanzenschutzgeschäft erobert. Damit nicht genug – die Chinesen hegen noch große Pläne.

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Ren Jianxin wurde auf der Generalversammlung zum neuen Verwaltungsratspräsident von Syngenta gewählt. Quelle: Reuters

Basel Die neue Zeitrechnung für den Schweizer Agrochemiekonzern Syngenta begann offiziell am Montag. Denn nachdem die chinesische Chemchina im Zuge ihres Übernahmeangebots eine deutliche Mehrheit bei Syngenta übernommen hatte, wurden zu Wochenbeginn auf der Generalversammlung nun auch vier Vertreter des Staatskonzerns aus China in den Verwaltungsrat von Syngenta gewählt – darunter Chemchina-Chef Ren Jianxin als neuer Verwaltungsratspräsident.

Und der neue oberste Syngenta-Kontrolleur präsentierte bei seinem ersten Auftritt in dieser Rolle gleich ambitionierte Ziele für die neue Tochter. Syngenta soll profitabel wachsen und dabei Marktanteile im globalen Agrochemiegeschäft hinzugewinnen. Im Interview mit der Basler Zeitung formulierte Ren zuvor sogar die Ambition, den Umsatz innerhalb von fünf bis zehn Jahren zu verdoppeln. Das wäre eine deutliche Beschleunigung gegenüber dem Umsatzplus von knapp 60 Prozent in den letzten zehn Jahren und den rückläufigen Erlösen in den vergangenen zwei Jahren.

Auf der Pressekonferenz am Dienstagnachmittag wollte der Chemchina-Chef diese Aussage zwar nicht konkret wiederholen. Klar ist indessen, dass der chinesische Chemieriese sehr ehrgeizige Ziele mit seiner mit Abstand Akquisition verfolgt. Syngenta soll künftig zum Eckpfeiler des Agrochemikaliengeschäfts der Chinesen werden. Vor allem in China, und darüber hinaus auch im gesamten asiatischen Raum, hofft Chemchina, für Syngenta neues großes Wachstumspotenzial zu eröffnen. „Wir sehen dort eine sehr, sehr große Chance, unser Geschäft auszubauen“, bekräftigte Syngenta-Chef Erik Fyrwald.

Ren und Fyrwald machten zugleich  deutlich, dass auch weitere Akquisitionen zur Strategie gehören, insbesondere im Saatgutgeschäft. „Wir schauen aktiv nach Akquisitionen und Kollaborationen, um unser Saatgutgeschäft zu stärken.“ Fyrwald  hat dabei unter anderem mögliche Akquisitionsobjekte im Auge, die aufgrund kartellrechtlicher Auflagen im Zuge weiterer Großfusionen in der Agrochemie auf den Markt kommen könnten. Aber auch darüber hinaus sei man interessiert. „Wir wollen von einem abgeschlagenen Dritten zu einer starken Nummer drei im Saatgutgeschäft werden“, so Fyrwald.

Mit der vereinbarten  Fusion von Dow und Dupont in den USA und der geplanten Übernahme von Monsanto durch Bayer stehen noch zwei weitere große Transaktionen in der Agrochemie-Branche bevor. Insbesondere Saatgut-Geschäfte, die Bayer und Monsanto im Zuge ihrer Fusion veräußern müssen, könnten für Syngenta interessant sein.

Chemchina zahlt für den Baseler Konzern insgesamt rund 43 Milliarden Dollar und hat inzwischen knapp 98 Prozent der Syngenta-Aktien übernommen. Der chinesische Konzern will Syngenta zunächst komplett von der Börse nehmen. Er plant aber, wie Ren bekräftigte, im Laufe der nächsten fünf Jahre einen Minderheitsanteil an der Firma wieder neu an der Börse zu platzieren. Der Zeitpunkt dafür werde von der Marktsituation abhängen.

Nicht zuletzt auch mit Blick auf diesen Plan soll sich an den Grundsätzen der Unternehmensführung bei Syngenta nichts ändern, wie der bisherige Präsident des Verwaltungsrates, Michel Demaré, betonte. „Wir wollen die höchsten Corporate-Governance-Standards bewahren“, sagte er. Demaré hat nach der Wahl Rens die Position des stellvertretenden Verwaltungsratspräsidenten übernommen und ist einer von vier unabhängigen Vertretern, die dem Gremium weiterhin angehören werden.

Chemchina baut der Übernahme von Syngenta  seinen Gesamtumsatz auf umgerechnet etwa 57 Milliarden Dollar aus.  Der staatseigene Konzern produziert unter anderem auch petrochemischen Basisprodukte, Kunststoffen, Fasern, Düngemitteln, Kautschuk und zudem auch in der Produktion von Maschinen zur Kunststoffverarbeitung tätig. Er ist in den vergangenen Jahren bereits stark durch Zukäufe gewachsen, darunter auch die Übernahme des italienischen Reifenherstellers Pirelli und der Kauf des deutschen Kunststoff-Maschinenbauers KraussMaffei im vergangenen Jahr.


Chemchina und Syngenta setzen aufs Pflanzenschutzgeschäft

Im Agrochemie-Geschäft ist Chemchina bisher bereits mit seiner, vor sechs Jahren erworbenen israelischen Tochter Adama sowie mit dem chinesischen Pflanzenschutzmittel-Hersteller Shalongda vertreten. Diese beiden Unternehmen erzielen zusammen etwa 3,3 Milliarden Dollar Umsatz mit patentfreien Pflanzenschutzwirkstoffen, sogenannten Generika. Mit Syngenta  kommen nun rund 12,8 Milliarden Dollar Umsatz im innovationsbasierten Pflanzenschutz- und Saatgutgeschäft hinzu.

Chemchina wird damit, mit künftig etwa 16 Milliarden Dollar Umsatz, zumindest vorrübergehend zur neuen Nummer eins in der Branche, wobei die beiden Generika-Firmen und Syngenta aber auch in Zukunft völlig separat geführt werden sollen. Zudem wird Chemchina  wohl spätestens im kommenden Jahr vom deutschen Konkurrenten Bayer überrundet, der mit der geplanten Übernahme von Monsanto auf künftig  etwa 23 Milliarden Dollar Umsatz  im Agrogeschäft expandieren wird.

Anders als bei Bayer/Monsanto und Dow/Dupont steht bei Chemchina und Syngenta das Pflanzenschutzgeschäft ganz im Vordergrund. Mit Saatgut erzielt Syngenta bisher lediglich 2,6 Milliarden Dollar Umsatz. Den Abstand zur mehr als dreimal größeren Konkurrenz wollen Fyrwald und Ren in den nächsten Jahren deutlich verringern, durch Zukäufe wie auch einen starken Ausbau des Chinageschäfts.

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