Tabakindustrie Reemtsma - mit Zuversicht ins Horrorjahr

Die geplanten Horrorbilder auf Zigarettenschachteln können Deutschlands Tabakkonzern Reemtsma nicht schrecken. Er blickt optimistisch in die Zukunft. Doch nicht nur dieser Branche droht Ungemach.

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Die gruseligsten Zigarettenschachteln der Welt
Die Europäische Kommission will, dass statt rund einem Drittel zukünftig zwei Drittel der Zigaretten-Verpackungsfläche Schockbilder und Warnhinweise tragen. Diese Regelung soll ab dem 20. Mai 2016 in Kraft treten und anschauliche Detailbilder ermöglichen. Diese sollen die Folgen des Rauchens für die Gesundheit bildlich darstellen. Quelle: Europäische Generaldirektion Gesundheit und Verbraucher
Alle Bilder sollen neben einem dramatischen Bild gesundheitsbezogene Warnhinweise enthalten. Quelle: Europäische Generaldirektion Gesundheit und Verbraucher
Die Gesundheitswarnungen kombiniert mit den Warnfotos sollen dann ab Mai nächsten Jahres mindestens 65 Prozent der Vorder- und Rückseite von Zigaretten- und Tabakpackungen ausmachen. Quelle: Europäische Generaldirektion Gesundheit und Verbraucher
Neben Warnhinweisen, die sich auf gesundheitliche Schäden beziehen, will die Europäische Kommission mit den neuen Bildern und Texten auch an das Gewissen der Raucher appellieren und thematisiert den Tod eines Rauchers als Unglück für Familie und insbesondere Kinder. Quelle: Europäische Generaldirektion Gesundheit und Verbraucher
Die EU verfolgt eine umfassende Strategie gegen den Tabakkonsum, zu der neben den Rechtsvorschriften über Tabakwerbung, Sponsoring und Tabakerzeugnisse gehören, sowie die Unterstützung von Mitgliedstaaten und Sensibilisierungsmaßnahmen. Die Vorschriften zur Zigarettenschachtelgestaltung sind damit nur einer von vielen Punkten. Quelle: Europäische Generaldirektion Gesundheit und Verbraucher
Der EU-Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Vytenis Andriukaitis, erklärte mit Blick auf das unveränderte Einstiegsalter der europäischen Raucher: "Die Zahlen zeigen, dass der Kampf gegen den Tabak noch nicht gewonnen ist, insbesondere bei den jungen Menschen. Es ist nicht akzeptabel, dass Europäerinnen und Europäer im Teenageralter das Rauchen immer noch attraktiv finden. Dies soll mit den neuen Bildern und Warnhinweisen anders werden.
Die neuen Richtlinien zur Verpackungsgestaltung betreffen nicht nur Zigaretten, sondern auch Tabak zum Selbstdrehen, Pfeifentabak, Zigarren, Zigarillos, rauchlose Tabakerzeugnisse, elektronische Zigaretten und pflanzliche Raucherzeugnisse. Quelle: Europäische Generaldirektion Gesundheit und Verbraucher

Der beschworene Untergang der Tabakbranche ist abgewendet. Deutschlands Zigarettenhersteller Reemtsma will auch im nächsten Jahr wachsen – trotz der EU-Pläne, künftig auf jede Zigarettenschachtel Horrorbilder zu drucken. Das Hamburger Unternehmen rechnet damit, dass die Richtlinie in der ersten Hälfte des kommenden Jahres beschlossen wird. Einen Absatzeinbruch befürchtet es nicht. Im Gegenteil: Deutschland-Chef Marcus T.R. Schmidt erwartet, dass die „wesentlichen Markttrends“ weiterlaufen.

Schon im gerade abgeschlossenen Geschäftsjahr konnte er Marktanteil, Umsatz und Gewinn steigern. Mit einem Anteil von nun 24,7 Prozent festigte Reemtsma seine Position als Nummer zwei auf dem deutschen Markt hinter Philipp Morris. Der Umsatz kletterte um 3,2 Prozent auf rund eine Milliarde Euro und der Gewinn vor Steuern um 5,1 Prozent auf 573 Millionen Euro. Dass die geplanten Horrorfotos den Reemtsma-Manager nicht ängstigen, verwundert nicht.

Die Tabakbranche ist zwar schon jetzt die am härtesten regulierte. Aber davon profitieren die großen Hersteller wie Reemtsma. Schon die Einschränkungen bei der Werbung verhindern, dass neue Zigarettenmarken hochkommen. Selbst Reemtsma hat in den letzten Jahren keine völlig neue Marke kreiert. Das Wachstum verdankt das Unternehmen vor allem seinen bekanntesten Zigarettensorten: John Player Special, Galloises, Davidoff und West. Die Restriktionen, die den Verbraucher schützen sollen, schützen auch die Marktmacht der großen Anbieter.

Die von der EU angedrohten Maßnahmen dürften diesen Effekt noch verstärken. Wenn Horrorbilder und Warnhinweis künftig 65 Prozent der Vorderfläche einer Zigarettenpackung abdecken müssen, bleibt kaum noch Platz zur Präsentation der Marke. Ob die geplanten EU-Aktionen den Verbraucher schützen und potenzielle Raucher abschrecken, ist unwahrscheinlich. Dass Rauchen nicht die Gesundheit fördert, hat sich längst herumgesprochen. Mit dem Argument könnte die EU demnächst auch gegen Winzer, Schnapsbrennereien und Bierbrauereien vorgehen.

Bisher enthalten die Etiketten der Weinflaschen nur einen kleinen Warnhinweis für Schwangere. Und manche Brauereien empfehlen auf ihren Flaschenaufklebern, Bier maßvoll zu genießen. So ähnlich hat es mit den Restriktionen für die Tabakbranche auch angefangen. Die Getränkeindustrie sollte gewarnt sein. Und die Hersteller von Süßwaren und die Produzenten fetthaltiger Nahrungsmittel und und und… Nichts gegen Gesundheitstipps, aber jetzt ist es an der Zeit, der EU-Kommission Restriktionen aufzuerlegen. Schließlich sind all dies legale Produkte.

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