Der beschworene Untergang der Tabakbranche ist abgewendet. Deutschlands Zigarettenhersteller Reemtsma will auch im nächsten Jahr wachsen – trotz der EU-Pläne, künftig auf jede Zigarettenschachtel Horrorbilder zu drucken. Das Hamburger Unternehmen rechnet damit, dass die Richtlinie in der ersten Hälfte des kommenden Jahres beschlossen wird. Einen Absatzeinbruch befürchtet es nicht. Im Gegenteil: Deutschland-Chef Marcus T.R. Schmidt erwartet, dass die „wesentlichen Markttrends“ weiterlaufen.
Schon im gerade abgeschlossenen Geschäftsjahr konnte er Marktanteil, Umsatz und Gewinn steigern. Mit einem Anteil von nun 24,7 Prozent festigte Reemtsma seine Position als Nummer zwei auf dem deutschen Markt hinter Philipp Morris. Der Umsatz kletterte um 3,2 Prozent auf rund eine Milliarde Euro und der Gewinn vor Steuern um 5,1 Prozent auf 573 Millionen Euro. Dass die geplanten Horrorfotos den Reemtsma-Manager nicht ängstigen, verwundert nicht.
Die Tabakbranche ist zwar schon jetzt die am härtesten regulierte. Aber davon profitieren die großen Hersteller wie Reemtsma. Schon die Einschränkungen bei der Werbung verhindern, dass neue Zigarettenmarken hochkommen. Selbst Reemtsma hat in den letzten Jahren keine völlig neue Marke kreiert. Das Wachstum verdankt das Unternehmen vor allem seinen bekanntesten Zigarettensorten: John Player Special, Galloises, Davidoff und West. Die Restriktionen, die den Verbraucher schützen sollen, schützen auch die Marktmacht der großen Anbieter.
Die von der EU angedrohten Maßnahmen dürften diesen Effekt noch verstärken. Wenn Horrorbilder und Warnhinweis künftig 65 Prozent der Vorderfläche einer Zigarettenpackung abdecken müssen, bleibt kaum noch Platz zur Präsentation der Marke. Ob die geplanten EU-Aktionen den Verbraucher schützen und potenzielle Raucher abschrecken, ist unwahrscheinlich. Dass Rauchen nicht die Gesundheit fördert, hat sich längst herumgesprochen. Mit dem Argument könnte die EU demnächst auch gegen Winzer, Schnapsbrennereien und Bierbrauereien vorgehen.
Bisher enthalten die Etiketten der Weinflaschen nur einen kleinen Warnhinweis für Schwangere. Und manche Brauereien empfehlen auf ihren Flaschenaufklebern, Bier maßvoll zu genießen. So ähnlich hat es mit den Restriktionen für die Tabakbranche auch angefangen. Die Getränkeindustrie sollte gewarnt sein. Und die Hersteller von Süßwaren und die Produzenten fetthaltiger Nahrungsmittel und und und… Nichts gegen Gesundheitstipps, aber jetzt ist es an der Zeit, der EU-Kommission Restriktionen aufzuerlegen. Schließlich sind all dies legale Produkte.