Tanken vor Ostern Der Benzinpreis-Mythos

Teurer Sprit zu Ostern: In den Ferien haben Autofahrer oft den Eindruck, deutlich mehr als sonst für Benzin zu zahlen. Was es mit dem satten Preisaufschlag an Deutschlands Tankstellen auf sich hat und wer schuld ist.

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Schatten an der Zapfsäule: Zu den Feiertagen steigen die Benzinpreise wieder. Quelle: dpa

Düsseldorf Pünktlich zu den Osterferien steigen die Preise an den Tankstellen in Deutschland. Ein Liter Super kostet vielerorts wieder mehr als 1,20 Euro. Noch Mitte März mussten die Autofahrer dafür zeitweise weniger als 1,15 Euro zahlen. Nach Angaben des Verbraucherinformationsportals „clever-tanken.de“ kostete Diesel im Februar so wenig wie zuletzt vor zehn Jahren. Bei Super E10 waren es immerhin die niedrigsten Preise seit 2009. Doch damit ist es erst einmal vorbei.

Nun geht es, was den Preis für Kraftstoff betrifft, wieder nach oben – allerdings noch in gemäßigtem Tempo. Der Anstieg ist allerdings nicht, wie gerne behauptet wird, einem Aufschlag zu Ferienbeginn geschuldet, sondern vor allem den kräftig gestiegenen Rohölpreisen.

„Der Preis an den Tankstellen ist zwar gestiegen“, räumt ein Sprecher des Mineralölwirtschaftsverbands (MWV) ein. „Doch die Öl- und die Produktpreise haben noch deutlich stärker zugelegt.“ Mit den Ferien habe das ihm zufolge aber ohnehin nichts zu tun. Der Verband hat in der Vergangenheit den vermeintlichen Zusammenhang von Spritpreisen und Ferienbeginn schon mehrfach untersucht: „Doch spätestens mit der Einführung der Markttransparenzstelle für Kraftstoffe ist der Zusammenhang nicht nachweisbar“, heißt es in Berlin. Seit Ende August 2013 sind Tankstellenbetreiber verpflichtet, der Behörde Preisänderungen bei Kraftstoff „in Echtzeit“ zu melden. Diese gibt die Daten dann an die Verbraucher weiter.

„Die Preisgestaltung vor und während den Ferienzeiten gestaltet sich genauso wie außerhalb dieser Zeiten“, sagt ein Sprecher von Aral. Die BP-Tochter ist der größte Tankstellenbetreiber in Deutschland. Schließlich seien rund ein Drittel des Jahres in Deutschland Ferien, in denen der intensive Preiswettbewerb im deutschen Tankstellenmarkt aber keine Pause macht. „Die Benzinpreise richten sich nach den Produkt- beziehungsweise Einkaufspreisen, die durch Angebot und Nachfrage auf dem Weltmarkt, den Rohölpreis und den Euro-Dollar-Wechselkurs bestimmt werden“, so der Sprecher. Allein die Fertigproduktnotierungen sind laut Aral von Anfang bis Mitte März um knapp fünf Cent für Benzin und drei Cent für Diesel gestiegen.

Doch wer ist denn nun für die steigenden Spritpreisen zur Ferienzeit verantwortlich? Schuld ist der Umschwung an den internationalen Rohölmärkten. Seit Januar hat sich Öl in Europa um mehr als zehn Dollar verteuert. Zu Beginn der Osterwoche ist die Marke von 40 Dollar je Barrel (159 Liter) erneut gefallen. Noch teurer war Brentöl zuletzt Anfang Dezember vergangenen Jahres.

Gleichwohl schlägt der steigende Ölpreis nicht eins zu eins auf die Preise an den Tankstellen durch. Denn Rohöl wird in Dollar gehandelt. Der jüngste Anstieg des Euro im Verhältnis zur US-Währung auf zeitweise mehr als 1,13 Dollar federt daher einen Teil des Preisaufschlags an den Rohölmärkten ab. Allerdings ist der Euro prozentual nicht so stark gestiegen wie der Ölpreis.


Wie stark steigen die Preise an den Tankstellen?

Autofahrer sollten sich auch keine allzu großen Hoffnungen machen, dass die Benzinpreise wieder kräftig unter Druck geraten. Denn an den Rohölmärkten ist der lang anhaltende Preisrückgang offensichtlich gestoppt. Seit Mitte 2014 waren die Ölpreise kontinuierlich gesunken.

Grund dafür war die Schieferölförderung in den USA durch die der Großverbraucher am Weltmarkt als Nachfrager ausgefallen ist. Gleichzeitig hatte das Ölschwergewicht Saudi-Arabien versucht, den Wettbewerber – also die Schieferölproduzenten – durch Niedrigpreisen zu verdrängen, und den Markt mit Öl geflutet. Diese Strategie war zumindest zum Teil erfolgreich. Inzwischen ist die Produktion in den USA rückläufig, viele Ölfirmen mussten aufgeben. Allerdings sind die Lager randvoll.

Die Frage, wie es mit den Ölpreisen – und damit auch mit den Benzinpreisen – weitergeht, hängt maßgeblich auch davon ab, wie schnell diese Lager abgebaut werden. Die Ölstaaten, darunter Saudi-Arabien und Russland und einige andere Mitglieder des Ölkartells Opec, haben sich immerhin darauf geeinigt, ihre Förderung auf dem Niveau vom Januar festzuschreiben. Das ist aber noch keine Kürzung.

Mit anderen Worten: Die Lager werden aufgrund der relativ üppigen Angebotsmengen nur langsam abgebaut werden, zumal die Nachfrage in wichtigen Ölabnehmerländern wie China immer noch schwächelt.

An den Ölmärkten wirken aber noch ganz andere Kräfte. Denn die Gespräche der Produzenten haben das Interesse spekulativer Anleger geweckt. „Die hohe Neigung, auf steigende Ölpreise zu setzen, mahnt weiter zur Vorsicht“, warnte zuletzt Frank Klumpp, Energieexperte der Landesbank Baden-Württemberg.

„Die Erwartungen im Vorfeld des Treffens in Doha im April sind hoffnungslos überzogen“, glauben auch die Experten der Commerzbank. Bis Ende 2016 sieht Klumpp Brentöl bei 45 Dollar, also nur unwesentlich höher als momentan. Sollte diese Prognose zutreffen, wird sich voraussichtlich auch der Preisanstieg an den Tankstellen in Grenzen halten.

Ein Zusammenhang zwischen Ferien und steigendem Benzinpreis ist also nicht nachweisbar. Dennoch sollten sich Autofahrer mit den Benzinpreisen beschäftigen, insbesondere wenn sie in den Osterferien mit dem Auto ins Ausland reisen. Dort müssen sie nach Angaben des Automobilclubs ADAC mit stark unterschiedlichen Spritpreisen rechnen.

Am meisten sparen Autofahrer demnach in Luxemburg und Österreich, wo der Liter Super aktuell weniger als 1,10 Euro kostet. Teurer wird es dagegen in den Niederlanden. Hier sind 1,51 Euro für einen Liter Super fällig. Ähnlich hohe Preise werden in Italien und Dänemark gezahlt. „Bei Reisen in diese Länder lohnt es sich, in Deutschland vollzutanken“, rät der ADAC.

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