Teure Versicherung Strompreis macht Trimet Strich durch die Rechnung

Der Inhaber des Aluherstellers Trimet macht erstmals Verluste – wegen sinkender Strompreise.

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Heinz-Peter Schlüter Quelle: dapd

Witschaftswoche: Herr Schlüter, Ihr norwegischer Wettbewerber Norsk Hydro fährt sein Aluminiumwerk in Neuss bei Düsseldorf von 20 Prozent auf 70 Prozent Auslastung hoch, weil der Strom an der Börse heute nur noch rund 50 Euro pro Megawattstunde statt 60 Euro wie 2009 kostet. Wo bleibt Ihr Jubelschrei?

Schlüter: Die Entscheidung meines Wettbewerbers freut mich, insbesondere für die Mitarbeiter des Werkes in Neuss. Damit unterstreicht Norsk Hydro auch die Bedeutung der Aluminiumproduktion am Standort Deutschland. Bei den Strompreisen hingegen gibt es keinen Grund zum Jubel. Der Grundlaststrom in Deutschland kostet noch immer 20 bis 40 Prozent mehr als in anderen europäischen Ländern wie Frankreich, Spanien oder Schweden.

Trotzdem läuft in der Politik und an der Stromfront doch gerade alles für Sie. Trimet ist als energieintensives Unternehmen zum größten Teil von der Abgabe für die Einspeisung von Ökostrom befreit. Ähnliches bahnt sich bei den Kosten für CO2-Emissionen an. Was wollen Sie mehr?

Wir sind nicht befreit, sondern gedeckelt. Trimet zahlt weiter knapp zehn Millionen Euro für Zusatzabgaben auf den Strompreis, was in guten Zeiten einem Viertel unseres Gewinns entspricht, in schlechten sogar mehr. Von den Kosten für CO2-Emission hoffen wir nach gegenwärtigen Plänen der EU-Kommission zu rund 70 Prozent befreit zu werden.

Reicht Ihnen das nicht?

Das ist im internationalen Wettbewerb immer noch zu wenig. Wir bräuchten 100 Prozent, weil uns diese Kosten, gemessen an unserem Stromverbrauch, unverhältnismäßig stark belasten. Außerdem erhalten wir seit der Liberalisierung des Strommarktes vor gut zehn Jahren nichts mehr vergütet, wenn wir in Notsituationen vom Netz müssen, um die Stromversorgung aufrechtzuerhalten. Das sollte wieder honoriert werden.

Rechnen Sie damit, dass der gesunkene Strompreis an der Börse auch die Preise für mittel- und langfristige Verträge sowie für Lieferungen auf Termin drücken wird?

Die Börse zeigt aktuell für die nächsten Jahre nur einen leichten Anstieg. Der Unterschied zwischen dem Spotpreis an der Börse und zum Beispiel dem Preis für die Lieferung von Strom im Folgejahr bleibt allerdings erheblich und ist leider nicht planbar...

...weil der schnell wachsende Anteil des vorfahrtsberechtigten Wind- und Sonnenstroms das Angebot so sehr nach oben treibt, dass die Preise sinken. Hätten Sie das gedacht?

Einen so schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien konnten wir uns nicht vorstellen.

Erster Verlust in der Firmengeschichte

So setzt sich der Strompreis zusammen
Traditionelle Erzeuger Quelle: dapd
Neue Energien Quelle: REUTERS
Strombörse Quelle: dpa
Verschiedener Strom Quelle: dpa
Die Endverbraucher Quelle: dpa
EEG-Umlage Quelle: dpa

Welche Konsequenzen hat das für Ihr Unternehmen?

Nach der Havarie des Atomkraftwerks im japanischen Fukushima im März 2011 und der darauf folgenden Abschaltung mehrerer AKWs in Deutschland sind die Strompreise schlagartig angestiegen, und wir haben mit weiter stark steigenden Strompreisen gerechnet. Dagegen haben wir uns mit Stromlieferverträgen abgesichert, die sich dann aber als zu teuer herausstellten. Diese Versicherungsprämie hat uns Geld gekostet und unter anderem dafür gesorgt, dass wir für 2011 zum ersten Mal in der Firmengeschichte einen Verlust vermelden müssen, im mittleren zweistelligen Millionenbereich.

Verbraucherschützer und Grüne kritisieren, dass energieintensive Unternehmen wie Ihres die vermutlich steigende Abgabe für Ökostrom immer mehr auf Verbraucher und andere Firmen abwälzen. Rechtfertigt das den Erhalt von Arbeitsplätzen?

Ein Cent mehr pro Kilowattstunde ist in unserer Branche standortentscheidend. Das bedeutet für Trimet 50 Millionen Euro mehr Stromkosten pro Jahr. Das ist so viel, wie wir in guten Jahren verdienen. Ich halte die direkte Aufrechnung der Befreiung von Ökoabgaben mit Arbeitsplätzen für unglücklich. Fakt ist aber, dass wir in Deutschland 1900 Mitarbeiter beschäftigen und jedes Jahr 85 Millionen Euro an Gehältern bezahlen. Ich habe immer gesagt: Wer will, dass wir weiter in Deutschland Aluminium produzieren, muss entsprechend faire Rahmenbedingungen schaffen.

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