Thyssen-Krupp-Belegschaft „Wir werden nicht Trauzeuge für Hiesingers Hochzeit im Himmel“

Seit über einem Jahr verhandelt Thyssen-Krupp mit Tata über eine Stahl-Fusion. Die Arbeitnehmervertreter fordern jetzt Klarheit über die Pläne – und drohen Konzernchef Heinrich Hiesinger mit Widerstand.

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Die ungeklärte Zukunft der Stahlsparte zerrt an den Nerven der Belegschaft. Quelle: dpa

Essen Thyssen-Krupp stehen unruhige Wochen ins Haus: Schon seit über einem Jahr verhandelt der Essener Traditionskonzern über eine Fusion seiner Stahlsparte mit Tata Steel Europe. Ein Ergebnis ist nicht in Sicht, weil der Brexit und die ungelöste Frage, wer die Pensionsverpflichtungen des britisch-niederländischen Konzerns übernehmen soll, immer noch nicht geklärt sind. Das zerrt an den Nerven der Belegschaft von Thyssen-Krupp, die um ihre Standorte und Arbeitsplätze bangt.

Die Ankündigung von Vorstandschef Heinrich Hiesinger, unabhängig von einer möglichen Fusion mit Tata die eigene Stahlsparte zu restrukturieren, um sie wettbewerbsfähiger zu machen, sorgt für zusätzliche Unruhe. An diesem Freitag will das Management nun dem Wirtschaftsausschuss des Konzernbetriebsrats erste Pläne vorstellen. Die Arbeitnehmervertreter kündigten am Mittwoch ihren Widerstand an.

„Bevor wir nicht Klarheit haben, ob die Fusion mit Tata kommt, sind wir nicht bereit, uns auf eine Stilllegung von Anlagen oder Standorten einzulassen“, sagte der Konzernbetriebsratsvorsitzende Wilhelm Segerath in Essen. Er machte erneut deutlich, dass er das ganze Fusionsvorhaben ablehnt. „Die Stärke von Thyssen-Krupp der der Verbund, um konjunkturelle Ausschläge ausgleichen zu können“, sagte er. „Das heißt für uns: Nicht ohne Stahl. Wir werden nicht der Trauzeuge sein für Hiesingers Hochzeit im Himmel.“

Sollte sich das Management auf diese Forderung nicht einlassen, werde es Aktionen der Belegschaft gaben. Segerath vermied bewusst das Wort „Streik“, verwies aber auch auf andere Möglichkeiten wie ausgedehnte Informationsveranstaltungen an den Standorten. „Wie Stahlbelegschaften reagieren können, ist ja bekannt.“ Auch die Mitarbeiter in den anderen Sparten seien zu Solidaraktionen bereit.

Der Stahlchef von Thyssen-Krupp, Andreas Goss, arbeitet schon seit Monaten an entsprechenden Plänen, die Stahlsparte effizienter zu machen. Über das Programm „One Steel“ sollen in den kommenden fünf Jahren rund eine Milliarde Euro an Kosten herausgeschnitten werden. So will Goss die Stahlsparte des Konzerns fit machen für den harten internationalen Wettbewerb, der durch Preiskämpfe und Überkapazitäten geprägt ist.

Konzernnahe Kreise fürchten, dass vor allem die Standorte Duisburg-Süd mit seiner Grobblech-Produktion und Gelsenkirchen mit Electrical Steel einer solchen Restrukturierung zum Opfer fallen könnten. Auch wird über einen möglichen Verkauf der Weißblechtochter Rasselstein in Andernach spekuliert. Betroffen wären von einer solchen Aktion mehrere hundert Arbeitsplätze. „Wir wissen nicht, was kommt“, sagte Segerath. „Wir fürchten aber, dass das Management Fehler macht.“

Das gelte auch für die Fusionsgespräche mit Tata: Die Stahlstandorte von Thyssen-Krupp seien wirtschaftlich und von der Qualität her Weltspitze. „Wir sehen nicht ein, dass hier Kapazitäten im Rahmen einer Konsolidierung rausgenommen werden.“ Dorn im Auge ist dem Konzernbetriebsratschef vor allem das Tata-Werk in Port Talbot im Süden von Wales. Der Standort schreibe rote Zahlen und sei hochdefizitär. Eine Fusion mit Tata inklusive Tata „sehen wir nicht ein. Never ever.“

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