Thyssenkrupp baut Anlagensparte um "German Engineering reicht nicht mehr"

Das Anlagengeschäft von Thyssenkrupp steht vor den größten Veränderungen seit Jahrzehnten. Spartenchef Jens Michael Wegmann will Kompetenzen ins Ausland verlagern und das Servicegeschäft deutlich ausbauen.

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„Wir stehen im Anlagenbau beim Auftragseingang massiv unter Druck.“ Quelle: Thyssen-Krupp Industrial Solutions

Vor großen Aufgaben ist Jens Michael Wegmann nicht bange: „Ich bin ein begeisterter Anlagenbauer“, sagte der 50-jährige Manager, der seit Mitte Oktober 2015 die Geschäfte der Sparte beim Industriekonzern Thyssenkrupp führt. Diesen Enthusiasmus wird Wegmann gut brauchen können, schließlich hat er seinem Geschäftsbereich mit zuletzt 6,3 Milliarden Euro Umsatz gerade den größten organisatorischen Umbau seit Jahrzehnten verordnet.

Seine wichtigsten Beweggründe: Obwohl seit gut 15 Jahren nach der Fusion der beiden Ruhrkonzerne Thyssen und Krupp unter dem Dach der Sparte „Industrial Solutions“ vereint, arbeiten die unterschiedlichen Töchter wie Uhde, Polysius oder Rothe Erde noch vielfach nebeneinander her; manchmal sogar gegeneinander. Synergien haben sich bislang nicht im größeren Maßstab eingestellt.

Das will Wegmann ändern – er muss es auch, denn das Geschäft mit dem Bau von Fabriken für die Herstellung von Zement, Düngemitteln, chemischen Produkten oder Förderanlagen für den Bergbau ist zuletzt schwieriger geworden. Sinkende Öl-, Gas- und Erzpreise dämpft die Investitionslust großer Kunden, die für eine Düngemittel oder Zementfabrik schon mal eine bis zwei Milliarden Euro aufbringen müssen. Die Zahl der neuen Bestellungen ist seit vergangenem Herbst rückläufig. „Wir stehen im Anlagenbau beim Auftragseingang massiv unter Druck“, sagte Wegmann am Montag in Essen.

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Für den Manager sind die Konsequenz daraus klar: Er will die Abhängigkeit von solchen Großprojekten verringern und dafür stärker eine regionale Kompetenz und den gesamten Servicebereich ausbauen. Der wirft mit zweistelligen Margen deutlich mehr ab als das Projektgeschäft. Derzeit trägt der Dienstleistungssektor gerade mal 13 Prozent zum Umsatz bei, binnen der kommenden vier Jahre will Wegmann diesen Anteil auf ein Drittel steigern. Das heißt für ihn aber auch: „Wir müssen näher ran an die Kunden“.

So wird es ab dem 1. Oktober direkte Verantwortliche für die einzelnen Branchen wie Bergbau, Düngemittel, Förderanlagen oder auch den Bau von Marineschiffen geben, der ebenfalls der Sparte angegliedert ist. Eine komplette Führungsebene wurde für diese nähere Anbindung gestrichen, rund die Hälfte der Führungskräfte ausgetauscht. Bei der Abwicklung der Projekte können die Manager nun auf einen Pool von mehreren tausend Ingenieuren sowie eine zentrale Beschaffung zurückgreifen, die für alle Bereiche der Sparte arbeiten.

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