Die Arbeitnehmervertreter von Thyssenkrupp haben vom Management Klarheit über die Pläne für einen Zusammenschluss des Stahlgeschäfts mit dem Konkurrenten Tata Steel gefordert. Sie zeigten sich zugleich gesprächsbereit. "Bislang gibt es keine neuen Fakten. Warum also sollte sich an unserer Haltung zur Fusion irgendetwas geändert haben", sagte der IG Metall-Vertreter und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende von Thyssenkrupp Steel Europe, Detlef Wetzel, am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. "Eine Fusion mit Tata ist keine Lösung. Sie dient nur dazu, außerhalb der Thyssenkrupp-Bilanz Schulden abzukippen. Das machen wir nicht mit", betonte Konzernbetriebsratschef Wilhelm Segerath.
Am 22. September wollen die Stahlkocher in Bochum gegen die Pläne demonstrieren. Am folgenden Wochenende soll der Aufsichtsrat des Konzerns über die Fusion beraten. Thyssenkrupp hatte am Montag mitgeteilt, dass die Verhandlungen mit Tata auf der Zielgeraden seien. Man erwarte eine Zustimmung der Gremien. Noch in diesem Monat könne es eine Einigung auf eine Absichtserklärung (MoU) für ein Joint Venture geben.
Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger verhandelt darüber seit anderthalb Jahren. Zusammen würden Thyssen und Tata den zweitgrößten Stahlkonzern Europas schmieden. Hiesinger richtet seit seinem Amtsantritt 2011 den Konzern weniger auf das konjunkturanfällige Stahlgeschäft aus. Er setzt stattdessen auf die stabileren Technologiegeschäfte mit Aufzügen, Autoteilen, Anlagen oder U-Booten.
Die Arbeitnehmervertreter machen seit Monaten Front gegen die Pläne. Sie befürchten, dass in Deutschland zahlreiche Jobs gestrichen und Standorte geschlossen werden. Wetzel und Segerath zeigten sich bei aller Kritik offen für Zugeständnisse des Managements zur Lösung des Konflikts. "Wir wollen wissen, was der Vorstand vorhat. Das werden wir bewerten und dann entscheiden", sagte der frühere IG Metall-Chef Wetzel. Maßstab sei, dass es für die Beschäftigten eine Zukunft bei Thyssenkrupp gebe.
Der Vorstand müsse jetzt alle Karten auf den Tisch legen, forderte Konzernbetriebsratschef Segerath. Erst dann würden die Arbeitnehmervertreter sich entscheiden. "Wir erwarten, dass alle Beteiligten der Sorgfalt Vorrang gewähren und sich der Verantwortung für die Menschen stellen." Thyssenkrupp Steel Europe beschäftigt rund 27.000 Mitarbeiter.
"Wir lassen uns weder von Investoren, noch vom Vorstand treiben", betonte Segerath. Die Nachrichtenagentur Bloomberg hatte berichtet, der Finanzinvestor Cevian sei gegen eine Fusion mit Tata und fordere stattdessen die Zerschlagung von Thyssenkrupp. Die Schweden halten 15 Prozent an dem Konzern. Cevian habe sich in der Frage einer Fusion noch nicht entschieden, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person Reuters. Der Investor stehe weiter hinter Hiesinger, folge diesem aber nicht blind. "Nach meinem Verständnis haben Cevian und der Vorstand bislang einvernehmlich zusammengearbeitet", sagte auch Warburg-Research-Analyst Björn Voss. "Es erscheint mir unrealistisch, dass der Vorstand über anderthalb Jahre gegen eine Koalition aus Arbeitnehmervertretern und Teilen der Kapitalvertreter (Cevian) gearbeitet hat."