Thyssenkrupp Stahl ist nicht Hiesingers einzige Baustelle

Es wird ein heißer Herbst für Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger. Die mächtige IG Metall macht Front gegen eine mögliche Fusion mit Tata. Nicht nur der Druck im Stahlgeschäft belastet den Essener Technologiekonzern.

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Thyssenkrupp-Stahlwerk in Duisburg Quelle: dpa

Noch herrscht Frieden im Pott. Urlaubsbedingt. Viele Stahlkocher der Hüttenwerke des Industriegiganten Thyssenkrupp weilen in den Sommerferien. Wenn sie Ende August an ihre Arbeitsplätze zurückkehren, dann drehen sie nicht nur an den Hochöfen auf, sondern auch auf der Straße.

Die mächtige Gewerkschaft IG Metall ruft die Kollegen Ende August vor der Stahlzentrale in Duisburg zum Protest gegen die Fusionspläne von Konzernchef Heinrich Hiesinger auf. Der Top-Manager sondiert Möglichkeiten, wie er endlich das Stahlgeschäft des Essener Konzerns in den Griff kriegen könnte. Das leidet dramatisch unter billigen Stahlimporten, vor allem aus China.

Noch im Mai hatte Hiesinger seine Jahresprognose für den Gesamtkonzern wegen der Einbrüche im Stahlgeschäft nach unten geschraubt. Das Unternehmen rechnete im Mai für das Gesamtjahr nur noch mit einem operativen Ergebnis von 1,4 Milliarden Euro. Das Unternehmen drückt eine Schuldenlast von mehr als vier Milliarden Euro. Morgen legt Thyssenkrupp seine Neun-Monatszahlen vor.

Stahl in der Krise: Kommt die große Fusion?

Immerhin, Konkurrent Salzgitter berichtet, erste EU-Antidumping-Maßnahmen gegen Billigimporte aus China hätten seit dem Frühjahr einen überraschend kräftigen Rückgang von Stahlimporten aus dem Reich der Mitte und dadurch einen Anstieg der Preise vieler Stahlprodukte bewirkt. Davon wird sicher auch Thyssenkrupp profitieren.

Sparen und Kräfte bündeln

Aus dem Schneider ist das Stahlgeschäft der Essener aber längst nicht. Denn nicht nur Chinas Billigimporte drücken die Preise, die Überkapazitäten auf dem europäischen Stahlmarkt tun ihr Übriges. Außerdem drohen noch verschärfte Klimaziele der EU, die den Industriekonzern erheblich belasten könnten. Eine Konsolidierung des europäischen Marktes ist nur eine Frage der Zeit. In seinen europäischen Stahlwerken fiel der Gewinn von Thyssenkrupp im Halbjahr um 40 Prozent auf 115 Millionen Euro, die brasilianischen Werke schreiben tiefrot.

Hiesinger muss seine Stahlsparte mit ihren 28.000 Beschäftigen restrukturieren. Er führt deshalb Gespräche mit dem indischen Konkurrenten Tata Steel über eine Fusion der europäischen Aktivitäten beider Konzerne. Wegen der Entscheidung der Briten, aus der EU austreten zu wollen, wird Tata wohl aber an seinen defizitären Werken in Großbritannien festhalten müssen. Das erschwert die Fusionspläne mit Thyssenkrupp. Denn sinnvoll wäre eine solche Zusammenlegung nur, wenn Standorte zusammengelegt beziehungsweise geschlossen würden.

In Deutschland ruft das die IG Metall auf dem Plan, die den Verlust Tausender Arbeitsplätze hierzulande fürchtet. Am 31. August, wenn der Aufsichtsrat von Thyssenkrupp Steel tagt, ruft die Gewerkschaft deshalb zu einem Aktionstag auf. „Wer Hand an die Arbeitsplätze bei Thyssenkrupp Steel legt, wird unseren Widerstand zu spüren bekommen“, kündigte die Gewerkschaft an.

Stahl ist nicht die einzige Baustelle bei Thyssenkrupp

Die Stahlsparte ist allerdings nicht die einzige Baustelle in dem Essener Konzern. Umbauen will Hiesinger auch die Industriesparte, dort sollen ebenfalls Stellen wegfallen. Die Sparte plant und baut Zement- und Chemiefabriken, Kokereien und Raffinerien. Sie baut außerdem Anlagen für den Bergbau und entwickelt Automatisierungslösungen für die Autoindustrie.

Etliche Großkunden halten sich derzeit mit Aufträgen zurück. Im April platzte die Hoffnung auf einen Multi-Milliarden-Euro-Auftrag aus Australien für U-Boote mit deutscher Technik. Statt bei Thyssenkrupp bestellten die Australier neue Unterseeboote beim französischen Konkurrenten DCNS. Der Auftrag hat einen Umfang von umgerechnet 35 Milliarden Euro.

Welche Kennzahlen ThyssenKrupp-Chef Hiesinger verbessern will

Neuen Ärger hat Thyssenkrupp-Chef Hiesinger außerdem auch bei seiner Rüstungstochter Atlas Elektronik. Die Staatsanwaltschaft Bremen ermittelt wegen der Zahlung von Bestechungsgeldern an türkische Berater. Die Tochtergesellschaft Atlas, die je zur Hälfte Thyssenkrupp und Airbus gehört, soll den Verkauf von Torpedos und Sonargeräten an Griechenland und die Türkei mit Schmiergeldern angeschoben haben. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautet auf Bestechung und Beihilfe zur Steuerhinterziehung.

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