Toyota-Europachef Johan van Zyl „Wir müssen die Ärmel hochkrempeln“

Toyota will nicht mehr langweilig sein: Die Japaner arbeiten an neuen Produkten für den europäischen Markt. Im Interview spricht Europachef Johan van Zyl über neue Antriebe, erste Erfolge – und politische Rückschläge.

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Auf dem Autosalon in Paris zeigt Toyota auch den FCV Plus. Ein kleines Konzeptauto mit Brennstoffzelle. Quelle: dpa

Paris Akio Toyoda ist persönlich gekommen, um den Europäern das neue Toyota zu erklären. Erstmals besucht der japanische Konzernchef dafür eine europäische Automesse. Vor der Präsentation des rennsportbegeisterten Toyoda knattert ein WRC-Rennwagen auf die Bühne, während VW gegenüber sein neues Elektroauto parkt. Die Japaner wollen nicht mehr langweilig sein. Das ist erklärtes Ziel. Johan van Zyl weiß, dass man dafür auch neue Modelle braucht. Seit anderthalb Jahren leitet der Südafrikaner die Geschäfte von Toyota in Europa. Mit dem Handelsblatt spricht er über neue Antriebe, die politischen Verwerfungen in Großbritannien und in der Türkei und den Umbau des deutschen Händlernetzes.

Herr van Zyl, Ihr Chef Akio Toyoda kommt hier in Paris das erste Mal auf eine europäische Automesse. Wie erklären Sie ihm, dass Europa für Toyota ein wichtiger Markt ist?
Das muss ich gar nicht. Er weiß sehr genau, wie wichtig dieser Markt für unsere Firma ist. Wir sind hier im Herzen der Autoindustrie. 70 Prozent aller Fahrzeuge für den europäischen Markt werden auch in Europa gebaut – sowohl in der Türkei, in Frankreich und in Großbritannien, also auch in Tschechien, Russland und Polen. Den Rest importieren wir. Aber natürlich wollen wir den Anteil lokal produzierter Fahrzeuge weiter steigern. Der C-HR wird diesen Anteil weiter erhöhen.

Bislang ist der Marktanteil von Toyota in Europa nach wie vor deutlich niedriger als in anderen Weltregionen…
Natürlich ist Europa für uns auch nach wie vor ein Markt, der uns herausfordert. Hier können wir viel lernen. Wir jagen in Europa nicht dem Volumen hinterher, sondern wollen rentabel wachsen. Auf das Jahr peilen wir europaweit einen Absatz von 900.000 Fahrzeugen an – allerdings inklusive Türkei und Russland. Aber auch in Westeuropa haben wir zugelegt.

In Deutschland wächst Toyota allerdings langsamer als der Markt...
Wenn Sie auf den deutschen Markt schauen, muss man schon zugeben, dass wir dort Marktanteile verloren haben. Bei meinem ersten Besuch in Deutschland habe ich klar gesagt: Wir müssen die Ärmel hochkrempeln. Es gibt genug zu tun. Den ersten Schritt haben wir mit der Neuorganisation unserer Händlerstruktur abgeschlossen. Nun wollen wir unsere Marken stärken und schauen, welche Produkte am besten für den deutschen Markt geeignet sind. Wir sehen da bereits erste Ergebnisse. Und mit dem C-HR rechnen wir uns im mittleren SUV-Segment gute Chancen aus.

Mit ihren neuen SUV sind sie stark aufgestellt. Aber das treiben derzeit alle voran. Wie wollen Sie sich vom Wettbewerb abheben?
Wir differenzieren uns über den Hybrid. Allein im vergangenen Jahr waren 24 Prozent unserer verkauften Fahrzeuge mit einem Hybrid unterwegs. Dieses Jahr sollen es schon 31 Prozent sein.

Kommt Ihnen der Diesel-Skandal bei der Konkurrenz dabei zupass?
Es ist wirklich schwierig, zu behaupten, dass die Menschen wegen der Diesel-Thematik zum Hybrid wechseln. Wir glauben eher, dass diese Kunden von der Hybrid-Technologie überzeugt sind. Wir werden auch in Zukunft noch Diesel im Markt sehen. Das wird ein Teil des Technologie-Mixes bleiben. Aber unser Fokus liegt ganz klar auf dem Hybrid.


„Wenn ich auf die Türkei schaue, sehe ich sehr viel Potential“

Hier in Paris zeigen Sie den Prius mit Plug-in-Hybrid, also einem doppelten Antrieb aus Elektro- und Verbrennungsmotor. Bislang ist der Anteil dieser Technologie bei Toyota noch sehr gering. Was versprechen Sie sich vom Plug-in?
Es gibt einige Menschen, die sagen, dass der Plug-in-Hybrid, wenn er nicht geladen wird, im Grunde nur ein Verbrenner mit mehr Gewicht ist. Ich denke das nicht. Wenn man Plug-in-Hybride mit einer Reichweite von mehr als 50 Kilometern ausstattet, dann lohnt er sich – vor allem im städtischen Verkehr. Statistisch gesehen können unsere Kunden die meisten Strecken, die sie täglich zurücklegen rein elektrisch fahren.

Trotzdem war Toyota immer skeptisch, die Technologie in weiteren Baureihen einzusetzen…
Das ist nicht mehr so. Ich kann mir sogar vorstellen, die Technologie in weiteren Segmenten auszurollen.

Andere Marken zeigen hier in Paris Elektroautos. Von Toyota sehen wir da bislang wenig. Wollen Sie kein Pionier mehr sein?
Wir sind und bleiben Pionier. Wir waren bei den Hybrid-Antrieben die ersten. Wir sind Pionier der Wasserstoff-Technologie. Und wir haben ein sehr gutes Gespür für die Anforderungen des Marktes. Wenn wir sehen, dass die Nachfrage nach elektrischer Mobilität steigt, dann können wir sicher auch mehr Elektroautos anbieten. Unsere zukünftige Modellpalette wird ein breites Spektrum an Antrieben haben.

Welche Rolle spielen Mobilitätsdienste in der Europa-Strategie von Toyota?
In Dublin haben wir mit Yuko einen Carsharing-Dienst gestartet. Aber da sind wir gerade noch in der Lernphase. Dazu gehört auch die Entwicklung eines tragfähigen Geschäftsmodells. Wir werden das Stück für Stück hochfahren, sobald wir Erfahrung gesammelt haben.

Die politische Situation in Europa ist gerade turbulent. Toyota hat ein eigenes Werk in der Türkei. Ist die politische Situation ein Problem für Sie?
Nein. Wir haben einen Monat der Unsicherheit erlebt, aber die Situation hat sich sehr schnell erholt. Unsere Produktion wurde nicht großartig gestört, auch nicht bei den Zulieferern. Insgesamt haben wir eine Schicht mit der Produktion aussetzen müssen. Wenn ich auf die Türkei schaue, sehe ich nach wie vor einen Markt mit großem Potential. Ein Land, in dem wir weiterhin investieren.

Hinzu kommt der Brexit. Toyota hat stark dafür geworben, dass Großbritannien in der EU bleibt. Nun ist es anders gekommen. Welche Konsequenzen hat das?
Am liebsten wäre uns, wenn alles so bleibt wie es ist. Aber wir respektieren natürlich den Ausgang des Referendums und den Willen des britischen Volkes. Trotzdem bleiben wir natürlich bei dem, was wir schon vor der Abstimmung gesagt haben. Wir wünschen uns freien Handel mit dem Binnenmarkt - ohne Zölle. Für unsere Produktion brauchen wir den freien Warenverkehr - aber vor allem müssen auch Talente dort arbeiten dürfen, wo sie möchten. Wenn es da große Veränderungen geben wird, dann wird das auch große Auswirkungen auf unsere Wettbewerbsfähigkeiten haben und damit auf unsere Investitionen in unsere Werke.

Trotzdem kommt Ihnen das schwache Pfund doch entgegen?
Es ist schwierig, ein Geschäftsmodell auf einen Wechselkurs auszurichten. Das ist nicht nachhaltig. Denn der Wert einer Währung verändert sich permanent. Im Moment hilft das schwache Pfund beim Export, aber darauf sollte man sich nicht verlassen. Wichtiger sind die langfristigen Wettbewerbsbedingungen.

Im Premium-Segment haben Sie mit Lexus Fortschritte gemacht, sind aber immer noch weit weg von den deutschen Platzhirschen. Wann ist Lexus mehr als ein Luxus-Accessoire?
Wir wollen gar keine weitere deutsche Marke sein. Wir sind Lexus. Aber natürlich wollen wir irgendwann Stückzahlen absetzen, die ein eigenes Geschäftsfeld begründen. Nicht nur für uns, sondern auch für unsere Händler. Dieses Jahr wollen wir mehr als 70.000 Fahrzeuge absetzen. Dafür werden wir auch neue Produkte auf den Markt bringen. Aber welche das genau sind, werde ich noch nicht verraten.

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