Trend zur Aufspaltung Größere Unternehmen sind nicht unbedingt besser

Seite 3/3

Deutsche Konzerne sind erwachsen geworden

Von diesen Forderungen seien rund 40 Prozent erfolgreich und würden am Ende zu einer Auf- oder Abspaltung führen. Doch diese Zahl ist umstritten, da sie nur Auf- und Abspaltungen erfasst – nicht aber weitere Reformen und Restrukturierungen im Unternehmen, die der Investor mit seiner Forderung womöglich angestoßen hat.

Bei all dem Streben nach Gewinnen und Börsenwerten sollten Investoren ihre Forderungen nach einer Aufspaltung mit Bedacht formulieren. Denn eine Aufspaltung zieht häufig viele Kosten nach sich – zum Beispiel Umzüge, den Aufbau einer zweiten Buchhaltung oder die Honorare für Anwälte und Notare.

von Cornelius Welp, Michael Kroker, Jürgen Salz, Martin Seiwert, Reinhold Böhmer

HP und Philips wollen die Aufspaltung jeweils innerhalb eines Jahres vollzogen haben. Es kann sich aber auch bedeutend länger hinziehen. Wie lange, das zeigte einst ein Beispiel aus Deutschland.

Obwohl der DaimlerChrysler-Konzern keine zehn Jahre existierte, dauerte es nach der Trennung 2007 noch weitere fünf Jahre, bis die letzten operativen Einheiten getrennt waren. Die vom damaligen Daimler-Chef Jürgen Schrempp anvisierte Welt AG entwickelte sich zu einem schwer kontrollierbaren Bürokratiemonster.

Die Aufarbeitung der Fusion mit Chrysler und der gescheiterten Beteiligungen an Mitsubishi und Hyundai überlies Schrempp seinem Nachfolger Dieter Zetsche: Schrempp schied bereits 2005 aus dem Konzern aus.

„DaimlerChrysler ist eine große Ausnahme, das war eine Elefantenhochzeit und eine Elefantenscheidung“, sagt der Frankfurter Professor Schalast. „Sonst gibt es juristische und betriebswirtschaftliche Instrumente, mit denen eine Aufspaltung schnell und effizient abgewickelt werden kann.“

An diesen Instrumenten haben sich in den vergangenen Wochen auch zahlreiche deutsche Konzerne bedient – wenn auch mit deutlich kleineren Summen. Mitte September kündigte etwa der Pharma- und Chemiekonzern Bayer an, seine Kunststoffsparte MaterialSciences bis 2016 an die Börse bringen zu wollen.

„Unsere Absicht ist es, zwei globale Top-Unternehmen zu schaffen: Bayer als Innovationsunternehmen von Weltrang bei den Life-Science-Geschäften und MaterialScience als führendes Unternehmen bei den Polymeren“, sagte damals Bayer-Vorstandchef Marijn Dekkers. Wenig später kündigte die Bayer-Agrartochter CropScience an, das Unternehmen Granar in Paraguay zu übernehmen. So will sich der Konzern gezielt im Geschäft mit Soja-Saatgut in Lateinamerika verstärken.

Einen komplett anderen Weg schlägt der Darmstädter Pharmakonzern Merck KGaA ein. Statt sich wie Bayer auf das Pharma-Geschäft zu beschränken, kauft Merck für 13 Milliarden Dollar den US-Life-Science-Spezialisten Sigma-Aldrich. Während Bayer zum fast 100-prozentigen Pharmakonzern wird, nimmt bei Merck durch den US-Zukauf die Bedeutung des Medikamentengeschäfts ab.

„Ich finde es interessant, wie große deutsche Konzerne in den vergangenen Wochen das ganze Instrumentarium von Abspaltungen bis hin zu strategischen Zukäufen nutzen“, sagt Schalast. „Das zeigt, wie erwachsen die Unternehmen geworden sind.“

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%