Trend zur Aufspaltung Größere Unternehmen sind nicht unbedingt besser

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Time Warner gewinnt nach Abspaltung massiv an Wert

Fakt ist: Meist wird die Aufspaltung den Unternehmen aufgezwungen – von den eigenen Geldgebern. „Investoren sehen Aufspaltungen, oder zumindest die Forderung danach, als wesentliches Einflussinstrument“, sagt der Frankfurter Professor Schalast. Das Kalkül der Investoren: Die separierten Unternehmensteile sind in Summe an der Börse wertvoller als das ursprüngliche Unternehmen – und lassen so bei den Anteilseignern die Kasse klingeln.

Das wohl extremste Beispiel der vergangenen Jahre ist die Auftrennung von Time Warner. 2009 lag der Unternehmenswert bei rund 30 Milliarden Dollar. Dann wurden das Kabelfernsehen als Time Warner Cable, die einstige Online-Größe AOL und das Medienunternehmen Time Inc. abgespalten.

Heute summieren sich die Werte der Einzelunternehmen auf 110 Milliarden Dollar – ein Plus von 267 Prozent in fünf Jahren. Der Kurs des S&P 500 ist im selben Zeitraum nur um 141 Prozent gestiegen.

Die größten Spin-offs seit 2010 weltweit
Rang 10Abspaltendes Unternehmen: SLM Corp Abgespaltenes Unternehmen: Navient Land: USA Jahr: 2013 Wert (in Mrd. EUR): 5,6Quelle: Institute of Mergers, Acquisitions and Alliances Quelle: PR
Rang 9Abspaltendes Unternehmen: Tyco Abgespaltenes Unternehmen: ADT Corporation und Pentair Ltd Land: USA Jahr: 2011 Wert (in Mrd. EUR): 6,1 Quelle: PR
Rang 8 Abspaltendes Unternehmen: LVMH Moet Hennessy Louis Vuitton SA Abgespaltenes Unternehmen: Hermes International SCA Land: Frankreich Jahr: 2014 Wert (in Mrd. EUR): 6,3 Quelle: PR
Rang 7Abspaltendes Unternehmen: Westfield Group Abgespaltenes Unternehmen: Scentre Group Land: Australien Jahr: 2010 Wert (in Mrd. EUR): 7,1 Quelle: Reuters
Rang 6Abspaltendes Unternehmen: News Corp Abgespaltenes Unternehmen: New News Corporation Land: USA Jahr: 2012 Wert (in Mrd. EUR): 7,1 Quelle: PR
Rang 5Abspaltendes Unternehmen: Marathon Oil Abgespaltenes Unternehmen: Marathon Petroleum Corp. Land: USA Jahr: 2011 Wert (in Mrd. EUR): 11,3 Quelle: PR
Rang 4Abspaltendes Unternehmen: Fiat SpA Abgespaltenes Unternehmen: Fiat Industrial SpA Land: Italien Jahr: 2010 Wert (in Mrd. EUR): 13,8 Quelle: AP

Doch der reine Blick auf die Unternehmenswerte greift meist zu kurz. „Um den Erfolg einer Aufspaltung bewerten zu können, müssen die Kurse über einen längeren Zeitraum betrachtet werden“, sagt Schalast. „Dafür gibt es aber kaum empirische Messmethoden, da zahlreiche andere Faktoren die Kurse beeinflussen.“

Paradigmenwechsel in den USA

Zu einem ähnlichen Schluss kommt auch Jay Ritter, Finanzprofessor an der Universität von Florida. In einer langfristigen Auswertung von 166 Ausgliederungen seit 1980 lagen die Renditen mehr oder weniger auf dem Marktniveau. Positive Effekte, die alleine auf die Abspaltung zurückzuführen sind, hielten allerdings meist nicht lange.

Dennoch scheint sich – zumindest in den USA – ein Paradigmenwechsel in der Unternehmenswelt anzubahnen. Im harten internationalen Wettbewerb stören sich die Investoren zunehmend an der Größe einer Firma. Sie drängen darauf, sich von langsamer wachsenden Bereichen zu trennen - und sich stattdessen auf die Filetstücke der Geschäfte zu konzentrieren.

Anzahl Spin-offs nach Land und Anzahl seit 2010

Aus Sicht des aktivistischen Investors Trian Fund Management muss sich heute ein Unternehmen das Privileg verdienen, ein Mischkonzern sein zu dürfen. Die Verantwortlichen von Pepsico werden das nicht gerne hören.

Hier fordert Trian die Aufspaltung in das Limonaden- und Snack-Geschäft. Bei Kraft hat Trian die Zerschlagung bereits durchgesetzt – die abgetrennte Snack-Sparte firmiert heute als Mondelez und hat die einstige Mutter beim Börsenwert bereits überholt.

„Die Motivation für M&E-Aktivitäten hat sich geändert“, sagt Christoph Schalast. „In den Sechzigerjahren hieß es überall: Bildet Konglomerate. Damit wurden die Großunternehmen unabhängiger von der Konjunktur und konnten Schwankungen in einem Bereich mit einem anderen ausgleichen. Heute steht eher die Fokussierung im Vordergrund.“

Christopher Kummer will daraus aber keinen weltweiten Trend ableiten. „2013 waren sowohl die Anzahl der Spin-off- und Carve-out-Aktivitäten als auch die Transaktionsvolumina höher als im laufenden Jahr“, sagt der IMAA-Präsident. „Rund 85 Prozent der Aufspaltungen finden in den USA statt. Dort hat man mehr aktivistische Investoren, die oft eine Aufspaltung fordern.“

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