Übernahmen Chinesen sollen lieber draußen bleiben

Die Politik hat den sicher geglaubten Kauf von Aixtron nach China verhindert. Nicht nur wegen der Absage selbst, sondern der Art und Weise ist der Fall zu einem Exempel geworden, der die Übernahme-Welle bremsen wird.

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Gabriel, China Quelle: dpa

Es war nicht mal die Absage, die die Chinesen so erzürnte. Was die Chefs des Investmentfonds Fujian Grand Chip (FGC) und Behördenvertreter in Peking so aufbrachte, war das Tempo, mit dem die Regierung in Berlin ihre Zusage kassierte. Das Wirtschaftsministerium hatte die Übernahme des deutschen Maschinenbauers Aixtron schon genehmigt, doch dann wollte es den Vorgang im November auf einmal erneut „vertiefend prüfen“. Kurz darauf meldete auch eine US-Behörde Sicherheitsbedenken an, schließlich beerdigte US-Präsident Barack Obama persönlich die Übernahme, indem er den Verkauf des US-Geschäfts untersagte. Ein Unternehmen mit weniger als 800 Mitarbeitern und knapp 200 Millionen Euro Umsatz war ins Zentrum der Geopolitik gerückt.

Und wird zum Exempel. Der Fall Aixtron zeigt, dass westliche Regierungen sich entschlossen gegen den angeblichen Ausverkauf stemmen wollen. Im Berliner Wirtschaftsministerium jedenfalls geht schon seit dem Spätsommer die Sorge um, dass sich Chinesen so viel deutsche Hochtechnologie einverleiben, dass darunter mittelfristig die Wettbewerbsfähigkeit leidet. Damit soll nun Schluss sein. Die ganz große Welle chinesischer Übernahmen dürfte erst einmal vorbei sein.

Sie hatte in diesem Jahr alle Rekorde gebrochen. Die von der Regierung in Peking verordnete „Made in China 2025“-Strategie soll das Land auch mittels Zukäufen im Westen technologisch nach vorn bringen. Zehn Prozent des globalen Übernahmevolumens gingen 2016 auf das Konto von Chinesen, allein die Übernahme des Schweizer Agrarkonzerns Syngenta durch Chemchina war rund 45 Milliarden Euro schwer. Deutschland steht besonders im Fokus, bei den meisten Transaktionen waren Chinesen interessiert, größte Übernahme war der Kauf des Roboterherstellers Kuka durch Midea.

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Bisher waren die Türen für Investoren weit offen, doch nun will vor allem Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel sie ein ganzes Stück weit schließen. Laut denkt er über Verschärfungen der bislang sehr liberalen Gesetze nach, aktuell liegt auch die geplante Übernahme des Ledvance betitelten Lichtgeschäfts von Osram auf Eis. Verkäufer von Unternehmen werden sich wegen der gewachsenen Unsicherheit künftig genau überlegen, ob sie Chinesen den Zuschlag erteilen. Die Käufer aus Fernost selbst werden zurückhaltender auftreten.

Aixtron will nach vorne blicken

Manager, Beschäftigte und Aktionäre von Aixtron hätten auf Gabriels überraschende Intervention liebend gerne verzichtet. „Als die geplante Übernahme angekündigt wurde, konnten wir nicht mit diesem Widerstand gegen die Transaktion rechnen“, sagt Aixtron-Chef Martin Goetzeler. „Das war weder für uns noch für die Bieterin absehbar.“ Das Unternehmen schreibt seit Jahren rote Zahlen, mithilfe der Chinesen hätte der Maschinenbauer endlich wieder in größerem Stil in Forschung und Entwicklung investieren können. Auch der Kaufpreis von 670 Millionen Euro war durchaus attraktiv.

von Matthias Kamp, Anke Henrich, Christian Ramthun, Lea Deuber

Nun ist die Zukunft des Mittelständlers völlig ungewiss. Goetzeler hofft, dass sich die Märkte für die Aixtron-Produkte erholen, aber das ist schon in den vergangenen Jahren nicht passiert. Vermutlich steht dem Unternehmen deshalb eine schmerzhafte Schrumpfkur bevor. „Aixtron könnte sich verkleinern, Technologiebereiche abgeben und mit einem spezialisierten Angebot weitermachen“, hat der Chef bereits angekündigt. Paradoxerweise könnte das dazu führen, dass der Maschinenbauer ausgerechnet die Bereiche abgibt, deretwegen die Behörden die Übernahme verboten haben.

„So unerfreulich die Blockade der Transaktion auch ist – wir blicken nun nach vorn“, macht Goetzeler Mut. Schließlich habe sogar der US-Präsident festgestellt, dass Aixtron weltweit führend sei. Derart wichtige Technologien müsse man weiterentwickeln und fördern. Goetzeler kann sich Hilfe beispielsweise „im Rahmen eines neu aufgelegten Investitionsprogramms zur Stärkung der Mikroelektronik in Deutschland“ vorstellen. Wenn es mit den Chinesen nicht geklappt hat, soll eben Berlin helfen. n

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