Übernahmen in der Chemiebranche Hochzeitstoast mit Reagenzgläsern

Die Übernahme des US-Saatgutspezialisten Monsanto ist Bayers größter Zukauf in der Unternehmensgeschichte. Damit nicht genug: Das Dealvolumen der Chemiebranche stieg 2016 auf Rekordniveau. Setzt sich der Trend fort?

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„Auch für das Jahr 2017 ist mit einer hohen Dynamik bei den Fusionen und Übernahmen in der chemischen Industrie zu rechnen“, meint PWC-Partner und Chemieexperte Marc Morawietz. Quelle: dpa

Frankfurt Im globalen Mergers-&-Acquisitions-Geschehen (M&A) war die Chemiebranche in den vergangenen zwei Jahren ganz vorne mit dabei. Und das dürfte sich auch 2017 fortsetzen, erwartet die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgruppe PWC. „Auch für das Jahr 2017 ist mit einer hohen Dynamik bei den Fusionen und Übernahmen in der chemischen Industrie zu rechnen“, schreibt der PWC-Partner und Chemieexperte Marc Morawietz in seiner jüngsten Branchenstudie.

Mehrere Faktoren werden die Entwicklung aus Sicht des PWC-Experten antreiben: So dürften zum einen kartellrechtlich bedingt Konzernteile abgespalten werden, woraus sich für andere Unternehmen neue Übernahmemöglichkeiten ergeben. Zum anderen bleibt nach Erwartung von PWC der Trend zur Konsolidierung und zur Portfolioerweiterung in der Chemiebranche bestehen. Zudem rücke der Zugang zu neuen Fähigkeiten in den Fokus der Akteure. Das heißt, die Chemiefirmen versuchen über Zukäufe ihr eigenes technologisches Know-how zu stärken.

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund rechnen die PWC-Fachleute mit einem anhaltend hohen Bewertungsniveau bei Chemie-Übernahmen. „Der Wettbewerb um attraktive Unternehmen wird auch 2017 weitergehen und die Preise für Übernahmen treiben“, meint Morawietz.

Im vergangenen Jahr ist die Gesamtzahl der angekündigten Chemietransaktionen mit einem Kaufpreis von mindestens 50 Millionen Dollar nach Berechnungen von PWC zwar um rund ein Zehntel auf 197 gesunken, ebenso wie das angekündigte Transaktionsvolumen, das von 237 Milliarden auf knapp 220 Milliarden Dollar schrumpfte. Damit bewegte sich die Chemiebranche aber noch immer weit über dem langjährigen Durchschnitt.

Zudem wurde ein Teil der 2015 besiegelten Deals inzwischen wieder zurückgezogen, sodass sich ein bereinigter Wert von 164 Milliarden Dollar ergibt. Berücksichtigt man diesen Effekt, erreichte das Dealvolumen der Chemiebranche 2016 einen neuen Rekordwert – wobei allerdings auch hier gilt, dass noch nicht alle Transaktionen völlig abgeschlossen sind.

War das Übernahme-Geschehen der Chemie 2015 vor allem von der geplanten Großfusion der US-Chemieriesen Dow und Dupont geprägt, wurde 2016 von der Fusionswelle im Agrosektor geprägt, auf den mehr als die Hälfte des gesamten Deal-Volumens entfällt. Größter Einzeldeal des Jahres ist die geplante Übernahme von Monsanto durch Bayer mit einem Kaufpreis von knapp 57 Milliarden Dollar für die Aktien von Monsanto (und 66 Milliarden Dollar Volumen inklusive der Schulden von Monsanto), gefolgt vom geplanten, aber ebenfalls noch nicht vollzogenen Kauf der Schweizer Syngenta durch Chemchina für rund 44 Milliarden Dollar. Ein weiterer Agro-Deal, die Übernahme von Agrium durch die kanadische Potash Corporation folgt mit 13 Milliarden Dollar auf Platz vier der Liste.

Zum neuen Transaktionsrekord trägt darüber hinaus auch die geplante, rund 35 Milliarden Dollar schwere Fusion von Linde und Praxair bei. Hinzu kommen zahlreiche mittelgroße Deals, darunter auch die Übernahme von Chemetall durch BASF, Chemtura durch Lanxess und die Übernahme des Additivgeschäfts von Air Products durch die Essener Evonik AG.

Mit dieser Serie von Übernahmen erwiesen sich Deutschlands Unternehmen 2016 ganz klar als treibende Kraft in der Chemiekonsolidierung. Sie waren zwar nur für knapp sieben Prozent aller Einzeltransaktionen verantwortlich, stemmen nach Berechnung von PWC mit mehr als 100 Milliarden Dollar aber 47,5 Prozent des gesamten Transaktionsvolumens.

Was die reine Zahl der Deals angeht, dominiert dagegen weiterhin die chinesische Chemiebranche mit fast 50 Prozent Anteil das Geschehen. In der Mehrzahl geht es dabei aber um rein innerchinesische Transaktionen, mit denen chinesische Firmen ihre Strukturen auf lokaler Ebene konsolidieren.

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