Ulrich Steinemann Schlachter will Werkverträge verbessern

Erneut hat ein Leiharbeiter-Skandal die Fleischbranche erschüttert. Besuch von der Staatsanwaltschaft erhielt auch Fleischproduzent Ulrich Steinemann. Er erklärt warum und wie er die Probleme lösen will.

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Steinemann erklärt, man sei auf Werkarbeiter angewiesen, da man beispielsweise für die Schlachtung keine festen Mitarbeiter in der Umgebung, ja noch nicht mal in Deutschland, fände. Quelle: dpa

Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelt derzeit gegen 22 Beschuldigte, die in Rumänien und Polen im großen Stil Billiglöhner für deutsche Schlachthöfe angeheuert haben sollen – ohne, dass ordentlich Steuern gezahlt und Sozialabgaben abgeführt wurden. In der gemeinsamen Ermittlungskommission „Karo“ sind Beamte von Zoll, Steuerfahndung und Polizei den Arbeitsverleihern seit geraumer Zeit auf den Fersen.

Schon Mitte Mai gab es von der Öffentlichkeit unbemerkt eine bundesweite Razzia.  Dabei durchsuchten 450 Beamte 90 Büros und Wohnungen. Ein Geflecht von drei Dutzend Firmen wurden von  Fahndern ins Visier genommen, unter anderem in Kamp-Lintfort, Duisburg und Moers.  Ein NDR-Dokumentation hat die Machenschaften am Montagabend aufgegriffen. Arbeiter wurden bedroht, mussten in maroden Häusern nächtigen. Die Arbeitsverleiher machen in der Fleischbranche enorme Gewinne, längst dürften auch Protagonisten aus dem Rocker-Milieu aktiv sein.

Auch der niedersächsische Fleischproduzent Steinemann bekam Besuch von der Staatsanwaltschaft. Geschäftsführer Ulrich Steinemann erklärt warum und wie er den Machenschaften künftig einen Riegel vorschieben will.

WirtschaftsWoche: Herr Steinemann, Sie haben vor der Fernsehsendung am vergangenen Montag über die Wohn- und Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter in deutschen Schlachthöfen ihren Geschäftspartnern mitgeteilt, dass Sie nicht mit einer wahrheitsgemäßen Berichterstattung rechnen. Fühlen Sie sich bestätigt?


Steinemann: Insgesamt haben uns die im Film des NDR gezeigten Machenschaften den Atem genommen. Hinsichtlich der Unterbringung der für uns tätigen Werkarbeiter haben wir jedoch Zweifel an der Darstellung. Nach unseren Kenntnissen waren die Wohnungen der Mitarbeiter, die für uns tätig waren, absolut in Ordnung.

Und woher beziehen Sie ihre Kenntnisse?
Die Unterkünfte, die wir stellten, hat einer unserer Mitarbeiter regelmäßig und in Abstimmung mit dem Vorarbeiter überprüft. Weder von ihm noch vom Gesundheitsamt der Landkreises Vechta gab es Beanstandungen.

Warum haben Sie sich nicht gleichermaßen für die anderen Unterkünfte ihrer Werkarbeiter interessiert?
Soweit wir über Dienstleister Arbeitskräfte beziehen, haben wir rechtlich nur begrenzte Möglichkeiten, diese auch zu kontrollieren. Andererseits sind wir auf Werkarbeiter angewiesen, da wir beispielsweise für die Schlachtung keine festen Mitarbeiter in der Umgebung, ja noch nicht mal in Deutschland, finden.

Ermittlungen richten sich nicht gegen Steinemann


Deutschlands Schlachtkönige
Unifleisch Quelle: AP
Attenberger Quelle: dpa/dpaweb
Färber Gruppe Quelle: dpa/dpaweb
Vogler Quelle: AP
Teterower Fleisch Quelle: AP
Hülshorst GmbH Quelle: AP
Westphal Schlachthof Quelle: AP


Wie viele Werkarbeiter beschäftigt Ihr Unternehmen?
Wir sind in den vergangenen Jahren ordentlich gewachsen. Dennoch haben wir den Anteil an Werkarbeitern kontinuierlich gesenkt. Insgesamt beschäftigen wir rund 450 Mitarbeiter, rund ein Drittel davon sind Werkarbeiter. In anderen Unternehmen aus der Branche dürfte der Prozentsatz wesentlich höher.

Im Internet heben Sie die Qualitäts- und Sicherheitsstandards hervor, nach denen Sie das Vieh zu Fleisch verarbeiten? Haben Sie keine Standards für die Beschäftigung von Werkarbeitern?
Selbstverständlich kümmern wir uns auch um unsere Mitarbeiter. Ohne motivierte Mitarbeiter könnten wir unsere hohe Qualität sowieso nicht halten. In diesem Jahr haben wir beispielsweise 18 polnische Arbeitssuchende aus Jastrowie, der Partnerstadt von Steinfeld, zu uns geholt, und zwar als Festangestellte.

Warum hatten Sie dann die Staatsanwaltschaft im Haus?
Weil gegen die Mitarbeiter eines der Werkvertragsunternehmen, mit dem wir zusammenarbeiten, ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Düsseldorf läuft. In diesem Zusammenhang hat uns die Staatsanwaltschaft aufgesucht und um die Übergabe von Geschäftsunterlagen, die dieses Unternehmen betreffen, gebeten. Die Ermittlungen richten sich nicht gegen unser Unternehmen oder Mitarbeiter unseres Unternehmens.

Wie lange arbeiten Sie denn schon mit dem Dienstleister zusammen?
Mit RBV arbeiten wir seit fünf Jahren zusammen.

RBV ist eine Personalvermittlung in Duisburg, die sich als „zuverlässiger Partner für die Arbeitnehmerüberlassung oder Werkverträge im gewerblichen Bereich“ bezeichnet und für die „gesetzliche Spielregeln ein absolutes Muss“ seien. Dem war wohl nicht so.

Wir haben uns während der Zusammenarbeit bestätigen lassen, das ein branchenübliches Lohnniveau nicht unterschritten wird. Nach den Informationen, die uns durch den Dienstleister vorgelegt wurden, trifft dies auch nicht zu.

Sie sind also selbst getäuscht und betrogen worden?
Ich kann nur betonen: Bisher hatten wir an der Zusammenarbeit mit RBV nichts auszusetzen. Jeden Monat haben wir die Informationen über die Sozialabgaben für jeden einzelnen Mitarbeiter bekommen. Wir haben RBV zur sofortigen Klärung aufgefordert und die Zusammenarbeit am 29. Juni vorläufig beendet.

Welche Konsequenzen ziehen Sie aus den Vorfällen?
Wir wollen künftig in den Verträgen zusätzliche Pflichten für die Dienstleister aufnehmen, die vor allem mehr Rechte der Arbeitnehmer sicherstellt. Darüber hinaus werden wir die Überprüfung der Dienstleister durch uns intensivieren.

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