United Technologies will Rockwell Collins Dieser Deal kommt Boeing und Airbus teuer zu stehen

Die Fusion der Zulieferer-Riesen United Technologies und Rockwell Collins verschiebt das Machtgefüge in der Luftfahrtbranche. Das ist bitter für die großen Flugzeugbauer Boeing und Airbus. In mehrfacher Hinsicht.

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Quelle: dpa

Das heraufziehende Grollen war seit Wochen zu hören. Dennoch klingt die Verkündung der Fusionspläne wie ein Donnerschlag. Für 30 Milliarden US-Dollar (rund 25 Milliarden Euro) soll Rockwell Collins an den Mischkonzern United Technologies (UTC) fallen. Es wäre eine der größten Übernahmen in der Geschichte der Luftfahrtbranche.

Für die bislang scheinbar unangefochtenen Herrscher der Lüfte, Boeing und Airbus, ist die Fusion auch bitter. Sie dürfte das Machtverhältnis in der Luftfahrtbranche durchrütteln. Es geht nicht allein ums Geld, es geht um die Kontrolle der Luftfahrtbranche.

In den vergangenen Jahren dominierten die Flugzeughersteller klar die Verhandlungen mit ihren Zulieferern. Wer bei ihren Großaufträgen eine Chance haben wollte, musste Boeing und Airbus entgegenkommen. Weit entgegen. Die Auftraggeber drückten nicht nur die Preise und verlangten eine Produktion, die so sparsam ist wie nur möglich. Wer bei Projekten mitmachen wollte, musste sich am Risiko beteiligen, etwa indem er die Forschung oder den Ausbau der Produktionsanlagen selbst zahlte.

Die größten Mischkonzerne weltweit nach Marktwert

Die Macht der großen zwei dürfte in Zukunft durch den neuen Zulieferergiganten aufgewogen werden. United Technologies ist längst die Nummer 1 der Branche. Zu den Geschäftsbereichen des weltweit agierenden Mischkonzerns gehören etwa UTC Aerospace Systems, ein Produzent von Komponenten für Luft- und Raumfahrt und Nord-Micro, der Weltmarktführer in der Produktion von Kabinendruckregelsystemen.

Bereits 2012 übernahm United Technologies für knapp 17 Milliarden Dollar Goodrich. Das Unternehmen baut unter anderem Bremsanlagen für Flieger. Von immenser Bedeutung ist auch die Tochter Pratt & Whitney. Sie zählt zu den größten Flugzeugturbinenherstellern weltweit und produziert die Antriebe für viele Top-Modelle von Airbus und Boeing.

Rockwell Collins erweitert das Portfolio nun in eine neue Richtung: Armaturen und  Kommunikationssysteme. Das ist nicht nur gut, weil die Kartellbehörden wenig gegen diese vertikale Erweiterung sagen können. Die Bedeutung von United Technologies wächst enorm.  "Rockwell Collins ist der Zulieferer für die Bordelektronik der 787", sagte Unternehmensberater Hans Weber von Tecop International gegenüber Bloomberg. "Mit der Übernahme wird United Technologies zu einem Zulieferer von besonderer Wichtigkeit für Boeing."

Diese Konzentration in der Branche werden die Flugzeugbauer zu spüren bekommen. Offiziell, so viel ist bereits klar, will United Technologies sich besser vor dem Druck von Airbus und Boeing bei den Verhandlungen schützen.

Die Macht der Zulieferer

Tatsächlich geht es aber um mehr: Lange Zeit standen Airbus und Boeing in der Regel mehreren Herstellern gegenüber. Nun sind es in zentralen Feldern gerade einmal eine Handvoll.

Beispiel Triebwerksbereich: Neben der UTC-Tochter Pratt & Whitney gibt es nur noch GE Aviation und Rolls Royce. Und deren Macht ist groß. Zwar suchen offiziell die Fluglinien die Motoren aus. Doch Airbus und Boeing gaben die Auswahl vor. Im Klartext: Sie konnten den Zulieferern ihre Bedingungen diktieren. Das wird künftig schwieriger.

Der Grund ist, dass Riesen wie UTC und GE nun immer mehr Systeme anbieten können. Das erlaubt ihnen ihrerseits, den Druck zu erhöhen. Die Verhandlungsposition ist klar. Das Motto: wenn ihr in einem Bereich unsere Toptechnik wollt, müsst ihr uns auch woanders berücksichtigen. Andernfalls wandern die Technologien eben zur Konkurrenz. Dazu könnte etwa der staatliche Herstellern AVIC aus China zählen, wo die Regierung auch gleich ordentlich für Aufträge sorgt.

Gleichzeitig haben Flugzeughersteller durch die Konsolidierung weniger Druckmittel, wenn den Lieferanten Fehler passieren. Die könnten nach empfindlichen Strafzahlungen, die bislang nicht unüblich sind, die Komponenten trotzig zur Konkurrenz wandern lassen. Und Probleme gibt es oft: Das neue Wundertriebwerk für den Airbus A320 mit einer besonders sparsamen Technologie aus dem Haus UTC funktioniert auch gut 20 Monate nach der Auslieferung der ersten Jets nicht richtig.

Die neuen Lieferriesen können nun ihre Kosten senken und verdienen noch mehr Geld. Das dürfte besonders Airbus-Chef Tom Enders fuchsen. „Jeder unserer Zulieferer hat eine höhere Rendite als wir“, wetterte er bereits vor Jahren.

Und nicht nur, dass die neuen Lieferriesen in Zukunft noch profitabler arbeiten können, weil Synergien aus den Fusionen nutzbar sind. Sie können auch anders als früher glaubhaft Druck machen, indem sie auf einen Auftrag verzichten, wenn ihnen die Gewinnspanne zu klein ist. Dann bleibt den Flugzeugbauern nur, mehr zu zahlen - und die ohnehin mächtigen Lieferanten weiter zu stärken.

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