USA als Wachstumsmotor Deutschland profitiert von Amerikas Industrie

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Die USA als Standort im Visier

Mosers Liste ist eindrucksvoll: Apple baut mit 1700 Mitarbeitern ein Notebook-Modell neuerdings in Texas, General Electric hat die Produktion verschiedener Haushaltsgeräte von China nach Kentucky verlagert, der Chemieriese Dow Chemical schafft durch die Rückverlagerung nach Louisiana und Texas bis zu 35 000 Jobs. Auch Motorola, Boeing und Caterpillar haben ihre Liebe zum Standort USA wiederentdeckt. Möglicherweise sind diese Unternehmen aber nur die Vorhut. Derzeit überlegen laut einer Befragung von BCG über 54 Prozent der US-Unternehmen mit mehr als einer Milliarde Dollar Umsatz, ob sie sich dem Trend anschließen.

Natürlich betrachten deutsche Unternehmen den Standort USA nicht nur aus der Ferne. Wo nötig und möglich, versuchen sie, die Vorteile direkt abzugreifen. „Unsere Fertigungsindustrie hat die USA nicht nur als Exportmarkt, sondern auch als Standort im Visier“, sagt Bain-Berater Schmiedeberg. Für den Maschinenbauer-Verband VDMA steht zweifelsfrei fest: „Die USA ist der wichtigste ausländische Investitionsstandort.“ Und der Verband der chemischen Industrie setzt seine Hoffnungen vor allem auf die Vereinigten Staaten. „Die USA sind der wichtigste Markt und Produktionsstandort im Ausland.“ Dabei haben sich die Motive der Unternehmen verändert. „Häufig geht es nicht mehr nur noch darum, mit der US-Produktion den amerikanischen Markt besser bedienen zu können. Das war in der Vergangenheit oft das Motiv für Produktionsverlagerungen in den USA“, sagt Bain-Experte Schmiedeberg. „Die USA sind für deutsche Unternehmen heute immer öfter ein günstiger Produktionsstandort und ein Kompetenzzentrum, von wo aus zukünftig der Weltmarkt beliefert wird.“

Autobauer sind bekannteste Direktinvestoren

So investiert etwa BASF wegen der niedrigeren Energiepreise Milliarden in den Ausbau seiner Produktion in den USA. Der Spezialchemiehersteller Evonik produziert Leichtbauteile für Autos künftig in Alabama, Wettbewerber Lanxess hat neuerdings eine Fabrik für synthetische Materialien in North Carolina. Der Duisburger Stahlhändler Klöckner & Co. hat bereits über 50 Standorte in den USA und sie zum „Kernwachstumsmarkt“ erklärt. Für Chef Gisbert Rühl sind die Staaten im Vergleich zu Deutschland „der bessere Industriestandort“, wo er vor allem organisch wachsen oder Wettbewerber übernehmen will.

Die bekanntesten deutschen Direktinvestoren in den USA sind allerdings die Autobauer. VW hat eine Verdopplung der Kapazität im US-Werk im Bundesstaat Tennessee beschlossen. BMW erweitert das US-Werk in Spartanburg im Bundesstaat South Carolina bis 2016 mit einer Gesamtinvestition von rund einer Milliarde Dollar. Drei von vier Autos aus Spartanburg gehen in den Export. Daimler ist dabei, die Produktion der Mercedes C-Klasse von Stuttgart nach Tuscaloosa zu verlagern. Eine weitere Fabrik zur Belieferung des US-Markts soll zusammen mit Partner Nissan in Mexiko hochgezogen werden.

Proteste in Deutschland gegen mehr Produktion in den USA sind selten. Die dort gebauten Autos sicherten durch Zulieferteile auch Jobs in Europa ab, heißt es etwa beim BMW-Betriebsrat. Auch die Belegschaftsvertreter bei Daimler sind zufrieden: Im Juli verkündete der Konzern, dass die Produktion nicht nur weltweit ausgebaut wird, sondern bis 2020 auch 1,5 Milliarden Euro in den Standort Sindelfingen fließen sollen. So werde dort künftig die neue E-Klasse und ein weiteres, noch unbekanntes Modell gebaut. „Damit haben wir“, freut sich der Sindelfinger Betriebsratsvorsitzende Ergun Lümali, „die Zukunft des Standorts über 2020 hinaus gesichert.“

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