Vattenfall Energieriese meldet herbe Verluste

Strompreisverfall, unrentable Kraftwerke, Abschreibungen: Der schwedische Stromkonzern Vattenfall macht 2,1 Milliarden Euro Minus. Noch dazu droht der geplante Braunkohleverkauf in Deutschland in einem Fiasko zu enden.

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Der schwedische Energiekonzern will seine Kohlesparte loswerden. Aber die Preisvorstellungen von Vattenfall sind illusorisch. Quelle: dpa

Düsseldorf/Stockholm Die niedrigen Energiepreise machen dem schwedischen Stromkonzern Vattenfall schwer zu schaffen: Im vergangenen Jahr musste der Energieriese einen Verlust von 19,8 Milliarden Kronen (2,1 Milliarden Euro) einstecken. Als Konsequenz der tiefroten Zahlen kündigte Vattenfall-Chef Magnus Hall an, keine Dividende an den Staat zu zahlen. Für 2015 meldet der staatseigene Konzern Abschreibungen in Höhe von 36 Milliarden Kronen (3,9 Milliarden Euro).  

Vattenfall leidet wie Eon oder RWE unter dem Verfall der Großhandelspreise für Strom. Die großen Kraftwerke werfen kaum noch Gewinne ab. An der Leipziger Strombörse bekommen Versorger für eine Megawattstunde, die sie im nächsten Jahr liefern, nicht einmal mehr 23 Euro. Zum Vergleich: Vor vier Jahren waren es noch 50 Euro.

Billiges Öl und Erdgas befeuern den rasanten Absturz zusätzlich. Erst am Dienstag musste der Karlsruher Energiekonzern EnBW deshalb fast eine Milliarde Euro abschreiben. Nun folgt Vattenfall, der hierzulande viertgrößte Stromkonzern.

Neben den niedrigen Energiepreisen ist die Braunkohlesparte in Deutschland das größte Sorgenkind von Vattenfall. Schon im Oktober 2014 ordnete die schwedische Regierung an, dass der Energiekonzern aus der Kohleverstromung aussteigen soll. Schließlich ist die Energiebilanz des Brennstoffs miserabel, der Kohlendioxidausstoß bei der Verfeuerung immens.

Vattenfall-Chef Magnus Hall versucht deshalb das schier Unmögliche: Just während in Deutschland eine Debatte über einen Kohleausstieg läuft, will er bis Mitte des Jahres vier Braunkohleraftwerke und die dazugehörigen Tagebaubetriebe in der ostdeutsche Lausitz verkaufen. Als Lockmittel packte Hall zehn Wasserkraftwerke ins Paket.

Zwar gibt es mit den tschechischen Energieversorgern CEZ, Vrsanka Uhelna, EPH sowie dem deutschen Kraftwerksbetreiber Steag zumindest vier ernst zu nehmende Interessenten. Allerdings sind die Preisvorstellungen von Vattenfall illusorisch. Ursprünglich strebte der schwedische Energiekonzern zwei bis vier Milliarden für seine deutsche Kohlesparte an.


Vattenfall muss im schlimmsten Fall draufzahlen

Nach Informationen des Handelsblatts aus Finanzkreisen muss Vattenfall aber wohl schon froh sein, wenn der Energiekonzern 200 bis 300 Millionen Euro bekommt. Derzeit läuft der Due-Diligence-Prozess. Kaufinteressenten dürfen sich über die Bücher beugen. Die Bieter kalkulieren höchst konservativ. Sie preisen die unsicher Zukunft von Kohle als Energieträger ein.

Kohlekraft gilt in Deutschland als Auslaufmodell. Bis 2050 will die Bundesregierung 80 Prozent des Stromverbrauchs über erneuerbare Energien abdecken. Alte Kohlekraftwerke sollen den jüngsten Plänen des Wirtschaftsministeriums zufolge nur noch vorübergehend als Notreserve am Netz gehalten werden, bevor endgültig der Stecker gezogen wird.

Potenzielle Käufer von Vattenfalls Kohleaktivitäten in Deutschland verlangen deshalb Garantien von der Bundesregierung. Sie fordern eine langfristige Perspektive wie es mit der Braunkohle weitergehen soll. Wird es diese nicht geben, wird sich das nach Ansicht der meisten Analysten äußerst negativ auf den Kaufpreis auswirken.

„Bei den jetzigen Energiepreisen handelt es sich um eine sehr spekulative Investition mit großen Risiken“, erklärte Petr Bart diese Woche der schwedische Zeitung „Svenska Dagbladet“. Der Analyst der größten tschechischen Bank, Ceska Sporitelna, geht davon aus, dass der Wert der Braunkohlesparte „deutlich“ unter den Summen liegen werde, die Vattenfall anstrebt. Bart geht derzeit von einem Kaufpreis von etwa 300 Millionen Euro aus.

Es könnte aber alles noch viel schlimmer kommen. Ein Analyst in Stockholm, der namentlich nicht genannt werden wollte, erklärte sogar, dass Vattenfall „im schlimmsten Fall draufzahlen“ muss. Der geplante Verkauf der deutschen Braunkohle droht für Vattenfall ein Desaster zu werden.

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