VDA-Neujahrsempfang Der Eiertanz um die Kaufprämie

Erst will die Politik Elektroautos, dann auch die Industrie. Bloß die Kunden zeigen bisher kaum Interesse. Nun sollen Anreize her. Nur welche? Der Neujahrsempfang des Branchenverbandes VDA zeigt den Stand der Diskussion.

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Ein Auto am Stromkabel: Rufe nach einer Kaufprämie für Elektroautos werden immer lauter. Quelle: dpa

Berlin Alexander Dobrindt ist ein Mann der markigen Worte. Die Autobahnmaut wollte er in Deutschland schon einführen, nun hat er sich die Elektromobilität auf die Fahnen geschrieben. „Wir brauchen ein Programm zum Hochlauf“, sagte der Bundesverkehrsminister vor der versammelten Autoindustrie. „Vorschläge sind genug gemacht worden, jetzt brauchen wir Entscheidungen.“

Sein Publikum findet er an diesem Mittwochabend im feinen Berliner Oldtimer-Treff Classic Remise. Der Branchenverband VDA hatte zum Neujahrsempfang geladen, und gut 500 Gäste kamen. Auch Volkswagen-Chef Matthias Müller, die wohl am meisten beobachtete Person an diesem Abend.

Direkt sprach ihn Dobrindt nicht an. Nur dass in diesem Jahr auch die Aufarbeitung der Vergangenheit anstehe, sagte er. Jeder der überwiegend männliche Zuhörer wusste wohl, was damit gemeint war.

Aber das lästige Diesel-Thema war bald abgehakt, schon blickte Dobrindt in Richtung Zukunftsthemen. 12.500 Elektroautos wurden 2015 in Deutschland zugelassen, viel zu wenige, um im Jahr 2020 auf die angepeilte Zahle von einer Million zu kommen.

Rufe nach staatlicher Kaufprämie

Um den Verkauf der i-Modelle anzukurbeln, fordert BMW beispielsweise immer lauter direkte Kaufprämien wie in den Niederlanden oder in Norwegen. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel will jedem Käufer eines Stromautos 5000 Euro aus der Staatskasse zahlen. Seine bayerische Amtskollegin Ilse Aigner findet die Idee seit Montag ebenfalls gut, auch wenn ihr Parteifreund Dobrindt eine direkte Kaufprämie bislang ablehnt. Alles klar?

„Nächste Woche kommt es zum Schwur“, hieß am Abend in den Reihen der Autoindustrie. Denn schon am 2.Februar sollen BMW-Chef Harald Krüger, VW-Chef Matthias Müller und Daimler-Chef Zetsche ins Kanzleramt kommen. Mit leeren Händen werden sie wohl nicht zurückkehren.

Doch selbst wenn sich die Bundesregierung zu einer Kaufprämie durchringen sollte, blieben mehrere Fragen offen: Ab wann soll die Subvention gelten? Tritt sie beispielsweise erst ab dem Herbst oder dem kommenden Jahr in Kraft, dann ist der Markt bis dahin tot, geben Industrievertreter zu bedenken. Viele erinnern sich zudem noch an die Abwrackprämie in der Finanzkrise, die der Branche Entlastung brachte und den Staat viel Geld kostete.


Aufbruchstimmung in der Autobranche

In vielen Konzernen herrscht dennoch geradezu Aufbruchstimmung, heißt es nun in vielen Ecken. Jedenfalls scheint die gesamte Branche im Moment zwischen freudiger Erwartung und dem Stress des Getriebenen zu schwanken. Eine neue Zeit breche an mit der Elektromobilität, heißt es auch an diesem Abend bei Rinderbraten oder der Alternative dazu, den Kürbisravioli. Diese Zeit sei jetzt, und sie sei vergleichbar mit dem Übergang von der Pferdekutsche zum ersten motorgetriebenen Wagen.

Andererseits treibt viele die Sorge: Wie schlägt sich unser Unternehmen, wenn es die etablierten Pfade verlässt? Wird die Konkurrenz besser sein? Und vor allem will überhaupt der Kunde diese Technik? Im Moment sieht es schließlich nicht danach aus. Hinzu kommt der niedrige Ölpreis, der ein Umdenken bei denen nicht nötig erscheinen lässt, die täglich Auto fahren.

In vielerlei Richtungen wird deshalb geforscht und entwickelt. Allein im Volkswagen-Konzern laufen die Ideen im Moment in drei Richtungen. Porsche, Audi und VW treiben jeweils unterschiedliche Projekte voran. Das ist die eine Seite.

Fehlende Ladestationen

Die andere ist die noch immer überschaubare Ladeinfrastruktur. Wer ein Elektroauto über Nacht in der heimischen Garage laden will, muss feststellen, dass wegen des hohen Stromverbrauchs ständig die Sicherung rausfliegt. Erst wenn Waschmaschine und Gefriertruhe abgestellt sind, funktioniert das Laden. Auf solche Experimente verzichten die meisten Kunde gerne.

Öffentliche Schnellladestationen müssen also überall gebaut werden. Doch da ziehen die großen Stromversorger noch nicht mit. Die sind schließlich immer noch mit den Folgen der Energiewende beschäftigt. Ehe man sich in ein solches Großprojekt stürzt, müsse erkennbar sein, was langfristig an Erträgen zu erzielen sei, heißt es. Nur das kann im Moment niemand sagen.

Fest steht somit nur eines: 2016 wird ein Jahr sein, das die Autobranche unter Strom setzt.

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