Verunreinigte Matratzen Die Pannen-Anlage der BASF

Wer in den vergangenen Tagen eine Matratze gekauft hat, sollte vorsichtig sein. Die neue Bett-Unterlage könnte eine erhöhte Konzentration von gesundheitsschädlichen Dichlorbenzolen enthalten. Der Grund: technisches Versagen beim Lieferanten BASF. Mit der entsprechenden Anlage hat der Ludwigshafener Konzern nicht zum ersten Mal Probleme.

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Quelle: REUTERS

Dichlorbenzol kann Haut, Atemwege und Augen reizen und steht im Verdacht, Krebs zu verursachen. Die BASF stellt das Schaumstoffvorprodukt Toluoldiisocyanat, kurz TDI, her, in dem das Dichlorbenzol enthalten ist. Durch ein technisches Problem an der Anlage ist nun viel zu viel Dichlorbenzol in das TDI geraten. Einen ganzen Monat lang, zwischen dem 25. August und dem 29. September, produzierte die Anlage den fehlerhaften Stoff.

Erst dann fiel einem Kunden – und nicht etwa der BASF selbst – das Missverhältnis auf. Noch ist nicht klar, an wie viele Endkunden die fehlerhaften und wohl gesundheitsschädlichen Matratzen geliefert wurden. Der Hersteller Dunlopillo etwa stoppte sofort die Auslieferung und leitete eine große Rückrufaktion ein. Auf die BASF kommen unruhige Zeiten, viel Ärger und möglicherweise Schadenersatzforderungen zu.

Der Fachverband Matratzen machte seinem Ärger bereits Luft. In einer Erklärung beklagte der Verband, sich von der BASF allein gelassen zu fühlen. Wie mit den belasteten Matratzen umzugehen sein, dazu habe der Ludwigshafener Konzern noch nichts verlauten lassen.

Es sei immer noch unklar, wie stark die „deutlich erhöhte Konzentration an Dichlorbenzol“ sei und wie sich das auswirke. Der Verband sei auch erst am späten Nachmittag des 10. Oktober von der BASF informiert worden. Der Chemie-Primus hält dem entgegen, dass er nach dem Hinweis am 29. September die Anlage eingehend untersucht und am 4. Oktober seine direkten Kunden informiert habe.  Häufig liefert die BASF allerdings nicht direkt an Matratzen-Hersteller sondern an Kunden, die den Schaumstoff zu Blöcken verarbeiten und dann weiterverkaufen. Nun bietet die BASF an, das TDI, das sich noch in den Tanks der Kunden befindet, zurückzunehmen und Schaumblöcke, die aus verunreinigten Isocyanaten hergestellt wurden, einzusammeln.

TDI – die Abkürzung wird langsam zum Horrorbegriff in Ludwigshafen. Die BASF, einst berühmt für ihre Ingenieure und Chemiker, kriegt ihre TDI-Anlage, die nun auch für die verunreinigten Matratzen verantwortlich ist, nicht in den Griff. Eine Milliarde Euro steckten die Ludwigshafener Unternehmenskennern zufolge in den Bau der neuen Anlage.

Doch so richtig in Schwung kam die Produktion dort selten: Zunächst verzögerte sich der Bau wegen einer Fliegerbombe. Dann fielen Materialfehler auf, mehrmals trat giftiges Phosgen-Gas in einer Sicherheitskammer aus. Ende November vergangenen Jahres stand die Anlage wegen eines technischen Defekts still. Und nun geriet dort zu viel Dichlorbenzol ins TDI. Wie es auch anders geht, zeigt der Konkurrent Covestro. Das Unternehmen aus Leverkusen, das bis vor kurzem zu Bayer gehörte, baute ungefähr zeitgleich eine TDI-Anlage in Dormagen bei Köln, die – nach allem, was man weiß – einwandfrei läuft. Die BASF-Anlage war freilich komplexer ausgelegt: Dort wurde zusätzlich noch die Produktion für die Vorprodukte Chlor und Salpetersäure hochgezogen.

Die neuerlichen Probleme bei der BASF sorgen inzwischen nicht nur Matratzen-Hersteller und Verbraucher. Sondern auch die Aktionäre: Das BASF-Papier verlor im Laufe des Tages um mehr als ein Prozent und zählte damit zu den Verlierern im Dax.

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