Vestas Der Feind im eigenen Laden

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"Keine Frage eines Interessenkonflikts"

Die Staatsanwaltschaft geht nun dem Verdacht nach, dass ein Teil der von Vestas an Contur gezahlten Provisionen in die Taschen eines ehemaligen WKN-Managers geflossen sind. Bei der internen WKN-Untersuchung soll sich herausgestellt haben, dass er Rechnungen für nicht näher benannte „Beratungsdienstleistungen“ an Contur verschickt hat. So könnte er privat dafür entlohnt worden sein, wenn WKN bei Vestas einkaufte. Der Manager streitet dies ab. Sämtliche Leistungen für Contur habe er vor seiner Zeit bei WKN erbracht. „Deshalb stellte sich auch zu keinem Zeitpunkt die Frage eines Interessenkonflikts.“

Auch der frühere Zentraleuropachef von Vestas soll noch während seiner aktiven Zeit der Contur Dienstleistungen in Rechnung gestellt haben. Er lehnte eine Stellungnahme hierzu ab. Gegen ihn ermittelt nach einer Anzeige von Vestas auch die dänische Polizei.

Die 15 aussichtsreichsten Windparkprojekte vor Deutschlands Küsten

Die dänische Zeitung „Jyllands-Posten“ identifizierte mit der Agentur Bureau van Dijk mehr als ein Dutzend Unternehmen, an denen der Zentraleuropachef beteiligt gewesen sei. Einige der Betriebe haben ihren Sitz in Deutschland. Die dänische Polizei hat den Verdacht, dass der Manager sich durch die Kooperation dieser Nebenfirmen mit Vestas bereichert haben könnte. Das Ermittlungsverfahren soll im Sommer abgeschlossen werden. Es gilt die Unschuldsvermutung. Anfang 2013 hatte der Manager Vestas verlassen. Er arbeitet nun für Siemens.

Whistleblower-System gegen illegale Geschäfte

Die Fälle in Husum, Barcelona und Kopenhagen haben einen gemeinsamen Nenner: Sie wurden möglich, weil die Mitarbeiter über eigene Gesellschaften Geschäft mit Vestas machten. Die verschärften internen Richtlinien verhindern das nicht. Allerdings ist es schwieriger geworden, illegale Aktivitäten geheim zu halten. 2007 hat Vestas ein sogenanntes Whistleblower-System eingeführt: Mitarbeiter können hier anonym mögliche Verstöße gegen Richtlinien melden. Davon machen sie regen Gebrauch: 43 Verdachtsfälle wurden hierüber im vergangenen Jahr angezeigt. Auch der WKN-Fall soll durch eine interne Meldung ans Licht gekommen sein.

Dabei ist Vestas in diesem Fall vermutlich nicht einmal die Hauptgeschädigte. Während nämlich Vestas durch die verdächtigen Geschäfte mehr Aufträge erhalten haben könnte, hatte WKN nach eigener Darstellung den Schaden. Als Käufer der Windanlagen wurden ihr die Provisionen offenbar auf den Kaufpreis aufgeschlagen.

Bei WKN gab es bezüglich der Vestas-Preise frühzeitig durchaus kritische Fragen. So bemängelte eine WKN-Führungskraft im April 2011 gegenüber einem WKN-Vorstand, dass die Vestas-Anlagen doch „im Vergleich sehr teuer“ seien. WKN schätzt, dass sie für 314 Vestas-Anlagen im Schnitt vier Prozent zu viel gezahlt habe – in der Summe mehr als 18 Millionen Euro.

Den Schaden zu belegen dürfte allerdings schwierig werden. Der Preis eines Windrads hängt davon ab, wie viel Strom es tatsächlich produziert.

Der Vestas-Mitarbeiter, der von den Provisionen profitiert haben soll, behauptet, dass WKN marktgerechte Preise gezahlt habe. Dies sei von den Vestas- als auch von den WKN-Gremien geprüft worden. Mehrere Aufsichtsräte und Führungskräfte von WKN erklärten gleichlautend, dass WKN stets auch Angebote anderer Hersteller eingeholt habe. Schlussendlich seien die Angebote von Vestas aber am besten gewesen.

Schon fast tragisch ist die Rolle des Dax-Konzerns Siemens in der Geschichte: Eigentlich beteiligten sich die Münchner einst in der Hoffnung an WKN, mit dem Windparkbetreiber für die eigenen Windräder ins Geschäft zu kommen. Stattdessen wurde Siemens als Aktionär möglicherweise um Millionen gebracht, weil WKN besagte 18 Millionen Euro mehr für Vestas-Windräder zahlte als nötig. Zudem fordert der neue WKN-Eigentümer PNE Wind 3,2 Millionen Euro von Siemens, weil WKN vor dem Verkauf an PNE einige Windparks mit zu hohen Werten bilanziert haben soll. Ein Windrad dagegen hat Siemens bis heute nicht an die Husumer verkauft.

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