Volkswagen auf der IAA VW startet die Elektro-Offensive

Auf der Internationalen Automobil-Ausstellung läutet VW einen grundlegenden Wandel im Konzern an. Es geht um gewaltige Summen: 20 Milliarden Euro für neue E-Autos, 50 Milliarden Euro für die neue Batterieproduktion.

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Auf der Automesse IAA in Frankfurt am Main gibt sich VW-Chef Matthias Müller selbstbewusst. Quelle: dpa

Frankfurt am Main Ein selbstbewusst auftretender Konzernchef lässt sich vom ersten autonom fahrenden Auto des Unternehmens in die Messehalle befördern. VW-Vorstandschef Matthias Müller lächelt in die Kamera, an diesem Montagabend hat er zum Auftakt der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt große Botschaften zu verkünden.

Es soll kein Messeauftakt wie in den Vorjahren werden, als Volkswagen unter Müllers Vorgänger Martin Winterkorn vor allem mit PS sowie den klassischen Benzin- und Dieselmotoren zu glänzen wusste. Unvergessen ist die IAA vor zwei Jahren. Volkswagen hatte für den Messeauftakt eigens die Jahrhunderthalle in Frankfurt-Höchst angemietet, Millionen an Euro für einige wenige Stunden. Ein paar Tage danach hatte die Dieselaffäre den Volkswagen-Konzern eingeholt, und auch der Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn musste gehen.

In diesem Jahr ist für den Volkswagen-Konzern auf der IAA vieles anders. Die Wolfsburger nutzen für die Auftaktveranstaltung ihre Messehalle in Frankfurt, es werden keine zusätzlichen Gebäude mehr angemietet. Es geht also auch einfacher, billiger, schlanker. Das will Matthias Müller an diesem Abend in Halle 3 auf dem Messegelände präsentieren.

Volkswagen will auf der IAA des Jahres 2017 auch wieder seine neuesten Autos präsentieren. Aber es geht dieses Mal um viel mehr: Es geht eben nicht mehr nur um PS und neue Blechkarossen, sondern auch um einen grundlegenden Wandel im VW-Konzern. Müller will die Bühne der IAA dazu nutzen, auch die neue Elektro- und Batteriestrategie seines Unternehmens zu präsentieren. Es geht um gewaltige Summen: 20 Milliarden Euro für neue E-Autos, 50 Milliarden für die neue Batterieproduktion.

Der VW-Chef tritt entschlossen und zielgerichtet auf wie lange nicht mehr. Allein Müllers Auftritt auf der IAA macht deutlich, dass es VW mit der Elektrooffensive jetzt wirklich ernst meint. Kein Zögern, kein Warten, sondern ein echter Neubeginn. Müller redet freier, flüssiger, blickt seltener auf den Teleprompter als in der Vergangenheit. Der Volkswagen-Chef will tatsächlich ein neues Kapitel im Unternehmen einleiten.

„Die Zeiten, in denen sich unsere Branche hier in Frankfurt selbst feiert, sich im eigenen Glanz gesonnt hat, die sind vorbei. ,Business as usual‘ reicht nicht mehr“, verkündet Matthias Müller vor Journalisten aus der ganzen Welt. Volkswagen wolle Glaubwürdigkeit und Vertrauen zurückgewinnen – auch belegt mit den zusätzlichen Milliarden für das neue Elektroprogramm des Konzerns.

Der VW-Konzern will seine Investitionen in die Elektromobilität bis zum Jahr 2030 auf 20 Milliarden Euro hochfahren. Bis 2025 bringen die Konzernmarken insgesamt mehr als 80 neue Autos mit E-Motor auf den Markt, darunter rund 50 reine batteriegetriebene Fahrzeuge und 30 Plug-in-Hybride. Bislang war von 30 Autos mit Batterieantrieb die Rede, VW legt also deutlich nach. „Das ist keine unverbindliche Absichtserklärung, sondern eine Selbstverpflichtung, an der wir uns ab heute messen lassen“, betonte der Konzernchef.

Bis 2030 soll es nach Müllers Worten für jedes der weltweit rund 300 Modelle des Konzerns in allen Fahrzeugklassen und -segmenten mindestens eine elektrifizierte Variante geben. Hintergrund ist eine „Roadmap E“ genannte Strategie – laut VW die umfassendste Elektro-Offensive in der Autoindustrie. Bei keinem anderen Hersteller gebe es einen solchen festgelegten Zeitpunkt, zu dem die komplette Fahrzeugflotte elektrifiziert sei. Bis zum Jahr 2025 könnte jedes vierte neue Auto aus dem VW-Konzern ausschließlich mit einem Batterieantrieb ausgestattet sein. Je nach Marktentwicklung sollten das jährlich zwischen zwei und drei Millionen Autos sein.

Um die geplante Menge an Elektroautos ausreichend mit Batterien ausstatten zu können, benötigt der Konzern bis zum Jahr 2025 eine Batteriekapazität von mehr als 150 Gigawattstunden pro Jahr. Das ist mehr als die vierfache Kapazität, die die neue Gigafactory des US-Konkurrenten Tesla im Bundesstaat Nevada bekommt. Volkswagen hat dafür eines der größten Beschaffungsvolumen in der Geschichte der Automobilindustrie ausgeschrieben: mehr als 50 Milliarden Euro.

Volkswagen setzt an diesem Abend noch ein weiteres Zeichen. Matthias Müller ist nicht der einzige VW-Manager, der an diesem Abend ein neues Auto auf der IAA-Bühne präsentiert. Ihm folgt Rupert Stadler, der Vorstandschef der schwer durchgerüttelten Ingolstädter Premiumtochter Audi. Nach der anhaltenden Krise, die die VW-Tochter hinter Mercedes und BMW zurückgeworfen hatte, und nach dem Wechsel von vier Vorstandsmitgliedern bei Audi steht der Konzernchef zu seinem Kollegen – ein Stück Vertrauensbeweis, Müller macht Stadler die Bühne frei.

Auch Stadler präsentiert ein neues, autonom fahrendes Auto. Der „Aicon“ soll Maßstäbe im Premiumbereich setzen, aus der Studie dürfte in den nächsten Jahren ein Serienmodell werden. „So stellen wir uns die Zukunft des autonomen Fahrens vor“, betonte der Audi-Chef. Und im Moment sieht es wieder danach aus, dass Stadler das Unternehmen trotz der tiefen Verwicklungen von Audi in die Dieselaffäre weiterhin als Vorstandschef in diese autonome Zukunft führen wird.

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