Es sind große Worte, die da von Volkswagen kommen. „Der Atlas schlägt ein neues Kapitel in der amerikanischen Geschichte des Unternehmens auf“, verkündet der Wolfsburger Konzern bei der Präsentation seines neuesten Modells. Der Atlas muss es richten, er muss die Wende schaffen und wieder für Vertrauen bei den amerikanischen Autofahrern sorgen.
Die Dieselaffäre hat dem Volkswagen besonders in den USA einen tiefen Einschnitt beschert. Alles wird jetzt neu und anders. Die Marke Volkswagen braucht wieder ein Image, das für gute Autos steht und nicht für Betrug. Dort, wo der Abgasskandal überhaupt erst entdeckt worden ist, steht der deutsche Autohersteller vor einem Neubeginn.
Gleich nach dem Bekanntwerden des Skandals hat Volkswagen alle Dieselmodelle vom amerikanischen Markt genommen. Allein dieser Rückzug und die Konzentration auf Autos mit Benzinmotor hat die Verkaufszahlen in den USA deutlich zurückgehen lassen. Der VW-Konzern verkaufte in den USA in den ersten neun Monaten von 2016 nur noch 426.000 Fahrzeuge, sechs Prozent weniger als im entsprechenden Vorjahreszeitraum.
Im vor fünf Jahren im US-Bundesstaat Tennessee errichteten Werk Chattanooga ist bislang nur das Modell Passat gefertigt worden. Wegen der Dieselaffäre musste VW dort die Produktionszahlen deutlich zusammenstreichen.
Jetzt laufen in Chattanooga die ersten Vorserienmodelle eines neuen Autos vom Band, das für eine bessere Auslastung des einzigen US-amerikanischen Werkes von Volkswagen sorgen soll. Der Atlas ist der neue Hoffnungsträger, mit der die Wolfsburger die von den USA ausgelöste Misere ganz schnell vergessen lassen wollen. Im nächsten Frühjahr soll das Auto in den USA bei den Händlern stehen. Volkswagen hatte für den Atlas zusätzliche 900 Millionen Euro in das Werk in Chattanooga investiert.
Den Atlas wird es in Europa nicht geben. Der neue SUV (Geländewagen) ist in erster Linie für den amerikanischen Markt entwickelt worden. Ende kommenden Jahres wird er zusätzlich auch in Russland und im Nahen Osten. Überall da, wo größere Autos bei niedrigeren Benzinpreisen noch am ehesten Käufer finden.
Ein Auto vor allem für die USA
Für westeuropäische Verhältnisse ist der Atlas zu groß, in den USA dürfte er im Mittelfeld der SUV eingeordnet werden. Das Auto ist gut fünf Meter lang. Zum Vergleich: Der auf Golf-Basis gebaute und vor allem in Europa verkaufte VW Tiguan misst 4,43 Meter. Der Tiguan wird in einer längeren Version mit ebenfalls sieben Sitzen von 2017 an im mexikanischen Volkswagen-Werk Puebla für den US-Markt gebaut. Er wird mit 4,64 Metern gut 20 Zentimeter länger sein, reicht damit aber nicht an den neuen Atlas heran. Der reguläre Tiguan mit europäischen Formaten ist für US-Erwartungen schlichtweg zu kurz geraten. Entsprechend mäßig sind die Verkaufserfolge dieses Geländemodells.
Der in Kalifornien präsentierte Atlas wird sieben Sitze haben, teilte VW am Freitag nach der Premiere in Santa Monica mit. Im Programm sind ein 2,0 Liter großer Vierzylinder-Turbo und ein auf die USA zugeschnittener 3,6 Liter großer Sechszylinder-Saugmotor, beide mit 8-Gang-Automatik.
Die Dieselaffäre hinterlässt auch bei diesem Auto ihre Spuren. Denn der VW-Konzern bringt sein neuestes Modell für die USA nur mit Benzinmotoren auf den Markt. Ein Diesel ist im Ursprungsland des Abgasskandals nicht geplant, zumindest vorerst nicht.
Bislang hat sich der Konzern stets mit konkreten Antworten zurückgehalten, ob der Diesel jemals wieder in die USA zurückkehren wird. Entscheidend dürfte sein, wie die Vergleichsverfahren mit amerikanischen Autofahrern ausgehen werden, die manipulierte Dieselmodelle des VW-Konzerns gekauft hatten. Im Unterschied zu Europa hat Volkswagen bei den US-Umweltbehörden keinen einzigen genehmigten Umrüstplan für manipulierte Fahrzeuge durchbekommen. Das deutet darauf hin, dass VW sich enorm schwer damit tut, mit seinen Dieselmodellen die strengen US-Abgaswerte einzuhalten.
„Dies ist der größte und markanteste Volkswagen, den wir jemals in den USA gebaut haben“, sagte der neue VW-Nordamerika-Chef Hinrich Woebcken zum neuen Atlas. Der Midsize-SUV besetze ein wachsendes Segment, auf das 2015 ein Zehntel aller Neuzulassungen in den USA entfallen seien. Angaben zu Spritverbrauch und Abgaswerten des Atlas will VW vor der Markteinführung „im Frühjahr 2017 bekanntgegeben“.
Alles ist im Atlas auf typisch amerikanische Ansprüche zugeschnitten: Im Innenraum nutze der Atlas das Raumangebot optimal aus, um Platz für sieben Erwachsene und deren Gepäck zu bieten. Die dritte Reihe sei durch Klappsitze leicht zugänglich.