Volkswagen und Dieselaffäre VW erhöht Rückstellungen noch einmal

Die Dieselaffäre drückt weiter auf die Bilanz des Wolfsburger Autokonzerns. Volkswagen erhöht die Vorsorge dafür um weitere 400 Millionen Euro. Im operativen Geschäft läuft es vergleichsweise gut.

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Die Autostadt von Volkswagen in Wolfsburg: Das dritte Quartal ist für den Konzern nicht besonders gut verlaufen. Quelle: dpa

Düsseldorf Volkswagen kann sich immer noch nicht vom Dieselskandal befreien. Die Affäre um manipulierte Abgaswerte hat auch in den Zahlen für das dritte Quartal das Ergebnis des Wolfsburger Autokonzerns belastet. VW muss noch einmal weitere 400 Millionen Euro für die Bewältigung des in den USA aufgedeckten Skandals zurücklegen. Damit hat das Unternehmen jetzt Rückstellungen von rund 18 Milliarden Euro wegen der Affäre gebildet. Das dürfte jedoch noch nicht das Ende sein: In Börsen- und Finanzkreisen wird mit einem Betrag von rund 30 Milliarden Euro gerechnet.

Wegen der Dieselaffäre gerät auch die Ingolstädter Premiumtochter immer stärker in den Fokus. In Bayern war der manipulierte Drei-Liter-Motor entwickelt worden, der in den USA in 85.000 Autos der Marken VW, Audi und Porsche eingebaut worden war. Für diese Autos gibt es noch keine Einigung mit den US-Behörden. Auf den Konzern könnte deshalb weitere Milliardenbelastungen zukommen. Der Großteil der neuen Rückstellungen entfällt deshalb auf Audi. Die operative Umsatzrendite nach Sondereinflüssen dürfte im laufenden Geschäftsjahr „deutlich“ unter dem Zielkorridor von acht bis zehn Prozent liegen, teilte Audi am Donnerstag mit. Ende Juli hatte das Unternehmen bereits aus dem gleichen Grund die Erwartung auf einen Wert „leicht“ unterhalb dieser Spanne gesenkt.

Ohne die zusätzlichen Belastungen aus der Dieselaffäre laufen die Geschäfte im Volkswagen-Konzern vergleichsweise gut. Volkswagen hat im dritten Quartal ungeachtet der Belastungen des Abgasskandal den Betriebsgewinn entgegen der Erwartungen kräftig gesteigert. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) stieg von Juli bis September im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 17 Prozent auf 3,75 Milliarden Euro, wie der Konzern am Donnerstag mitteilte. Der Umsatz des Zwölf-Marken-Imperiums lag mit 51,2 Milliarden Euro ein Prozent über dem Vorjahresniveau. Von Reuters befragte Analysten hatten dagegen bei einem stagnierenden Umsatz mit einem leichten Rückgang des bereinigten Ebit um drei Prozent auf 3,1 Milliarden Euro gerechnet.

Unter dem Strich schrieb der Wolfsburger Konzern einen Gewinn von 2,3 Milliarden Euro, nachdem im Vorjahr wegen der ersten Rückstellungen für die Kosten des Abgasskandals ein Verlust von 1,7 Milliarden Euro zu Buche gestanden hatte.


Belastungen aus dem Zulieferstreit

Der Streit mit der bosnischen Zulieferergruppe dürfte die Marke Volkswagen im dritten Quartal etwa 250 Millionen Euro gekostet haben, schätzt Arndt Ellinghorst vom Investmentberater Evercore ISI in London. Im August waren mehrere VW-Werke in Deutschland nicht mehr mit Sitzbezügen und Gussteilen beliefert worden, was zu einem tagelangen Produktionsausfall bei Volkswagen führte.

Die Marke VW ist insbesondere in Europa und in den USA nach der Dieselaffäre unter Druck. Doch zum Glück gibt es China aus Wolfsburger Sicht: Auch im dritten Quartal hat Volkswagen unverändert gut in China verkauft, das Absatzplus im Vergleich zum Vorjahresquartal liegt dort bei 3,3 Prozent. Ohne China hätte es ein Minus von zehn Prozent gegeben. Für alle Konzernmarken sieht das Quartalsergebnis ähnlich aus: in China ein Plus von 18,8 Prozent, im Rest der Welt ein Minus von 3,5 Prozent.

Auch bei Audi läuft es nicht mehr so gut wie gewohnt. Die Absatzzahlen verharren auf dem Vorjahresniveaus. Bei den Premiumkonkurrenten Daimler (plus 11,8 Prozent) und BMW (plus 7,1 Prozent) sieht das Absatzergebnis für das dritte Quartal deutlich besser. Die VW-Sportwagentochter Porsche hat ein bescheidenes Plus von 2,2 Prozent erreicht.

In Börsen- und Finanzkreisen hat das Quartalsergebnis für keine besonderen Überraschungen gesorgt. Dort wird vielmehr mit viel größerem Interesse beobachtet, wie die laufenden Sanierungsverhandlungen bei der Marke VW und damit verbunden der Umbau der deutschen Werke zwischen Betriebsrat und Unternehmensführung verläuft.

Unter Investoren wächst die Sorge, dass der Vorstand dem Druck der Arbeitnehmerseite und des Landes Niedersachsen als Miteigentümer nachgibt und keine durchgreifenden Sanierungsschritte beschließt. Gerüchteweise peilt VW-Markenchef Herbert Diess für das Jahr eine Rendite von vier Prozent an, aktuell sind es etwa zwei Prozent. „Das wäre keine deutliche Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit bei VW“, warnt Evercore-Experte Ellinghorst. Im November will Volkswagen einen fertigen Sanierungsplan für die Marke VW vorlegen.


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