Vor der geplanten Fusion Linde legt bei Umsatz und Gewinn zu

Mehr Umsatz, mehr Gewinn: Das erste Quartal lief für den Gasekonzern Linde nach Plan. Die geplante Fusion mit Praxair sorgt allerdings weiterhin für Unmut im Unternehmen – die Verhandlungen könnten noch bis Juni dauern.

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Gute Quartalszahlen für Linde – doch die geplante Fusion mit Praxair belastet die Stimmung im Unternehmen. Quelle: dpa

München Die Gegner der Fusion von Linde und Praxair haben vor allem ein Argument: „Linde braucht Praxair nicht“, proklamieren Gewerkschaften und Betriebsräte seit Monaten. Die Quartalszahlen bestätigten nun zumindest, dass es auch alleine für den Münchener Dax-Konzern zurzeit gut läuft. Der Umsatz kletterte im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um vier Prozent auf fast 4,4 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis stieg um drei Prozent auf 1,04 Milliarden Euro. Lediglich im Geschäft mit Gesundheitsgasen belasteten Preislimitierungen in den USA.

Linde profitiert derzeit vom guten Branchentrend. Auch der Erzrivale Air Liquide, derzeit die Nummer Eins auf dem Weltmarkt, konnte die Umsätze zum Start ins neue Jahr dank der Airgas-Übernahme um 38,5 Prozent auf 5,2 Milliarden Euro steigern. Auf vergleichbarer Basis legte das Gasegeschäft von Air Liquide um 2,8 Prozent zu.

Die beiden Weltmarktführer sind also gut unterwegs. Doch zeigen die Zahlen auch, dass die Branche von früheren Wachstumsraten weit entfernt ist. Die Märkte sind zunehmend gesättigt. Auch deswegen will Linde-Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle sein Unternehmen mit Praxair zu einem neuen Weltmarktführer vereinen.

Die Arbeitnehmer aber laufen weiter Sturm gegen das Projekt. Am Donnerstag hatten sich etwa 1000 Linde-Beschäftigte vor der Zentrale in der Münchener Innenstadt versammelt. Auch an zahlreichen weiteren Standorten gab es Demonstrationen. „Diese Fusion ist nicht nötig“, sagte Astrid Meier, Bezirksleiterin der Gewerkschaft IG BCE. Linde stehe finanziell und operativ gut da. Langfristig sei die Fusion nicht sinnvoll. Linde brauche Praxair nicht.

Auch Hans Peter Kaballo, Betriebsrat im Linde-Anlagenbau in Pullach erklärte: „Wir sind stark genug, um alleine zu überleben.“ Der bayerische IG-Metall-Chef Jürgen Wechsler forderte: „Der Mensch muss wichtiger als die Rendite sein.“ Mit operativen Umsatzrenditen um die 28 Prozent im Gasegeschäft sei Linde ohnehin so profitabel wie nur wenige andere Unternehmen.

Reitzle dagegen ist weiter von dem 60-Milliarden-Projekt überzeugt. Allerdings kommt er nicht so schnell voran, wie geplant. Ursprünglich wollten Linde und Praxair den Fusionsvertrag noch vor der Hauptversammlung am 10. Mai unterschreiben und dort vorstellen. Doch daraus wird laut Industriekreisen voraussichtlich nichts.

Die Verhandlungen zwischen den Unternehmen kämen zwar weiter gut voran, es gebe jede noch viele juristische Details zu klären. Daher könnte sich der Abschluss des Business Combination Agreements noch bis Juni hinziehen. Die Aufsichtsratssitzung Anfang Mai jedenfalls wurde erst einmal abgesagt. Vielleicht ist es manchem ja auch recht, dass noch etwas Zeit bleibt, die verhärteten Fronten aufzubrechen.

Denn bei einem Patt im Aufsichtsrat könnte Reitzle zwar die Fusion mit seinem Doppelstimmrecht durchdrücken. Doch dies in der deutschen Wirtschaftsgeschichte äußerst ungewöhnlich. Zwar hat Reitzle betont, dass er dazu bereit ist. Doch ist nicht gesichert, dass er am Ende wirklich das Doppelstimmrecht zieht.

Die Hoffnung der Fusionsbefürworter ist, dass die Arbeitnehmerbank nicht geschlossen mit Nein stimmt. So beteiligte sich der Standort Dresden an den Demonstrationen gegen die Fusion nicht. Linde wollte den Standort mit 500 Mitarbeitern ursprünglich schließen. Im Fusionsfall soll er aber für die nächsten Jahre – wie alle deutschen Standorte – erhalten bleiben. In einer schwierigen Position ist daher der Dresdner Betriebsratschef Frank Sonntag, der im Linde-Aufsichtsrat sitzt. Sollte er sich zum Beispiel aufgrund von Druck von seiner Basis enthalten, müsste Reitzle sein Doppelstimmrecht nicht ziehen.

Linde und Praxair wollen sich zum weltgrößten Gasekonzern zusammenschließen. Reitzle und Praxair-Chef Steve Angel erhoffen sich davon Synergien von etwa einer Milliarde Euro im Jahr. Arbeitnehmer kritisieren insbesondere, dass Angel den neuen Konzern aus den USA heraus führen will und der Sitz der Holding voraussichtlich in Dublin sein soll.

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